Kuesse - drei Mal taeglich
seidenen Faden hing, die Lage bei weitem verschlimmerte.
Obwohl er gegen die Erinnerung ankämpfte, wollte sie ihn einfach nicht loslassen und weckte eine Verbitterung in ihm, die so heftig war, als wäre alles erst gestern geschehen.
Vor dreizehn Jahren hatte er seinen neugeborenen Sohn verloren.
Wegen dieses Verlusts hatte er sich spezialisiert und war Kinderarzt für Frühgeborene geworden, aus dem starken Bedürfnis heraus, andere vor einem solchen Schmerz zu bewahren. Aber er war kein Gott, und obwohl er viele Siege davongetragen hatte, fraßen die Niederlagen doch sehr an ihm.
„Brendan?" Cassies Stimme drang in seine Gedanken.
Er starrte unschlüssig auf den Boden, hin-und hergerissen zwischen dem Wunsch, Cassie wegzuschicken, und der heftigen Sehnsucht, bei ihr zu sein. Gerade in diesem Augenblick brauchte er ihre innere Stärke so sehr, aber er hatte nicht das Recht, Cassie um ihren Beistand zu bitten. Nicht nach dem, was gestern Abend geschehen war.
Langsam drehte er sich zu ihr um. Ihr blondes Haar schimmerte wie Gold in den Strahlen der untergehenden Sonne. Sie sah wunderschön aus - und eindeutig besorgt.
Cassie schnappte erschrocken nach Luft, als sie Brendans Hand sah. „Du blutest ja!"
Ihm war nicht aufgefallen, dass er sich verletzt hatte. „Ich bin okay. Es ist nur ein Kratzer."
Sie runzelte die Stirn. „Nein, du bist nicht okay. Was machst du noch hier? Millie sagte mir, du seist nach Hause gefahren."
Brendan lehnte sich an sein Auto und wischte sich die Hand an der grünen Ärztehose ab.
„Ich habe meine verdammten Schlüssel im Wagen eingeschlossen."
Cassie ging zu ihm und untersuchte behutsam seine Wunde. „Und da hast du beschlossen, die Tür einzuschlagen?"
„So ungefähr."
„Lass den Wagen hier und ich nehm dich mit zu mir. Ich muss dir das hier verbinden."
Er entriss ihr die Hand und bedauerte es sofort, als er ihren verletzten Blick sah.
„Entschuldige, Cassie, aber ich kümmere mich schon darum. Ich hole den Sicherheitsbeamten und bitte ihn, mein Auto aufzuschließen."
„Dein Wagen ist mir egal, Brendan. Um dich mache ich mir Sorgen. Du siehst aus, als hättest du deinen besten Freund verloren."
Nein, das hatte er nicht, jedenfalls noch nicht. Sein bester Freund war in diesem Moment bei ihm. „Es war ein besonders harter Tag, Cassie."
„Ich weiß", sagte sie mit ihrer leisen, beruhigenden Stimme. „Deswegen musst du mit zu mir kommen. Ich mache dir etwas zu essen, und dann schauen wir uns beide einen schönen Dokumentarfilm an."
„Himmel, nein! Das würde mich zu sehr an meine Arbeit erinnern. "
Sie zuckte die Achseln und lächelte. „Wir können uns auch einen Liebesfilm ansehen. Ist mir egal."
Die Idee gefiel Brendan ganz und gar nicht. So frustriert und bedrückt wie er sich heute fühlte, würde es ihm in seinem angespannten Zustand sicher helfen, sich mit Sex abzureagieren. Aber das sollte auf keinen Fall mit Cassie geschehen. Nicht, dass er sich nicht danach sehnte, mit ihr zu schlafen, am liebsten sogar die ganze Nacht. Aber er wollte ihre Freundschaft nicht riskie ren.
Andererseits wollte er auch nicht allein sein, und Cassie schaffte es immer, ihn seine schlechte Stimmung vergessen zu lassen. Und im Augenblick sehnte er sich danach, zu vergessen, selbst wenn es nur für eine Weile wäre. „Okay, ich werde mit dir zu Abend essen.
Aber erst muss ich meinen Wagen aufbekommen. Sonst würdest du mich zurückfahren müssen."
„Na, schön. Wie du willst." Sie wühlte in ihrer Handtasche, holte eine Visitenkarte hervor und kritzelte etwas auf die Rückseite. „Hier ist meine Adresse. Sie ist leicht zu finden. Such nur nach dem kleinsten Haus."
Er nahm die Karte. „Du wohnst nicht in einem Mietsha us?"
„Nein, warum sollte ich?"
„Irgendwie dachte ich, du wärst der Single-Typ mit kleinem Apartment, das nicht viel Pflege braucht."
„Nun, da hast du eben falsch gedacht."
„Wohnst du mit jemandem zusammen?"
„Nein, du wirst dort nur meine Wenigkeit antreffen."
Genau darin lag ja die Gefahr - besonders in seiner heutigen Stimmung -, dass er mit Cassie ganz allein sein würde. Aber nur wenn du dich nicht zusammenreißt, sagte sich Brendan. Und das wirst du, verdammt noch mal!
„Dann sehe ich dich also gleich bei mir", sagte Cassie und wandte sich ab. Nach einigen Schritten drehte sie sich wieder zu ihm um. „Ach, ich habe einen Kater, falls du allergisch gegen Katzen bist."
„Nein, aber ich hasse Katzen."
Cassie lachte. „Keine
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