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Küsschen, Küsschen!: Elf ungewöhnliche Geschichten (German Edition)

Küsschen, Küsschen!: Elf ungewöhnliche Geschichten (German Edition)

Titel: Küsschen, Küsschen!: Elf ungewöhnliche Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roald Dahl
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heran», mahnte er und legte ihr die Hand auf den Arm. «Warten Sie einen Moment, bis Sie sich an das alles gewöhnt haben.»
    Auf einem hohen weißen Tisch in der Mitte des Raumes stand eine weiße Emailleschale, etwa von der Größe einer Waschschüssel. Die sechs dünnen Plastikschläuche, die aus ihr herausragten, waren mit einer gläsernen Apparatur verbunden, in der man das Blut zum künstlichen Herzen und von ihm fortfließen sah. Die Maschine gab ein sanftes, rhythmisch pulsierendes Geräusch von sich.
    «Da ist er drin», sagte Landy, auf die Schale weisend, die so hoch stand, dass Mrs.   Pearl nicht hineinblicken konnte. «Kommen Sie etwas näher. Nicht zu nah.»
    Er führte sie zwei Schritte vorwärts.
    Als sie den Hals reckte, sah sie die Flüssigkeit in der Schale. Auf der klaren, unbewegten Oberfläche schwamm eine ovale Kapsel, ungefähr so groß wie ein Taubenei.
    «Das ist das Auge», erklärte Landy. «Können Sie es sehen?»
    «Ja.»
    «Soweit wir wissen, ist es in ausgezeichnetem Zustand. Es ist sein rechtes Auge, und der Plastikbehälter trägt eine Linse, die genauso geschliffen ist wie seine Brillengläser. Vermutlich sieht er ebenso gut wie früher.»
    «An der Zimmerdecke ist nicht viel zu sehen», meinte Mrs.   Pearl.
    «Darüber machen Sie sich keine Sorgen. Wir sind im Begriff, eine Art Unterhaltungsprogramm für ihn auszuarbeiten, aber wir möchten nichts übereilen.»
    «Geben Sie ihm ein gutes Buch.»
    «Gewiss, gewiss. Wie fühlen Sie sich, Mrs.   Pearl?»
    «Gut.»
    «Dann wollen wir ein wenig dichter herangehen, damit Sie alles sehen können.»
    Er führte sie vorwärts, bis sie nur noch ein paar Schritte vom Tisch entfernt waren, und nun konnte sie auf den Grund der Schale blicken.
    «So», sagte Landy, «das ist William.»
    Er war viel größer, als sie erwartet hatte, und dunkler in der Farbe. Mit all den Furchen und Falten, die über seine Oberfläche liefen, erinnerte er an eine riesige eingemachte Walnuss. Sie sah die Stümpfe der vier großen Arterien und der beiden Venen, die sich an seiner Unterseite befanden und säuberlich mit den Plastikschläuchen verbunden waren; bei jedem Schlag des künstlichen Herzens gab es im Takt des hindurchgepumpten Blutes einen kleinen Ruck in sämtlichen Schläuchen.
    «Lehnen Sie sich über die Schale», riet Landy, «und halten Sie Ihr hübsches Gesicht unmittelbar über das Auge. Er wird Sie sehen, und Sie können ihm zulächeln oder ihm eine Kusshand zuwerfen. An Ihrer Stelle würde ich ihm auch ein paar nette Worte sagen. Hören kann er sie zwar nicht, aber ich bin sicher, dass er den Sinn begreifen wird.»
    «Er hasst Leute, die ihm Kusshände zuwerfen», erwiderte Mrs.   Pearl. «Ich will es auf meine Weise versuchen, wenn Sie nichts dagegen haben.»
    Sie trat dicht an den Tisch heran, beugte sich vor, bis ihr Gesicht direkt über der Schale war, und blickte in Williams Auge. «Hallo, Lieber», flüsterte sie. «Ich bin’s – Mary.»
    Klar wie immer starrte das Auge sie unverwandt mit absonderlicher Intensität an.
    «Wie geht es dir, Lieber?», fragte sie.
    Die Plastikkapsel war rundherum durchsichtig, sodass man den ganzen Augapfel sah. Der mit dem Gehirn verbundene Sehnerv glich einem Stückchen grauen Spaghettis.
    «Fühlst du dich wohl, William?»
    Es war ein sonderbares Gefühl, ihrem Mann ins Auge und doch nicht ins Gesicht zu schauen. Alles, was sie vor sich hatte, war das Auge, und sie fuhr fort, es anzustarren. Nach und nach wurde es immer größer, bis sie schließlich nichts anderes mehr sah – es war zu einer Art Gesicht geworden. Ein Netzwerk dünner roter Äderchen zog sich über das Weiße des Augapfels, und in der eisblauen Iris waren drei oder vier hübsche dunkle Streifen, die von der Pupille ausstrahlten. Die eine Seite der großen schwarzen Pupille reflektierte einen kleinen Lichtfunken.
    «Lieber, ich habe deinen Brief erhalten und bin gleich hergekommen, um zu sehen, wie es dir geht. Dr.   Landy sagt, dass alles in bester Ordnung ist. Wenn ich langsam spreche, kannst du vielleicht etwas verstehen, indem du mir die Worte von den Lippen abliest.»
    Zweifellos, das Auge beobachtete sie.
    «Man tut hier alles für dich, was nur möglich ist, Lieber. Die wunderbare Maschine pumpt ununterbrochen, und sie arbeitet bestimmt viel besser als die dummen alten Herzen, die wir anderen haben. Unsere können jeden Moment versagen, aber deines wird niemals stillstehen.»
    Sie betrachtete das Auge genau und versuchte

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