Kuesse - heiß wie die Sonne Siziliens
zu bringen und zu testen, ob sie sich mit Wein auskannte.
Die Art, wie er mit verschränkten Armen dastand, nervte sie. In dem schmalen Raum war er ihr viel zu nah, und selbst in diesem Dämmerlicht funkelten seine Augen voller Selbstvertrauen. Ihr fiel nichts Originelles als Antwort ein.
„ Ciao “, hörte man eine Stimme von oben. „ Chiunque nel paese ?“
„Mein Bruder“, murmelte er. Dann fluchte er auf Italienisch. Zumindest klang es wie ein Fluch.
So viel zur engen Bindung unter italienischen Brüdern, dachte Isabel, als er an ihr vorbei zur Treppe stürmte.
2. KAPITEL
Dario ließ die unbequeme amerikanische Erbin im Keller stehen und nahm auf der Treppe zwei Stufen auf einmal. Genau das brauchte er jetzt: Dass sein Bruder ausgerechnet in dem Moment störte, wo er endlich Fortschritte machte. Zumindest glaubte er das. Isabel war schwierig einzuschätzen, zumal sie darauf beharrte, keineswegs entmutigt zu sein. Aber keine Frau, die bei klarem Verstand war, würde sich auf so ein aussichtsloses Unterfangen einlassen. Die meisten Frauen, die er kannte, wünschten sich ein schönes Haus, Land, Geld, Vergnügen und solche Dinge mehr.
Die Frau, mit der er alle anderen verglich, war seine ehemalige Verlobte Magdalena. Sie hatte ihm unmissverständlich klargemacht, dass das Leben, das er ihr bieten konnte, ihr nicht genügte. Ganz bestimmt würde diese Amerikanerin früher oder später einsehen, dass dieser heruntergewirtschaftete Betrieb nichts für sie war, egal wie aussichtsreich eine ferne Zukunft sein mochte. Sie würde dahin zurückrennen, wo sie hergekommen war, und dort gehörte sie auch hin.
„Was machst du hier?“, fragte er Cosmo, der ihm auf dem Hof entgegenkam. Seinen Wagen hatte er direkt vor dem Haus abgestellt.
„Delfino hat mir erzählt, dass diese Amerikanerin wahrscheinlich hier ist. Ich wollte Hallo sagen und sie im Namen der Familie begrüßen.“
„Bist du völlig verrückt geworden? Darion war von der Unreife seines Bruders und dessen Mangel an gesundem Menschenverstand wie vor den Kopf geschlagen. „Du willst die Frau begrüßen, die sich weigert, den Besitz an uns zurück zu verkaufen? Die Frau, wegen der sich Nonnos letzter Lebenstraum nicht verwirklicht?“
„Nonnos Traum oder deiner?“
Dario überhörte die Frage. Er wusste, was sein Bruder dachte. Er wusste, was die ganze Familie über ihn dachte. Sie glaubten, er sei besessen von dem Gedanken, das Land zurückzubekommen, das sie längst abgeschrieben hatten. Vielleicht war er das. Aber vielleicht sollte er das auch sein. Denn es war sein Fehler gewesen, der dazu geführt hatte, dass sie das Land verkaufen mussten. Nun lag es in seiner Verantwortung, es wiederzugewinnen. Die Sache war vollkommen klar. Warum konnten sie das nicht verstehen?
„Was wolltest du machen, ihr Blumen bringen und den roten Teppich ausrollen?“, fragte Dario stattdessen.
„Natürlich nicht. Aber um ehrlich zu sein, Dario, dir liegt von allen am meisten daran, dass das Gut wieder in unseren Besitz gelangt. Gib es doch endlich auf.“
Es stimmte, was Cosmo sagte. Niemand in der Familie ahnte auch nur, wie wichtig das Thema für ihn war. Er gab sich selbst die Schuld für das, was passiert war. Und er würde damit nicht aufhören, bis er den Besitz wieder sein Eigen nennen konnte, ebenso wie den prämierten Wein. Erst dann, und nur dann, konnte er die Vergangenheit auf sich beruhen lassen. Aber bis dahin …
„Es ist vorbei“, sagte Cosmo jetzt. „Zeit, darüber hinwegzukommen. Hör auf, dir Selbstvorwürfe zu machen.“
„Du hast leicht reden. Du weißt, dass es mein Fehler war.“
„Vergiss es endlich.“ Cosmo klang aufrichtig. „Zeit, dass du die Geschichte hinter dir lässt. Wir haben genügend Weinberge. Überlass diesen jemand anderem. Ich bin eigentlich vorbeigekommen, um mich zu vergewissern, ob die neue Besitzerin wirklich so schön ist, wie man sagt.“
Dario schüttelte den Kopf. „Da bist du falsch informiert. Wer setzt nur solche Gerüchte in die Welt? Sie sieht kein bisschen gut aus.“ Was stimmte. Ihr Mund war zu groß und ihre Nase zu klein. Ihr Haar hatte die Farbe von Kupfer, das in der Sonne glänzte, aber das war sicherlich das Schönste an ihr.
„Okay, sie ist nicht schön. Wie ist sie denn?“
„So aus dem Stegreif würde ich sagen, sie ist stur, stolz, unbeirrt und naiv. Und übertrieben selbstsicher. Hat keine Idee, was es heißt, Wein anzubauen. Sobald sie einsieht, dass dieser Ort nichts für sie
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