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Kuesse - heiß wie die Sonne Siziliens

Kuesse - heiß wie die Sonne Siziliens

Titel: Kuesse - heiß wie die Sonne Siziliens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Grace
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aber nichts. Sie begann sich unwohl zu fühlen, weil sie so viel über ihre Herkunft erzählte, die nun wirklich niemanden interessierte. Vielleicht redete sie ohne Unterlass, weil er keine Vorstellung davon hatte, wie ernst es ihr war.
    „Nun gut, ist nicht wichtig. Sie sagten, mein Onkel hat hier nie als Winzer gearbeitet?“
    „Er war gar nicht sehr lange auf dem Gut. Fiel vom Himmel oder aus Amerika oder sonstwoher, kam in die Gegend, kaufte das Weingut, verließ es bald wieder und starb kurz darauf. Niemand wusste Genaueres über ihn. Wo er wirklich herkam, warum er überhaupt hier war. Manche Leute haben behauptet, er sei auf der Flucht vor dem kalifornischen Gesetz. Wer weiß? Zumindest war offensichtlich, dass er keinen Schimmer vom Weinanbau hatte. Was für eine Verschwendung der Reben. Jede Flasche, die hier in den Kellern lagert, hat meine Familie gekeltert.“
    Dario ging mit ihr in die Küche, von wo aus Steinstufen in den Weinkeller führten. Ein altertümlicher Herd stand auf die Seite gekippt mitten im Raum. Alles verströmte Einsamkeit und Kälte. Es würde eine Heidenarbeit werden, aus diesem Haus ein schönes Heim zu machen, aber sie würde es schaffen. Isabel entdeckte eine alte hölzerne Eistruhe und einen Ofen, dessen Tür offen stand. Nicht ganz ihre Traumküche. Aber mit Potenzial.
    Der Ort machte den Eindruck, als habe es jemand sehr eilig gehabt, hier wegzukommen. Würde Dario ihr nicht ständig auf den Fersen folgen, hätte sie sich einen Moment Zeit genommen und ihres Onkels gedacht, der die Freundlichkeit besessen hatte, sie in seinem Testament zu bedenken. Aber in Darios Anwesenheit wollte sie sich keine Blöße geben. Sie tat so, als würde der deprimierende Zustand des Hauses sie nicht berühren.
    „Ein bisschen Putzmittel wird nicht schaden“, sagte sie betont sachlich. Das perfekte Haus gab es schließlich nicht.
    „Hier fehlt noch viel mehr“, fügte er an. „Fließendes Wasser zum Beispiel, Elektrizität und eine Heizung.“
    „Heizung brauche ich nicht, nicht in diesem Klima.“
    „Werden Sie doch brauchen. Wenn Sie denn bleiben.“
    „Ich werde bleiben.“
    Als er hätte er ihren Auftritt bestellt, rannte in diesem Augenblick eine fette Ratte unter dem Spülstein hervor. Isabel schrie und sprang auf einen alten hölzernen Küchenstuhl.
    Sie sah, wie er nickte, als wäre er dieses unberechenbare Verhalten von Frauen gewöhnt. In seinen Augen war sie nur eine von vielen überforderten Frauen, unfähig, sich in schwierigen Umständen zurechtzufinden. War es so ungewöhnlich, dass sie sich vor Ratten fürchtete? Es bedeutete doch nicht automatisch, dass sie ein Mensch mit Mängeln und Defiziten war.
    Nach einer Pause sagte Dario: „Ich dachte, dass Sie den Keller sehen wollen.“ Er streckte ihr eine Hand entgegen, um ihr vom Stuhl herunterzuhelfen. Er mochte sie geringschätzen und ihre Anwesenheit missbilligen, aber sie musste zugeben, dass er Manieren hatte.
    Isabel atmete tief durch. „Sehr gern.“ Eine Ratte würde sie nicht von ihrem Ziel abbringen. Genauso wenig wie ein zielstrebiger, offensiver Italiener, egal wie blendend er aussah, wie blau seine Augen waren oder wie unwiderstehlich sein Akzent. Er machte sich keine Vorstellung, wie viele Leute behauptet hatten, sie sei völlig verrückt, ihren Job aufzugeben und nach Sizilien zu reisen. Alle ihre Freunde und Bekannten hatten ihr geraten, das Weingut ungesehen zu verkaufen, ein Haus in Kalifornien zu erwerben und ihren Job zu behalten.
    Das wäre wahrscheinlich die vernünftige Variante gewesen. Aber einmal in ihrem Leben wollte sie nicht vernünftig sein. Sie brauchte eine Veränderung. Sie wollte weg von all den Leuten, die miterlebt hatten, welchen Narren sie aus sich gemacht hatte. Eine Veränderung, die sie dazu zwang, sich stärker auf sich selbst zu verlassen, ein Ziel, das ihr Kraft für neue Herausforderungen gab. Weg von ihrer Vergangenheit und ihren Freunden, die sie mit Mitgefühl und einem Verständnis behandelten, das sie nicht wollte. Sie war fünftausend Meilen geflogen, und nichts und niemand würde sie von ihrem Ziel abhalten. Und außerdem würde sie ihr Herz, das gerade wieder geheilt war, nie mehr verschenken.
    Dieser Mann ahnte nicht, wie beschämend es wäre aufzugeben. Nach Hause fliegen und zugeben zu müssen, dass sie wieder einen Fehler gemacht hatte. Wenn sie denn ein Zuhause hätte, was nicht der Fall war. Es bräuchte schon mehr als eine Ratte in der Küche, mehr als ein Loch im

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