Küss mich, Werwolf - Warren, C: Küss mich, Werwolf - Wolf at the Door (Others 01)
einmal diskret geklopft hätte, Schlüssel drehten sich in Schlössern, und der Weg war frei.
Oh, Mannomann .
Nach dem, was ihr in diesem Gebäude bisher begegnet war, erwartete Cassidy, hinter der Tür in einen Nachbau von Graf Draculas Schloss einzutreten – komplett mit Spinnweben in den Ecken, rußenden Kerzen an den Wänden und aus der Ferne hallendem Wolfsgeheul. Und vielleicht noch drei spärlich bekleideten, nach Blut dürstenden Frauenzimmern, die in dem schwach silbrigen Schimmer des Mondes umherschlichen. Überrascht hätte sie das kaum.
Aber da wurde die Tür auch schon hinter ihr geschlossen, und stattdessen betrat sie eher so etwas wie einen äußerst exklusiven Herrenclub, nicht die Sorte Herrenclub, wie man sie entlang der Fernstraßen fand, die, die mit pinkfarbener Neonschrift auf großen Tafeln auf sich und ihre LIVE NACKTAUFTRITTE ! aufmerksam machten; nein, sie fühlte sich dabei eher an die Art Herrenclub erinnert, wie sie einem in Romanen aus dem viktorianischen Zeitalter begegneten, die Clubs, die von geradezu vor Reichtum stinkenden Gentlemen vermutlich aristokratischen Geblüts frequentiert wurden, die herkamen, um hier Zeitungen zu lesen, Zigarren zu rauchen, Brandy zu trinken und sich in Kartenspielen zu ergehen, deren Namen niemand ohne mindestens den Zusatz »Sir« vor dem seinen je gehört haben dürfte.
Der Raum war durch das gedämpfte Licht von Kerzenleuchtern und kleine Tischlämpchen mit Schirmen aus Leder oder im Tiffanystil nur mäßig erhellt. Cassidy erblickte zwei Kamine, beide mit einem munter prasselnden Feuer darin, wodurch sich sogar in diesem alten Lagerschuppen eine behagliche Wärme ausbreitete. Die Raumluft duftete dezent nach teuren Zigarren, Pfeifentabaksrauch und altem Leder. Ein Bartresen aus dunklem, poliertem Holz erstreckte sich über die linke Wand; die Mitte des Raumes war ausgefüllt mit Ensembles aus Ledersofas und Clubsesseln, die um Kartenspieltische herum gruppiert waren. Wo an den Wänden keine Bilder hingen, schimmerte eine zart moosgrüne, aufgeraute Tapete.
Hätte irgendwer in diesem Augenblick »Horrido!« gerufen wie anlässlich der Sichtung eines Fuchses bei der Jagd – Cassidy wäre nicht einmal zusammengezuckt.
»Miss Poe, wie freue ich mich, dass Sie Zeit für uns finden konnten.«
Der Stimme fehlte der kultivierte, englische Akzent, den Cassidy in einem solchen Ambiente eigentlich erwartet hätte, und sie wandte sich dem Sprecher zu. Vor dem näheren der beiden Kaminfeuer war eine Gruppe von schwarzen Polstermöbeln aufgebaut, allerdings so ungeschickt, dass das Halbdunkel sie verschluckte, und aus diesem Halbdunkel erhob sich nun eine männliche Gestalt von großer, dürrer Statur – Francis Leonard.
Er trat ein paar Schritte auf Cassidy zu, bis etwas Licht auf sein weißblondes Haar fiel und seine fein gezeichneten, scharf konturierten Züge erhellte.
Cassidy musste sich zwingen, nicht schon wieder eine Grimasse zu ziehen.
»Ich bemühe mich, niemals eine Vorladung zu einem erzwungenen Auftritt zu ignorieren, Herr Ratsmitglied. Vor allem dann nicht, wenn in mir der Eindruck erweckt wird, eine Weigerung könne weitere unerquickliche Telefonanrufe nach sich ziehen.«
Leonard lachte, obwohl es ihm dabei gelang, alles andere als amüsiert zu klingen, und streckte ihr die Hand zur Begrüßung entgegen. Cassidy schüttelte sie so knapp wie möglich und gemahnte sich, dass es unhöflich wäre, sich ihre Hand anschließend an ihrer Jeans abzuwischen. Irgendwas an ihrem Gastgeber kam ihr nicht ganz koscher vor – aber war das bei Francis Leonard nicht immer der Fall gewesen? Und das hatte nicht einmal damit zu tun, dass er ein Vampir war, sondern vielmehr damit, dass er vermutlich seit jeher ein hochnäsiger, schleimiger, in jeder Hinsicht abstoßender Zeitgenosse war.
»Oh, verstehe … Ich möchte mich entschuldigen, falls unsere Bemühungen, dieses Treffen zu arrangieren, etwas … plump ausgefallen sein sollten.«
Sein Lächeln zeugte von etwa so viel Reue, wie sein Lachen von guter Laune geprägt gewesen war.
»Doch meine Mitstreiter und ich hatten das Gefühl, dass das, was wir miteinander zu besprechen haben, rasches Handeln erfordert.«
Er ließ den Brandy in dem Glas, das er mit seiner übertrieben gepflegten Hand umschlossen hielt, kreisen.
»Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
Cassidy nahm davon Abstand, ihn darauf hinzuweisen, dass sie nicht vorhatte, sich hier häuslich niederzulassen und schüttelte
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