Küss mich, wenn Du kannst
stets sein Ziel fand. Nach einer Weile fragte Annabelle missgelaunt: »Willst du‘s mit mir treiben?«
Erschrocken spuckte Dean ein Korn aus. »Nein!«
»Deshalb musst du nicht so wütend dreinschauen.«
Krachend fiel der Stuhl, den er nach hinten gekippt hatte, auf alle vier Beine. »Das wäre genauso, als würde ich‘s mit meiner Schwester machen.«
»Du hast keine Schwester.«
»Nein, aber eine lebhafte Fantasie.«
»Okay. Darauf war ich ohnehin nicht scharf, ich habe nur Konversation gemacht.«
»Unsinn, du wolltest dich ablenken, weil du dich in den Falschen verknallt hast.«
»Wie bescheuert bist du eigentlich?«
»Vorhin habe ich Heaths Stimme an der Tür gehört.«
»Rein geschäftlich.«
»Wenn dir die Lügerei hilft, am Leben zu bleiben...« Dean schob die Popcornschüssel vom Tischrand weg. »Freut mich, dass du ihn nicht reingelassen hast. Dauernd habe ich Bodie am Hals, das ist schon schlimm genug. Er gibt einfach nicht auf.«
»Jetzt hast du seit über zwei Monaten keinen Agenten. Unglaublich. Oder doch? Nein, sag‘s nicht. Das würde ich Heath brühwarm erzählen, und ich möchte nicht zwischen zwei Fronten geraten.«
»Dazu käme es gar nicht, weil du auf seiner Seite stehst.« Dean kippte den Stuhl wieder nach hinten. »Warum hast du die einmalige Chance nicht genutzt und ihn reingelassen, um ihn eifersüchtig zu machen?«
Genau das fragte sie sich auch. Andererseits - wäre es sinnvoll gewesen? Theater zu spielen und ständig auf der Hut zu sein, das hing ihr zum Hals heraus. Ihre Affäre mit Dean hatte sie nur erfunden, um Heath als Klienten zu behalten. Darum musste sie sich keine Sorgen mehr machen. »Weil ich keine Lust dazu hatte.«
Obwohl Dean ständig den Blödmann mimte, besaß er einen messerscharfen Verstand, und die Art, wie er sie anschaute, missfiel ihr.
Die Brauen zusammengezogen, starrte sie ihn an. »Hast du ein Make-up benutzt?«
»Nur getönte Sonnencreme am Kinn. Da habe ich einen Pickel.«
»Wie beschissen muss man sich fühlen, wenn man Teenager ist...«
»Wäre er reingekommen, hätte ich an deinem Hals geknabbert - mit allem Drum und Dran.«
Seufzend griff sie nach den Spielkarten und begann, sie zu mischen. »Schon gut, ich gebe.«
Delaney blieb an Heaths Seite, als er die Ehrentribüne des Midwest Sports Dome abklapperte, um die Chicagoer Zámpanos zu hofieren. Während des Stars-Spiels trafen SMS aus allen Landesteilen ein, um ihn über die Matches seiner anderen Schützlinge zu informieren. Er hatte seit dem frühen Morgen telefoniert - mit Ehefrauen, Eltern und Freundinnen - sogar mit Caleb Crenshaws Großmutter - und alle wissen lassen, er würde seinen Job erledigen. Nun spähte er auf seinen BlackBerry und entdeckte eine Nachricht von Bodie, der Sean auf dem Lambeau Field beobachtete. Der neue Verteidiger hatte eine großartige Saison, zumindest bisher.
Seit einem Monat traf er sich mit Delaney, doch er musste so oft verreisen, dass sie nur fünfmal miteinander ausgegangen waren. Trotzdem telefonierten sie fast täglich, und es stand eindeutig fest - er hatte seine Traumfrau gefunden. An diesem Nachmittag trug sie einen schwarzen Pullover mit V-Ausschnitt, die Perlen ihrer Urgroßmutter und modische Jeans, die perfekt zu ihrer hoch gewachsenen schlanken Figur passten. Zu seiner Verblüffung verließ sie ihn plötzlich und eilte zu Jerry Pierce, einem etwa sechzigjährigen Mann mit roten Backen, der eine der größten Chicagoer Maklerfirmen leitete.
Mit einer Umarmung, die eine langjährige Freundschaft verriet, begrüßte sie ihn. »Wie geht‘s Mandy?«
»Im fünften Monat. Wir drücken uns die Daumen.«
»Diesmal wird sie es schaffen, das weiß ich. Und ihr werdet die allerbesten Großeltern sein, Carol und du.«
Jedes Jahr spielten Heath und Jerry im selben Profi-gegen-Amateure-Wohlfahrtsturnier. Aber Heath hatte nichts von Jerrys Tochter gewusst, geschweige denn von ihren Schwangerschaftsproblemen. Über so etwas wusste Delaney Bescheid, genauso, wie sie die letzte verbliebene Flasche eines 2002 Shotfire Ridge Cuvée aufstöberte und erklären konnte, warum sich die mühsame Suche lohnte. Obwohl er lieber Bier als Wein trank, bewunderte er ihre Fachkenntnisse und bemühte sich, edle Jahrgänge schätzen zu lernen. Football zählte zu den wenigen Bereichen, wo sie nicht so versiert war, weil sie weniger körperbetonte Sportarten vorzog. Doch sie tat ihr Bestes, um ihre Wissenslücken zu schließen.
Jerry schüttelte Heaths Hand. »In
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