Küsse im Morgenlicht
Entschuldigung, Mylord.« McTavish errötete. »Ich weiß gar nicht, wo ich mit meinen Gedanken war...« Respektvoll nickte er Amelia zu, die auf der Tischkante hockte und Luc dabei zuschaute, wie er scheinbar das Registerbuch durchging.
»Schon in Ordnung.« Damit klappte Luc das Buch zu und bedeutete McTavish mit einer Handbewegung, auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch Platz zu nehmen. Dann wandte er sich noch einmal kurz zu Amelia um. »Ich denke, das mit dem Namen dürfte kein Problem sein.« Er reichte ihr das Register zurück. »Und was die fälligen Gebühren angeht... darüber sprechen wir wohl am besten später noch einmal.«
Amelia sah, wie in seinen dunklen Augen noch immer die Leidenschaft glomm. Doch sie entdeckte auch den Argwohn darin. Mit einem betont harmlosen Lächeln nahm sie das Buch entgegen und rutschte vom Tisch. »Wunderbar.« Sie sprach in ganz normalem Ton - bis auf jenes angedeutete sinnliche Schnurren, von dem sie wusste, dass nur Luc es aus ihrer Stimme heraushören konnte. »Dann überlasse ich dich jetzt wieder deinen Pflichten.«
Gelassen und mit einem flüchtigen Lächeln in McTavishs Richtung ging sie auf die Tür zu.
Sicherlich, noch hatte sie ihr Ziel nicht erreicht, aber immerhin hatte sie schon so viel gewonnen, um eine gewisse Basis zu haben. Eine vielversprechende Basis sogar, von der aus sie nun weiterarbeiten konnte. Und wer wusste, was sich dann vielleicht noch für Möglichkeiten ergeben würden? Möglicherweise war ihr die kleine Unterbrechung durch McTavish also geradezu von den Göttern gesandt worden …
16
»Ich mache einen kleinen Ausflug. Ich hab mir überlegt, ich reite zu dem Platz unten am Fluss, wo wir früher so oft waren.«
Luc sah von seinem Finanzbericht auf und musterte die fast schon überirdisch attraktive Gestalt, die dort im Türrahmen seines Arbeitszimmers lehnte. Amelia trug ihr blassgrünes Reitkostüm und schenkte ihm ein gelassenes Lächeln. Dann senkte sie den Blick, während sie, wieder einmal, mit den kleinen Knöpfchen an ihren Handschuhen zu kämpfen hatte. Unter ihrer eng anliegenden Jacke blitzten die duftigen Rüschen einer Bluse hervor, quälend verführerisch in ihrer Transparenz, und durch die Fenster strömte die spätnachmittägliche Sonne herein, badete Amelia geradezu in ihr goldenes Licht. Seine Frau, dessen war Luc sich ziemlich sicher, spielte gerade die Rolle der Verführerin, und das sanfte Spiel des Lichts, das sich über ihre schlanke Gestalt ergoss, tat dazu noch sein Übriges.
Dann, nachdem die Bündchen der Handschuhe sich endlich hatten schließen lassen, sah Amelia wieder auf und lächelte abermals. »Ich bin rechtzeitig zum Abendessen wieder da.« Damit wandte sie sich um.
»Warte.« Ohne recht darüber nachzudenken, was er eigentlich tat, stand Luc auf. Dann wurde ihm bewusst, wie leichtfertig er sich von seinen Verpflichtungen fortlocken ließ. Was ihn jedoch nicht davon abhielt, den nächsten Schritt zu tun. »Ich komme mit.«
Langsam drehte Amelia sich wieder zu ihm um und hob überrascht eine Augenbraue. »Bist du dir sicher...?« Damit blickte sie auf die Unterlagen, die Luc einfach auf den Tisch hatte fallen lassen, und sah ihn fragend an, als er neben sie trat. »Ich wollte dich schließlich nicht von deiner Arbeit abhalten.«
Forschend blickte er ihr in die Augen. Neckte sie ihn nur, oder ahnte sie tatsächlich nicht, welche Wirkung sie auf ihn hatte? Dann hättest du mir aber besser nicht in diesem Aufzug unter die Augen treten sollen, dachte Luc im Stillen, sprach die Worte aber nicht laut aus. Er machte eine hilflose Geste mit der Hand. »Ach, im Moment würde mir ein kleiner Reitausflug ganz guttun.«
Ehrlich erstaunt riss Amelia die Augen auf. Dann spielte ein verführerisches kleines Lächeln um ihre Lippen. »Ah, ich verstehe.« Gelassen wandte sie sich um und ging den Korridor hinab. »Die sommerliche Luft wird uns in jedem Fall erfrischen.«
Wieder war Luc sich nicht sicher, wie er das zu verstehen hatte. Mit fest zusammengebissenen Zähnen marschierte er hinter ihr her.
Amelia hatte bereits Bescheid gegeben, dass man ihr Pferd zum Ausreiten bereithalten solle, doch auch Lucs Hengst war rasch aufgezäumt und gesattelt. Schon wenige Minuten später stürmten er und Amelia davon, galoppierten über die Weiden von Calverton Chase und hielten auf den Fluss im Süden seines Anwesens zu. Luc wusste, welche Stelle Amelia gemeint hatte, als sie ihm von ihrem Ausflugsziel erzählte. Er ritt also auf
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