Küss mich, Sweetheart: Roman (German Edition)
streckte Max versöhnlich ihre offene Handfläche hin. »Hi, Max«, sagte sie mit weicher Stimme.
Max beschnupperte ihre Haut. Er leckte ihr ein paar Mal die Fingerspitzen ab und schnüffelte an ihrer Hand. Dann rollte er sich auf den Rücken und streckte ihr seinen Bauch entgegen. Sie massierte ihn und kraulte ihn schließlich an einer Stelle, die er absolut favorisierte.
Er verdrehte die Augen und schnurrte auf einmal wie eine verdammte Katze – er, der unbestechliche Schäferhund, der normalerweise alles, was weiblich war, ob jung oder alt, verachtete.
Stell mich nur als Lügner dar, Max.
»Abendbrot, Sportsfreund.« Sam nahm den Wassernapf des Hundes hoch und füllte ihn unter dem Wasserhahn. Er kramte im Küchenschrank herum und förderte sein Lieblingsfutter zutage.
Max machte sich konzentriert über seinen Fressnapf her und vergaß alles um sich herum. Während der nächsten paar Minuten war nur das Klicken seines Halsbandes gegen den Blechnapf zu hören.
Es war zunächst ein seltsames Gefühl gewesen, Samuel Law in ein fremdes Haus zu folgen, selbst wenn dieses Haus seinen Eltern gehörte. Sie war sich wie ein Eindringling vorgekommen.
Da standen die Familienfotos stolz aufgereiht auf den Bücherregalen im Wohnzimmer. Da war der handgefertigte Afghane, der locker über der Rückenlehne des Sofas lag, da war der getrocknete, verstaubte Blumenstrauß in einer geschliffenen Kristallvase auf dem Esstisch im Speisezimmer, da war die handgeschriebene Mitteilung, die mit einem Magneten an den Kühlschrank gepinnt war: Sam, vergiss nicht, den Ficus in der Diele zu gießen. In Liebe Mama.
Ein Haus ist nicht ein Heim. War das nicht der Titel eines Songs?
Nun gut, dies war definitiv das Heim von jemand anderem, dachte Gillian, als sie sich gegen die Küchentheke lehnte. Es war gemütlich, es war bequem. Es sah bewohnt aus. In der Luft hing ein Hauch von Möbelpolitur, Desinfektionsmittel und Zitrone. Im Trockengitter der Spüle stand Geschirr, auf dem Küchentisch stapelte sich Post und neben der Hintertür ein Packen Zeitungen.
Sie hatte erwartet, sich wie ein Fremder in einem fremden Land zu fühlen oder wenigstens wie ein Fisch an Land. Stattdessen fühlte sie sich willkommen. Mag sein, dass das an Max lag. Er machte kein Hehl daraus: Er mochte sie.
Das war einer der Gründe, warum sie sich immer einen Hund gewünscht hatte. Hunde beurteilten einen nicht nach Äußerlichkeiten. Hunde kümmerte es nicht, ob man reich oder arm war. Hunde spielten einem nichts vor – sie wüssten gar nicht, wie sie das anstellen sollten. Ein Hund versteckte seine Gefühle nicht vor einem Menschen. Er hatte für seine bedingungslose Liebe und Ergebenheit keine weiter reichenden Motive, abgesehen vielleicht von einem Extra-Leckerchen. Und ein Hund freute sich immer – immer -, wenn er einen sah.
Mit elf Jahren hatte sie sich nichts sehnlicher gewünscht als einen Hund. Sie hatte stattdessen Klavierunterricht bekommen. Ihre Großmutter hatte ihr behutsam erklärt, dass ihr Haus nicht für ein Haustier geeignet sei. Sie konnten das Risiko nicht eingehen, dass ein Hund womöglich auf die Louis-quatorze-Savonnerie-Teppiche pinkelte – sich erleichterte, wie sich ihre Großmutter natürlich vornehmer ausgedrückt hatte.
Gillian war dankbar für die Musikstunden. Sie hatte sich mit den Jahren zu einer sehr weit perfektionierten Pianistin entwickelt. Trotzdem bedauerte sie es immer noch, dass sie als Kind keinen Hund gehabt hatte.
Samuel Law öffnete die Tür in den Garten und pfiff. »Los, Max, jetzt mach dein Geschäft, damit ich Ms. Charles heute Abend noch irgendwann nach Hause bringen kann.«
Sie hätte Sam gern gesagt, dass sie es nicht eilig hatte. Sie hätte in der Küche seiner Mutter bleiben, sich eine Tasse heißen Tee machen, sich an den Tisch setzen, ihn langsam schlürfen und vollkommen zufrieden sein können, wie sie es seit wer weiß wie langer Zeit nicht mehr gewesen war.
Stattdessen sah sie sich innerhalb von Minuten zu seinem Wagen zurückgeleitet. Max sprang auf den Rücksitz und steckte seine Schnauze zwischen den beiden Vordersitzen nach vorne. Sie spürte den warmen Atem des Hundes auf ihrer Haut. Ohne nachzudenken, beugte sie sich zu ihm hinüber und kraulte ihn. Max legte sofort den Kopf auf ihre Schulter.
»Tja, ich muss ehrlich zugeben«, sagte Sam, während er rückwärts aus der Einfahrt fuhr, »Lady, Sie haben wirklich ein Händchen für Hunde.«
Gillian kraulte den Schäferhund weiter
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