Küss mich, wenn Du kannst
mich zu hören«, murmelte Portia und presste ihre schweißnassen Handflächen aneinander.
Die beiden Frauen wechselten einen Blick. Dann nickte Briana fast unmerklich, und Kiki spielte mit dem obersten Knopf ihrer Bluse. »Briana und ich haben uns überlegt - genau genommen, gehofft -, vielleicht dürften wir... Macht‘s dir was aus, wenn wir dich ab und zu anrufen? Sicher werden am Anfang tausend Probleme auftauchen.«
Also wollten sie von Portias Fachkenntnissen profitieren. Sie würden verschwinden, ohne zu berücksichtigen, dass ihr keine einzige ausgebildete Assistentin zur Verfügung stehen würde. Und sie sollte ihnen auch noch helfen. »Natürlich.« Wie steif das klang... »Meldet euch, wann immer ihr mich braucht.«
»Oh, vielen Dank!«, jubelte Briana.
Portia bemühte sich, freundlich zu nicken. Aber ihr Magen rebellierte. Ihre nächsten Worte plante sie nicht, sie kamen ihr einfach über die Lippen. »Offensichtlich seid ihr ganz versessen auf einen Neuanfang. Nicht einmal im Traum würde ich daran denken, euch zurückzuhalten. In letzter Zeit ist es hier etwas ruhiger zugegangen, und so müsst ihr die zweiwöchige Kündigungspflicht gar nicht einhalten. Sicher werde ich mich auch ohne euch zurechtfinden.« Lässig schwenkte sie eine Hand in die Richtung zur Tür, um die beiden wie unartige Schulmädchen zu verscheuchen. »Geht nur. Bringt alles zu Ende, was noch anliegt, und dann packt eure Sachen.«
»Wirklich?« Briana riss die Augen auf. »Und das stört dich kein bisschen?«
»Was sollte mich denn stören?«
Einem geschenkten Gaul würden sie nicht ins Maul schauen. Erleichtert rannten sie zur Tür.
»Danke, Portia, du bist die Allerbeste!«, rief Kiki.
»Die Allerbeste«, wisperte Portia, als sie endlich allein war. Noch ein Donnerschlag rüttelte an den Fensterscheiben. Sie verschränkte die Arme auf dem Schreibtisch und vergrub den Kopf darin. Das schaffte sie alles nicht mehr.
An diesem Abend saß sie in ihrem dunklen Wohnzimmer und starrte ins Leere. Seit sie Bodie zuletzt gesehen hatte, waren fast sechs Wochen verstrichen, sie sehnte sich schmerzlich nach ihm. Sie fühlte sich entwurzelt, verloren und völlig vereinsamt, von den Scherben ihres Privatlebens umringt. Power Matches brach zusammen. Nicht nur, weil ihre treulosen Assistentinnen das Weite suchten, sondern weil sie sich nicht mehr konzentrieren konnte.
Was war mit Heath geschehen? Im Gegensatz zu Portia hatte Annabelle ihre Chance brillant genutzt. »Von jeder Agentur nur mehr eine Kandidatin«, hatte er entschieden. Während Portia ihren ernsthaft geschwächten Instinkten folgte und wartete, packte Annabelle die Gelegenheit beim Schopf und stellte ihm Delaney Lightfield vor. Welch eine Ironie... Seit Jahren kannte Portia die Lightfields. Sie hatte Delaney aufwachsen sehen. Aber in letzter Zeit war sie vollauf mit ihren eigenen seelischen Problemen beschäftigt gewesen und gar nicht auf den Gedanken gekommen, das Mädchen mit Heath bekannt zu machen.
Sie schaute auf die Uhr. Kurz vor neun. Noch eine schlaflose Nacht würde sie nicht verkraften. Seit Wochen widerstand sie der Versuchung, Schlaftabletten zu nehmen. Davon wollte sie nicht abhängig werden. Aber sie brauchte ihren Schlaf, wenigstens in einer einzigen Nacht, sonst würde sie durchdrehen. Viel zu schnell hämmerte ihr Herz gegen die Rippen, und sie presste eine Hand auf die Brust. Wenn sie in ihrem Apartment starb? Wen würde das interessieren? Nur Bodie.
Nein, sie ertrug es nicht länger, und so schlüpfte sie in ihren rosa Trenchcoat, packte ihre Handtasche und fuhr im Lift nach unten. Obwohl es dunkel war, setzte sie ihre Chanel-Sonnenbrille auf, falls sie einem ihrer Nachbarn begegnen würde. Niemand durfte sie so sehen. Ohne Make-up, in einer vergammelten Jogginghose unter dem Marc-Jacobs-Trench.
Mit langen Schritten eilte sie um die Ecke zum Drugstore, der die ganze Nacht geöffnet hatte. Als sie das Regal mit den Schlaftabletten erreichte, sprang ihr etwas ins Auge. Da lagen sie in einem Drahtkorb, um fünfundsiebzig Prozent verbilligt. Staubige, purpurrote Schachteln mit alten gelben Marshmallow-Osterhühnern, die sich hinter kleinen Zellophanfenstern zeigten. Direkt gegenüber den Schlaftabletten. Solche Hühner hatte ihre Mutter jedes Jahr zu Ostern gekauft und in die Franklin-Mint-Teddybär-Schüssel geschüttet. Sehr gut erinnerte sich Portia an den knirschenden Kristallzucker zwischen den Zähnen.
»Kann ich Ihnen helfen?«
Die rundliche, zu
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