Kuessen al dente - Roman
nicht mit Heulen fertig war.
Sie gingen weiter. Georgia versuchte, sich zu beruhigen, während ihre Gedanken im Zickzack durch ein Minenfeld von Bildern des gerade zu Ende gegangenen Tages hüpften. Zum ersten Mal war sie dankbar für ihre Haarmähne, die sich wie ein undurchdringlicher Vorhang vor ihrem Gesicht ringelte. Achtzehn lange Häuserblocks später und zutiefst deprimiert erreichte sie ihre Haustür. Und das war erst der Anfang ihrer Trauerarbeit.
8
E s klingelte. Und noch einmal. Georgia verfluchte Danny, dass er dem Tagportier die »Nicht stören«-Nachricht nicht weitergeleitet hatte. Sie hätte den ganzen Tag im Bett verbringen können, besonders nach der Heulorgie von letzter Nacht. Obgleich völlig erschöpft, war sie froh, dass ihr die rosa Pillen ausgegangen waren. Ein paar schlaflose Nächte waren definitiv besser, als sich ein Pillenproblem einzuhandeln. Siehe Anna Nicole Smith.
Ehe sie sich noch aus dem Bett quälen konnte, klopfte es an ihrer Wohnungstür. Und noch einmal, gefolgt von mehrmaligem, anhaltendem Klingeln. Rasch stieg sie in ein Paar Jogginghosen, die am Fußende ihres Betts lagen, ging zur Tür und spähte durch den Spion.
»Wir sind gekommen, um dich zu kidnappen«, brüllte Lo durch die geschlossene Tür. »Wir wissen, dass du da bist.«
Seufzend öffnete Georgia die Tür, und Lo stürmte an ihr vorbei in die Wohnung, aufgestylt wie soeben dem Titelblatt eines Modemagazins entsprungen: Chanel-Sonnenbrille über dem glatten schwarzen Haar zurückgeschoben, eine riesige »It«-Tasche in der Hand, schwarzer Rolli, hautenge schwarze Röhrenjeans und hohe Chucks.
»Du meine Güte, George, schläfst du etwa noch?«, fragte Clem.
»Ich habe geschlafen«, murmelte Georgia. »Warum? Wie spät ist es denn?«
»Beinahe drei«, sagte Lo.
»Ehrlich? Mein Gott, ich glaube, so lange habe ich nicht mehr gepennt, seit ihr mich damals in diesen Club in Williamsburg geschleppt habt.« Sie ging in die Küche und nahm die Illy-Dose mit den ganzen Bohnen aus dem Regal.
»Kaffee?«
»Schon erledigt«, sagte Clem und drückte ihr einen Pappbecher in die Hand. »Dreifacher Macchiato, ein Stück Zucker. Wir sind hier, um dich zu retten. Du hast uns die ganze Nacht abgewimmelt, und der blöde Portier wollte uns beinahe nicht zu dir hochlassen.«
»Er hatte strikte Anweisung«, brummte Georgia und schnappte sich den Kaffeebecher. »Sagt mal, solltet ihr nicht arbeiten? Arbeitet jetzt niemand mehr? Ich bin doch diejenige, die keinen Job mehr hat.«
»Wieso, ich arbeite doch. Bin gerade auf einer Promotiontour, die noch eine Weile läuft, den ganzen Nachmittag lang, um genau zu sein. Und du kommst mit«, sagte Clem. »Jetzt.«
Georgia starrte eigenwillig zu Boden. »Ich will nirgendwohin. Ich fühle mich echt scheiße und habe absolut kein Verlangen nach einem piekfeinen Lunch in irgendeinem Trendschuppen. «
»Wir gehen nicht essen. Wir gehen ins Bamboo Baths, und Lo zahlt. In einer Dreiviertelstunde sind wir für Massagen und Gesichtsbehandlungen angemeldet, anschließend gehen wir ins Dampfbad und peitschen uns gegenseitig mit Olivenzweigen aus. Schnapp dir deine Flipflops und einen Badeanzug und dann nichts wie weg«, sagte Clem, während Lo ins Schlafzimmer stürmte.
Georgia rührte sich nicht vom Fleck. »Das ist wirklich nett von euch, Mädels, aber ich bleibe lieber zu Hause und denke über …«
»Nichts da«, entschied Clem und bugsierte sie Richtung Schlafzimmer. »Zum Nachdenken ist später noch genügend Zeit.«
»Hab schon alles gefunden«, rief Lo und hielt triumphierend ein paar rosa Flipflops und einen grünen Bikini in die Höhe. »Und wir brauchen noch was Anständiges zum Anziehen. Hinterher gehen wir nämlich Abendessen. Nichts Aufregendes, keine Angst.« Sie schob die Tür von Georgias Kleiderschrank auf und sichtete die Kleiderbügel. »Mama mia, wie viele Jeans hast du denn?«
»Keine Ahnung«, log Georgia. »Ein paar.«
Clem und Lo sahen sich gegenseitig an, dann nahmen sie Georgia ins Visier.
»Was soll ich sagen? Ich steh eben auf Jeans.«
»Wie wär’s damit?« Lo zog das schwarze Kleid heraus, das Georgia in Millbrook angehabt hatte. Ohne eine Antwort abzuwarten, stopfte sie es in ihre Tasche.
»Okay. Ich komme mit, aber bitte keine Fragen. Ich bin noch nicht in der Lage, über irgendwas zu reden.«
Clem und Lo nickten verständnisvoll. »Keine Fragen, großes Indianerehrenwort«, versprach Clem. »Ich gehe mal schnell mit Sally um den Block, inzwischen
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