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Küsschen, Küsschen!: Elf ungewöhnliche Geschichten (German Edition)

Küsschen, Küsschen!: Elf ungewöhnliche Geschichten (German Edition)

Titel: Küsschen, Küsschen!: Elf ungewöhnliche Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roald Dahl
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wirst zugeben, dass wirklich nichts an ihm ist, was wert wäre, erhalten zu bleiben.
    Ich lag auf dem Rücken und aß eine Weinbeere. Sie schmeckte herrlich, und ich nahm drei kleine Kerne aus dem Mund und legte sie auf den Tellerrand.
    «Ich will es tun», sagte ich ruhig. «Ja, bei Gott, ich will es tun. Wenn Landy mich morgen besucht, werde ich ihm sofort mitteilen, dass ich es tun will.» Mein Entschluss war gefasst. Und von diesem Augenblick an fühlte ich mich viel besser. Ich überraschte alle dadurch, dass ich einen üppigen Lunch verzehrte, und bald darauf kamst Du zu Deinem üblichen Besuch.
    Wie gut ich aussähe, sagtest Du. Wie frisch und munter und vergnügt. Ob sich etwas ereignet hätte? Ob es eine gute Nachricht gäbe?
    Ja, antwortete ich, so sei es. Und dann, wenn Du Dich entsinnst, sagte ich, Du solltest Dich setzen und es Dir bequem machen, worauf ich sofort anfing, Dir möglichst behutsam zu erklären, worum es ging.
    Leider wolltest Du nichts davon wissen. Kaum hatte ich die ersten Andeutungen gemacht, da wurdest Du wütend und nanntest Landys Plan empörend, widerlich, entsetzlich, undenkbar. Als ich trotzdem weitersprach, standest Du auf und verließest das Zimmer.
    Wie Du weißt, Mary, habe ich seither oft versucht, mit Dir darüber zu sprechen, doch Du hast Dich standhaft geweigert, mich anzuhören. Daher dieser Brief. Ich kann nur hoffen, Du wirst vernünftig sein und Dir gestatten, ihn zu lesen. Ich habe viel Zeit zum Schreiben gebraucht. Zwei Wochen ist es her, dass ich die ersten Sätze kritzelte, und heute bin ich viel schwächer als damals. Ich werde wohl kaum die Kraft haben, noch viel mehr hinzuzufügen. Lebewohl möchte ich Dir nicht sagen, denn es besteht die Möglichkeit, die schwache Möglichkeit, dass Landys Vorhaben glückt und dass ich Dich tatsächlich später wiedersehe, wenigstens sehe , falls Du es über Dich bringst, mich zu besuchen.
    Ich werde anordnen, dass man Dir diese Blätter erst eine Woche nach meinem Tode übergibt. Also sind jetzt, wenn Du sie liest, bereits sieben Tage vergangen, seit Landy es getan hat. Vielleicht weißt Du sogar schon, was dabei herausgekommen ist. Wenn das nicht der Fall ist, wenn Du Dich absichtlich ferngehalten und jeden Kontakt mit Landy abgelehnt hast – was ich für möglich halte –, so nimm, bitte, Vernunft an und erkundige Dich bei ihm, wie es mit mir geworden ist. Das ist das Mindeste, was Du tun kannst. Ich habe ihm mitgeteilt, dass er am siebenten Tag mit Deinem Anruf rechnen kann.
     
    Dein treuer Mann
    William
     
    PS. Wenn ich nicht mehr bin, achte auf Dich, und vergiss nie, dass es schwerer ist, eine Witwe zu sein als eine Ehefrau. Trinke keine Cocktails. Verschwende kein Geld. Rauche keine Zigaretten. Iss keinen Kuchen. Benutze keinen Lippenstift. Kaufe keinen Fernsehapparat. Jäte im Sommer meine Rosenbeete und meinen Steingarten. Und vielleicht solltest Du das Telefon abbestellen, da ich es nicht mehr benötige.
     
    Langsam legte Mrs.   Pearl die letzte Seite des Schreibens neben sich auf das Sofa. Ihr kleiner Mund war fest zusammengepresst, und sie war ziemlich weiß um die Nase.
    Also wirklich! Nach all den Jahren hätte eine Witwe doch wohl etwas Ruhe verdient.
    Die ganze Sache war zu scheußlich, auch nur daran zu denken. Brutal und scheußlich. Ihr schauderte.
    Sie öffnete ihre Handtasche, nahm noch eine Zigarette heraus, zündete sie an, atmete den Rauch tief ein und blies ihn in Wolken von sich. Durch den Rauch hindurch blinkte ihr schöner neuer Fernsehapparat, der prächtig, riesig, herausfordernd und doch ein wenig schuldbewusst auf Williams früherem Arbeitstisch thronte.
    Was würde er sagen, wenn er das sähe?
    Sie dachte daran, wie er sie zum letzten Mal beim Zigarettenrauchen erwischt hatte. Ungefähr ein Jahr war das her. Sie hatte in der Küche am offenen Fenster gesessen und schnell noch ein paar Züge getan, bevor er von der Arbeit nach Hause kam. Das Radio spielte laute Tanzmusik, und als sie sich umdrehte und nach der Kaffeekanne greifen wollte, da stand er in der Tür, riesengroß und finster, und starrte sie an mit diesen schrecklichen Augen, aus deren schwarzen Pupillen der Zorn sprühte.
    Danach hatte er vier Wochen lang die Haushaltsrechnungen selbst bezahlt und ihr gar kein Geld gegeben. Aber natürlich wusste er nichts von den sechs Pfund, die sie in einem Seifenflockenkarton im Schränkchen unter dem Ausguss versteckt hatte.
    «Warum das alles?», fragte sie ihn einmal bei Tisch.

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