Küss niemals einen Highlander
NASA-Technikerin drängte Matt in eine Ecke und diskutierte dort mit ihm eine volle Stunde lang Antriebsprobleme. Winter überließ ihren geplagten Mann mit aufmunterndem Lächeln seinem Schicksal und brachte die Zeit damit zu, mit ihren Schwestern, von denen sie einige ein ganzes Jahr nicht gesehen hatte, in Erinnerungen zu schwelgen.
Matt rückte im weiteren Verlauf zum Hauptthema der Gespräche auf, mochte Winter auch alles daransetzen, das Thema zu wechseln. Doch schließlich kam ihre Mutter Winter zu Hilfe und kündigte an, dass es Zeit sei, die gemeinsame Geburtstagstorte anzuschneiden.
Die Torte war ein monströses dreistöckiges Meisterwerk in Rosa und Gelb, das auf dem Esszimmertisch als Mittelpunkt des Festmahles, oder vielmehr von dessen Resten, platziert wurde. Im ganzen weihnachtlich geschmückten Haus fiel das Esszimmer aus dem Rahmen, da hier Luftballons und Papierschlangen die Weihnachtsdekoration ergänzten.
Aus praktischen Gründen bekamen die Mädchen seit ihrem sechsten Lebensjahr keine Geschenke mehr. Das Zusammensein wäre schon Geschenk genug, hatte Grace MacKeage erklärt und außerdem gebührten die Geschenke eigentlich ohnehin ihr, da sie alle sieben zur Welt gebracht hatte. So kam es, dass auf dem Tisch in der Ecke nur acht Geschenke lagen, eines von jeder Tochter an die Mutter und eines ihres Vaters an seine Frau.
Grace läutete eine Glocke und alle – Tanten, Onkel, Vettern und Kusinen, Schwiegersöhne, Enkelkinder – ließen alles stehen und liegen und strebten ins Esszimmer, ins Wohnzimmer, in die Diele und sogar die Treppe hinauf.
»Es gibt zwei neue Mitglieder in unserer engeren Familie«, setzte Grace an, als sich die Schar beruhigt hatte. »Die meisten von euch wissen, dass Chelsea im Mai einen zweiten Sohn bekam, den sie Clayton nannte, und dass Winter Matt Gregor vor zwei Monaten geheiratet hat.« Sie wartete, bis der Beifall verklungen war, und fuhr fort: »In unserer entfernteren Verwandtschaft bekamen Michael und Catherine vor vier Monaten Angus MacBain, und Morgans Sohn Duncan wurde an Thanksgiving Vater eines Mädchens.«
Wieder setzte Jubel ein, und Grace hob die Hände, um sich Gehör zu verschaffen. »Ihr wisst ja, dass wir …«
Das laute Pochen des Türklopfers unterbrach sie, und Grace verstummte mit gerunzelter Stirn. »Wer fehlt denn noch?«, fragte sie.
Niemand sagte ein Wort, da alle um sich blickten und im Geiste die Häupter ihrer Lieben zu zählen begannen, was den ganzen Nachmittag in Anspruch genommen hätte, wie Winter befürchtete. Da ging die Haustür auf, und Winter reckte sich, um zu sehen, wer mit fast zweistündiger Verspätung zur berüchtigten MacKeage-Geburtstagsparty erschien, doch konnte sie an den umgedrehten Köpfen nicht vorbeisehen, da alle zur Tür blickten.
In der Diele wurde leises Raunen hörbar, das sich dem Esszimmer näherte, als die Menge sich teilte und alle zurückwichen und zu Boden blickten.
Erst als die Leute im Esszimmer Platz machten und eine große schwarze Krähe auf den Tisch flatterte, verstand Winter den Ausdruck erstaunter Verwirrung auf den Gesichtern aller Anwesenden. Die Krähe, die ein rotes Beutelchen aus Seide im Schnabel trug, trippelte keck über den Tisch an den Tellern vorüber und blieb erst vor Winter stehen.
Matt legte seine Hände auf ihre Schultern. »Einer deiner Freunde?«, flüsterte er ihr ins Ohr, und Winter hörte die Belustigung in seiner Stimme.
Sie aber konnte den Blick nicht von der Krähe losreißen, die den Kopf schräg hielt und ihren Blick erwiderte, im Schnabel das baumelnde Säckchen.
»Er will dir wohl ein Geburtstagsgeschenk überbringen«, sagte Matt und drängte sie näher zum Tisch. »Los, nimm den Beutel.«
Vom Besuch eines weisen alten Vogels zu träumen und am nächsten Tag ein Federchen im Bett zu entdecken, war verwirrend genug, das Tier jedoch leibhaftig im Federkleid vor Dutzenden von Augenzeugen zu sehen, war der Gipfel. Als sie sich noch immer nicht rührte, griff Matt an ihr vorüber und hielt seine Hand unter den Schnabel der Krähe, die nun das Geschenk auf Matts Handfläche fallen ließ.
Matt hielt den Beutel an den Fäden und ließ ihn vor ihr baumeln. Im Raum war es mucksmäuschenstill, als Winter ihre feuchten Hände an ihrer Hose rieb, ihren Blick schließlich von der Krähe zum Beutel wandern ließ und diesen von ihrem Mann in Empfang nahm.
Aber anstatt ihn zu öffnen, sah Winter wieder den Vogel an, der sie mit dunklen runden Augen anstarrte, deren
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