Küsse im Mondschein
wütenden, ruckartigen Bewegungen die Bänder ihres Kleides zu. »Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich jetzt sagen, du hast den Verstand verloren.« Nachdem er das letzte Schleifchen gebunden hatte, fragte er: »Verrate mir doch einfach nur eines - warum sagst du nicht endlich ›Ja‹?«
Amanda schlüpfte in ihre Schuhe und drehte sich wieder zu ihm um. »Was kannst du mir denn schon bieten, das ich nicht auch von jedem anderen Gentleman bekommen könnte?«
Er starrte in ihre Augen hinab... und runzelte verwirrt die Stirn.
Schließlich stupste sie mit ihrem Finger hart in seine erstaunlich anziehende Brust. »Wenn du das endlich mal herausgefunden hast, dann können wir das Thema eventuell noch einmal angehen. Aber bis dahin«, mit einem eleganten Schwung ihrer Röcke wandte sie sich von ihm ab und strebte auf die Gewächshaustür zu, »wünsch ich dir erst einmal eine gute Nacht.«
Während sie durch die Tür entschwand, erhaschte sie noch einen letzten Blick auf ihn - seine gebräunte Brust umrahmt von den weichen Falten seines geöffneten Hemds, stand er da, die Hände in die Hüften gestemmt, einen sehr düsteren Ausdruck auf dem Gesicht und den Blick fest auf sie gerichtet.
11
Den Rest des Ballabends nahm Amanda nur noch verschwommen wahr; sie konnte es gar nicht erwarten, nach Hause zu kommen und in ihr Bett fallen zu dürfen. Etwas später und endlich dort angekommen, pustete sie die Kerze aus und ließ sich zurück in die Kissen sinken - nun hatte sie Zeit, in Ruhe nachzudenken.
Er liebte sie - davon war sie inzwischen fast überzeugt. Denn ganz bestimmt konnte es doch bloß Liebe sein, die ihn dazu verführte, sie, Amanda, mittlerweile wie eine Art Madonna zu behandeln. Ganz so, als ob in ihren Händen der Schlüssel zu seiner Seele läge. Drei Mal hatten sie sich nun schon einander hingegeben, und jedes Mal hatte sich unter all der Leidenschaft, dem Feuer und den Flammen auch noch etwas anderes versteckt - etwas noch viel tiefer Gehendes, etwas noch viel Stärkeres, etwas, das nur schwer zu beschreiben war und doch unendlich viel mächtiger war als bloß pure Lust.
Amanda hatte es von Anfang an gespürt. Auch wenn ihr die Liebe an sich noch neu war; oder zumindest diese Art von Liebe, eine Liebe, die so eng verwoben war mit sinnlicher Begierde, die so tief verborgen lag unter Martins Verlangen, sie, Amanda, besitzen zu wollen. Und doch musste es Liebe sein - warum sonst sollte ein Gentleman von seinem Stande, mit seinem gesellschaftlichen Hintergrund so erpicht darauf sein, sie zu heiraten?
Um seiner Ehre willen .
Das versuchte er ihr zumindest weiszumachen. Amanda verzog das Gesicht zu einer Grimasse.
Denn falls es ihm tatsächlich nur um seine Ehre gehen sollte, was, bitte schön, hatte sich denn da heute Nacht zwischen ihnen abgespielt? Warum sollte er versuchen, sie, Amanda, mit der Aussicht auf Fortsetzung der körperlichen Freuden geradezu in die Ehe hineinzulocken - wenn es doch angeblich bloß um die Ehre ging? Denn er hatte ihr seinen Namen doch bereits angetragen. Zwar hatte Amanda seinen Antrag zurückgewiesen, aber seiner Ehre war damit doch sicherlich bereits Genüge getan worden, nicht wahr?
Amanda schüttelte ihr Kopfkissen auf und murmelte dabei leise Verwünschungen gegen die lächerlichen Zwangsvorstellungen der Männer im Allgemeinen. Schließlich kuschelte sie sich in ihr Plumeau. Kurze, stechende Schmerzen zuckten durch ihre Oberschenkel. Allerdings schmerzte es nicht mehr so sehr wie noch vor vier Nächten. Im Gegenteil, das warme Gefühl der Zufriedenheit tief in ihrem Inneren war nur noch gewachsen. Sie schloss die Augen und seufzte.
Zumindest wusste sie nun genau, was sie wollte, was sie für sich beanspruchen würde, bevor sie einer Eheschließung zustimmte. Denn sie wollte nicht weniger als sein Herz, und er müsste es ihr auch noch ganz vorbehaltlos und aus freien Stücken schenken. Eher war sie nicht bereit, mit Leib und Seele die Seine zu werden.
Das Feuer in der Bibliothek brannte noch immer, als Martin aus Richmond zurückkehrte. Er trat an die Anrichte heran, goss sich einen Brandy ein und rekelte sich dann auf seiner Couch, jenem Liegesofa, auf dem er Amanda Cynster das erste Mal genommen hatte.
Es war das Liegesofa, auf dem er sie defloriert hatte - so musste wohl der korrekte, gesellschaftlich angemessene Begriff lauten. Ergo war er nun verpflichtet, sie zu heiraten. Das war eine Gleichung, die ihm nur allzu logisch erschien.
Amanda dagegen war
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