Küss mich, wenn Du kannst
für »Tosca« ergattert. Und die verschwenderische Inszenierung in der Lyric Opera würde Annabelle von dem Telefonat ablenken, das sie an diesem Nachmittag mit ihrer Mutter geführt hatte. Offenbar wollte die Familie nächsten Monat Chicago überfallen und ihr helfen, ihren zweiunddreißigsten Geburtstag zu feiern.
»Adam wird an einer Konferenz teilnehmen«, hatte Kate verkündet, »und Doug und Candace möchten alte Freunde besuchen. Dad und ich hatten ohnehin einen Trip nach St. Louis geplant. Also werden wir von Chicago aus hinfliegen.«
Oh, welches Glück, einer großen, glücklichen Familie anzugehören, dachte Annabelle.
In der Pause nach dem ersten Akt lud sie Delanev zu einem Glas Wein ein. »Kaum zu glauben, wie gut mir diese Oper gefällt...«
Bedauerlicherweise redete ihre alte Freundin lieber über Heath, als das tragische Schicksal des Liebespaars in »Tosca« zu erörtern. »Habe ich dir schon erzählt, dass er mich am Samstag mit Phoebe Caiebow bekannt gemacht hat? So eine nette Frau ... Das ganze Wochenende war traumhaft.«
Davon wollte Annabelle nichts hören. Aber Delaney ließ sich nicht bremsen.
»Gestern ist Heath zur Westküste geflogen - das habe ich dir erzählt. Dass ich schon wieder Blumen von ihm bekam, habe ich dir nicht erzählt. Leider noch mehr Rosen. Wahrscheinlich darf man von einem Sportfanatiker nicht allzu viel Fantasie erwarten.«
Annabelle liebte Rosen und fand sie keineswegs fantasielos.
»Natürlich sind meine Eltern hellauf von ihm begeistert«, fuhr Delaney fort und spielte mit ihren Perlen. »Du kennst sie ja. Mein Bruder hält ihn für den ›coolsten Typ‹, mit dem ich jemals ausgegangen bin.«
Auch Annabelles Brüder hätten Heath gemocht. Aus den falschen Gründen, aber immerhin...
»An diesem Freitag feiern wir unser fünfwöchiges Jubiläum. O Annabelle, ich glaube, das wird was. Er ist perfekt nun ja, beinahe.« Delaneys Lächeln erstarb. »Abgesehen von dem kleinen Problem, das ich bereits erwähnt habe.«
Langsam atmete Annabelle die Luft aus, die sie angehalten hatte. »Keine Besserung?«
»Während wir am Samstag im Auto saßen, ging ich richtig ran.« Delaney senkte ihre Stimme. »Offensichtlich war er erregt. Und dann machte er nichts draus. Ich weiß, ich bin paranoid, und ich würde diese Frage niemandem außer dir stellen, aber - könnte er schwul sein? Auf dem College kannte ich einen Jungen, total macho, und wie sich später rausstellte, lebte er mit einem Freund zusammen.«
»Also, ich glaube nicht, dass Heath schwul ist«, hörte sich Annabelle sagen.
Delaney schüttelte entschieden den Kopf. »War nur so ein dummer Gedanke. Er ist heterosexuell, da bin ich mir eigentlich ganz sicher.«
»Wahrscheinlich hast du Recht.« In diesem Moment läutete es. Die Pause war zu Ende, und Annabelle fühlte sich elend,, als sie zu ihrem Platz zurückkehrte. Was für eine falsche Schlange sie doch war.
Gegen das Fenster hinter Portias Schreibtisch prasselten Regentropfen, ein greller Blitz spaltete den Nachmittagshimmel, »...und deshalb nutzen wir unsere zweiwöchige Kündigungsfrist«, beendete Briana ihre Erklärung.
Prickelnd spürte Portia den Zorn des Gewitters auf ihrer Haut.
Als Briana die langen Beine übereinander schlug, öffnete sich der Schlitz ihres schwarzen Rocks. »Die Details haben wir erst gestern geklärt. Deshalb konnten wir‘s dir nicht früher sagen.«
»Wenn du uns wirklich brauchst, bleiben wir eine Woche länger.« Die Stirn besorgt gerunzelt beugte sich Kiki im Sessel vor. »Soviel wir wissen, hast du Diana noch nicht ersetzt. Und wir wollen dich nicht im Stich lassen.«
Portia unterdrückte ein hysterisches Gelächter. Wie viel schlimmer konnte es noch werden, wenn sie ihre beiden letzten Assistentinnen verlor?
»Schon seit Monaten reden wir darüber.« Mit einem strahlenden Lächeln verlangte Briana, Portia sollte ihr traumhaftes Glück teilen. »Wir fahren beide gern Ski. Und Denver ist eine großartige Stadt.«
»Ganz fabelhaft«, bekräftigte Kiki. »Da laufen haufenweise Singles herum, und nach allem, was wir bei dir gelernt haben, sind wir bereit, unsere eigene Heiratsvermittlung zu gründen.«
Briana legte den Kopf schief, und ihr glattes blondes Haar fiel über eine Schulter. »Nach allem, was du uns über diese Branche beigebracht hast, können wir dir gar nicht genug danken, Portia. Manchmal waren wir sauer, weil du uns so hart rangenommen hast. Aber jetzt stehen wir ganz tief in deiner Schuld.«
»Freut
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