Küss mich wie damals
Fußböden müssen gewischt und die Fenster geputzt werden. Aber vielleicht entspricht es mehr Ihren Fähigkeiten, die Türen zu reparieren. Einige von ihnen schließen sehr schlecht.“
„Dann werde ich diese Aufgabe erledigen“, erwiderte er ernst.
„Entschuldigen Sie mich bitte“, sagte Mrs. Thomas. „Ich werde in der Küche benötigt.“ Rasch entfernte sie sich zum hinteren Teil des Hauses.
„Machen Sie sich über mich lustig, Euer Gnaden?“, zischte Frances ihn an, sobald Mrs. Thomas außer Hörweite war.
„Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil! Ich bin voller Bewunderung.“
„Sie waren sehr großzügig, Euer Gnaden.“
„Mr. Stanmore, wenn ich bitten darf“, erwiderte er mit feinem Lächeln.
„Also gut, Mr. Stanmore“,sagte Frances schmunzelnd. „Sie waren mehr als großzügig, als Sie dieses Gebäude kauften. Aber das heißt doch nicht, dass Sie hier arbeiten müssen.“
„Nein, aber es ist leicht, großzügig zu sein, wenn man viel Geld hat. Mit der Zeit ist es etwas anderes.“
„Die ihre ist kostbar.“
„Ihre auch. Daher wollen wir nicht noch mehr davon vergeuden. Zeigen Sie mir bitte die kaputten Türen und welches Werkzeug Sie haben.“
Es war überraschend, wie schnell Seine Gnaden sich an die Arbeit machte und wie geschickt er sich dabei anstellte. Am Nachmittag passten alle Türen; zwei neue Fensterrahmen waren installiert, und etliche morsche Treppenstufen waren ersetzt worden. Der Duke of Loscoe stieg sogar aufs Dach und erneuerte zerbrochene Ziegel. Bei diesem Anblick stockte Frances das Herz.
Die ganze Zeit unterhielt er sich fröhlich mit den Kindern, die bald darum wetteiferten, ihm behilflich sein zu können.
Frances begriff ihn nicht. Er verhielt sich so herzlich zu ihnen und zeigte sehr viel Geduld. Warum konnte er mit seiner Tochter nicht so umgehen? Sie konnte sich nicht erklären, warum er, wenn er derart viel Zeit für die Waisenkinder erübrigte, nicht mehr für Lady Lavinia aufbrachte. Vielleicht hatte sein Verhalten etwas mit dem geheimnisvollen Kind zu tun. Möglicherweise liebte er den kleinen Bastard mehr als seine legitimen Nachkommen. Aber das war ein unschöner Gedanke, den sie rasch verdrängte.
Am späten Nachmittag räumte Seine Gnaden die Werkzeuge fort und schickte eins der Kinder zum Stall, damit es dort ausrichtete, man möge seine Kutsche vorfahren. „Kann ich Sie nach Hause bringen, Mrs. Randall?“, erkundigte er sich, während er nach seinem Rock griff.
Sie wusste, er würde nicht zulassen, dass sie sich eine Droschke nahm oder zu Fuß heimkehrte. Außerdem war sie länger denn beabsichtigt außer Haus gewesen, und es lag ihr nicht, ihr Personal unnötig zu inkommodieren. Daher beschloss sie, die Suche nach dem Kind und dessen Mutter aufzuschieben, und nahm dankend das Angebot Seiner Gnaden an.
Bis sie sich die Hände gewaschen, die Schürze abgenommen, die Frisur etwas in Ordnung gebracht und den einfachen Hut aufgesetzt hatte, stand der Phaeton vor dem Haupteingang.
„Ich wundere mich darüber, dass Sie sich mit einer so derangierten Person wie mir sehen lassen wollen“, sagte sie, nachdem der Wagen angefahren war.
„Wenn die derangierte Person so hübsch ist wie Sie und so herzlich und mitfühlend, dann bin ich stolz darauf, sie an meiner Seite zu haben.“
„Unsinn!“
„Erzählen Sie mir, warum Sie nur unter Ihrem Familiennamen auftreten.“
„Wenn ich bei den Kindern bin, möchte ich nicht als die Countess of Corringham bekannt sein. Das würde den Umgang mit ihnen zu förmlich und sie mir gegenüber gehemmt machen.“
„Mrs. Thomas hat keine Ahnung, dass Sie von Stand sind?“
„Vielleicht, aber sie hat mich nie darauf angesprochen.“
„Wissen die Damen des Komitees Bescheid?“
„Nein, denn Sie hätten kein Verständnis für mein Verhalten.“
Marcus lachte. „Nein, natürlich nicht. Sie würden Sie für verrückt erklären. Keine Dame der Gesellschaft würde so weit gehen, sich wie Sie die Hände schmutzig zu machen. Aber Sie können darauf bauen, dass ich Ihr Geheimnis für mich behalten werde, vorausgesetzt, Sie verraten nicht, welchen Titel ich trage.“
„Nein. Heißt das, Sie wollen wieder ins Waisenhaus kommen?“
„Ja. Ich war selten so glücklich wie heute Nachmittag.“
„Oh! Ich begreife jedoch nicht, warum Sie so locker mit den Waisenkindern umgehen können, sich Ihrer Tochter gegenüber aber so streng aufführen.“
„Das tue ich, weil Lavinia meine Tochter ist. Ich will nur das Beste
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