Kuesse - drei Mal taeglich
sich erfolglos bemühen würde, nicht ständig an Brendan zu denken. Wie sollte sie ihm nur in die Augen sehen? Natürlich wie ein reifer, erwachsener Mensch, sagte sie sich ungeduldig. Der spontane Kuss würde ihre Beziehung nur dann zerstören, wenn sie es zuließe, und das würde sie auf keinen Fall tun. Brendans Freundschaft bedeutete ihr sehr viel, und weder sie noch er wollten ihre Beziehung auf eine andere, sehr viel persönlichere Ebene heben. Oder doch?
Auf der Fahrt zum Krankenhaus fragte Cassie sich, ob der Kuss nur der Anfang von etwas anderem gewesen sei. Etwas, das nicht nur unerwartet war, sondern vielleicht auch sehr willkommen und womöglich sogar wunderbar.
„Cassie, du musst ihn sehen!"
Cassie hob den Kopf und betrachtete ihren unerwarteten Besuch. Michelle Lewis Kempner stand in der Tür zu ihrem Büro, offensichtlich in Hochstimmung. Und ihre glänzenden dunklen Locken saßen wie immer perfekt.
Cassie kam sich in Michelles Gegenwart wie ein Häufchen Elend vor. „Ich habe deinen Mann schon gesehen. Wir sind uns heute Morgen schon zwei Mal begegnet."
Michelle verdrehte die Augen. „Ich meine doch nicht ihn, du Dummerchen, sondern meinen Neffen. Er ist fertig angezogen und darf nach Hause. Beeil dich, bevor Jared und Brooke wegge hen."
Jetzt erinnerte Cassie sich, dass Brendan ihr von der Genesung des Granger-Babys erzählt hatte. Nach den Ereignissen von gestern Nacht hatte sie die erfreuliche Nachricht ganz vergessen gehabt. Auf keinen Fall wollte sie die glückliche Familie verpassen. Wenn sie Michelle in den fünften Stock zur Säuglingsstation folgte, würde sie allerdings wahrscheinlich Brendan begegnen. Aber es wäre ja der ganze Lewis-Clan dabei, und die Aufmerksamkeit würde sich auf das Baby konzentrieren. Außerdem mochte sie die eng verbundene Familie sehr gern, selbst wenn Jeanie Lewis, die Patriarchin der Familie, ein wenig anstrengend sein konnte. Aber wenigstens besaßen Michelle und Brooke eine Mut ter, welche Fehler sie auch haben mochte.
Cassie wollte den kleinen Matthew Granger ohne die Apparate sehen, die ihn eine ganze Weile am Leben erhalten hatten, bis er endlich auch ohne Unterstützung atmen konnte. Wenn Brendan in der Nähe war, würde sie damit fertig werden, ohne mit der Wimper zu zucken.
„Okay, eine Sekunde nur." Cassie holte einen Spiegel und einen Lippenstift aus ihrer Schublade. Leider sah ihr Haar so aus, als wäre sie mit dem Finger in eine Steckdose geraten, aber es gab nicht viel, was sie jetzt dagegen tun konnte.
„Beeil dich, Cassie."
Cassie schloss die Schublade und folgte Michelle aus dem Büro. Michelles Mann, Dr. Nick Kempner, gesellte sich am Aufzug zu ihnen.
„He, wo bist du mein ganzes Leben gewesen, meine Schöne?" Nick gab Michelle einen Kuss, und Cassie lächelte. Ein verliebteres Paar als Nick und Michelle hatte sie noch nie gesehen.
Michelle konnte ihre Ungeduld nicht verbergen. „Der verflixte Aufzug ist viel zu langsam."
„Sie werden schon auf dich warten, Tante Michelle", neckte Nick sie.
„Ich weiß. Aber ich kann es kaum erwarten, den kleinen Engel in die Arme zu nehmen."
Cassie betrachtete sie lächelnd. „Michelle, kommt es mir nur so vor, oder zeigt sich hier ein mütterliches Bedürfnis?"
Michelle und Nick wechselten einen Blick. „Bei mir erwacht jedenfalls ein ganz anderes Bedürfnis", sagte Nick. „Cassie, macht es dir etwas aus, im dritten Stock auszusteigen und bis zum fünften zu Fuß zu gehen? Ich denke, meine Frau und ich könnten den leeren Aufzug wunderbar nutzen."
Michelle lächelte ihn schelmisch an. „Nick, wir sind erst gestern aus unseren Flitterwochen zurückgekommen." Sie zwinkerte Cassie zu. „Der Mann ist unersättlich."
Cassie errötete, hin-und hergerissen zwischen Neid und Verlegenheit. „Hört schon auf, ihr beiden", sagte sie, als Nick den Hals seiner Frau küsste. „So benimmt man sich nicht, noch dazu vor einer allein stehenden Frau ohne Aussichten." Sie musste unwillkürlich an Brendan denken, und ihr Herz schlug plötzlich viel schneller vor Aufregung.
Nick sah sie schmunzelnd an. „Cassie, du weißt, dass ich mehrere sehr nette Männer kenne, die ich dir gern ..."
Die Tür des Aufzugs öffnete sich, was es Cassie ersparte, auf Nicks wohlmeinendes Angebot, ihr einen Mann vorzustellen, ant worten zu müssen. Sie gingen den Flur hinunter und in den Warteraum der Säuglingsintensivstation. Dort stand Dr. Jared Granger neben seiner Frau Brooke, die mit dem Baby im Arm in einem
Weitere Kostenlose Bücher