Kuessen al dente - Roman
auf und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. »Es tut mir wirklich leid, Georgia, aber wir müssen gehen.«
»Jetzt?«
»Jetzt. Meine Kunden warten auf uns, und wir sind schon reichlich spät dran. Es ist meine Schuld, wieder einmal. Aber ich verspreche, ich mache es wieder gut.« Er verschwand im Bad.
»Ich nehme dich beim Wort«, rief sie ihm nach.
»Hier, Gianni!«, rief ihnen ein rundlicher Mann mit stämmigen Armen und wabbelndem Doppelkinn entgegen, kaum dass sie das elegante Restaurant des Lazarro betreten hatten.
Gianni dirigierte Georgia zu dem Ecktisch, an dem zwei Männer in sportlichen Anzügen und offenen Hemden saßen. Das Lokal war mit weichen Teppichen ausgelegt – französische Lilien in blassem Gold auf burgunderrotem Hintergrund. Die üppigen Kristalllüster sorgten für eine dezente
Beleuchtung. Ober in weißen Dinnerjacketts liefen mit versilberten Tabletts umher. Einer der beiden Männer stand auf, als sie sich dem Tisch näherten, und er und Gianni küssten sich zur Begrüßung auf beide Wangen. Dann zog er für Georgia einen pompösen goldenen Sessel zurück und bedeutete ihr sich zu setzen.
»Sie müssen Georgia sein. Bitte, nehmen Sie Platz. Ich bin Luigi Monserno, der Direktor des Palazzo Lazarro.« Luigi hatte winzige Äuglein und sandfarbenes Haar, das er sich quer über den Schädel gekämmt hatte, um eine beginnende Glatze zu kaschieren. Er stellte Georgia Mervi vor, seinen Sekretär, der ein gelbes Notizbuch in der Hand hielt und eifrig jedes Wort mitschrieb, das sein Boss von sich gab. »Wir haben gehört, dass Claudia Cavalli Sie für ihr neues Lokal direkt aus New York hat einfliegen lassen.«
»So ungefähr«, erwiderte Georgia.
»Sie müssen eine Spitzenköchin sein.«
Georgia lächelte. »Nun …«
»Die beste«, warf Gianni dazwischen. Er legte seinen Arm um ihre Schulter und zog sie an seine Brust. »Wahrhaftig die beste.«
»Wie gefällt Ihnen Italien?«, erkundigte sich Luigi.
»Das Essen ist fantastisch, der Wein, die Landschaft, die Leute, einfach alles.«
Luigi schmunzelte. »Das hört man gern.«
»Und das hier ist ein besonders schönes Hotel, Luigi.«
»Freut mich, dass es Ihnen zusagt, das ist wichtig.«
»Ach ja?«
»Möchtest du ein Glas Wein, Georgia?« Gianni nahm die leere Flasche zur Hand, die neben einer Karaffe mit Rotwein stand. »Ein 1990er Solaia. Aus deinem privaten Weinkeller, Luigi?«
Luigi nickte. Gianni füllte Georgias Glas und dann sein eigenes. »Hm, das ist ein Wein«, schwärmte Gianni. »Ein Antinori der Spitzenklasse. Sehr fruchtiges Bouquet mit einem ganz leichten Minze- und Beerenaroma.« Er steckte seine Nase ins Glas und atmete tief ein.
»Ich schlage vor, wir kommen gleich auf den Punkt, Georgia«, sagte Luigi. »Andernfalls wird unser Freund Signore Parker uns den ganzen Abend mit seiner Weinphilosophie langweilen.«
»Einverstanden«, erwiderte Georgia. »Um welchen Punkt handelt es sich?«
»Wir möchten Ihnen die Stelle der Küchenchefin hier im Palazzo Lazarro anbieten.«
»Tatsächlich?« Georgia sah Gianni an, der jedoch andächtig seinen Wein kaute. »Warum?«
Luigi deutete in das zur Hälfte gefüllte Speiselokal. »Einst waren wir nicht nur das beste Hotel in Sizilien, sondern auch das beste Restaurant in der Region. Aber jetzt gehen die Leute woanders essen, wie Sie sehen.«
»Richtig, aber …«
»Mit einem neuen Küchenchef beziehungsweise einer neuen Küchenchefin mit Ihren Talenten und Fähigkeiten könnten wir wieder zum besten Restaurant der Insel avancieren. In der Trattoria Dia erarbeiten Sie sich die Erfahrung, die Glaubwürdigkeit und den Namen, um ein italienisches Restaurant zu führen. Allein die Publicity …«
»Der Job ist wie geschaffen für dich«, unterbrach ihn Gianni, der inzwischen die erste Kostprobe hinuntergeschluckt hatte.
»Welche Rolle spielst du dabei, Gianni?« Georgia nippte an ihrem Wein. »Hmm. Der schmeckt wirklich ausgezeichnet. «
»Ich schließe mich mit Luigi und einer Investorengruppe zusammen, um das Hotel zu kaufen. Als Eigentümer werde ich hier wohnen und arbeiten, was bedeutet, dass wir zusammen sein können. Außerdem weiß ich, dass du eine großartige Köchin bist. Schließlich habe ich deine Spezialitäten gekostet, erinnerst du dich?« Er zwinkerte ihr zu.
Luigi lachte. »Hört sich an, als hättest du mehr Interesse an der Chefköchin als am Restaurant, Gianni.«
Georgia errötete hinter ihrem Weinglas und versuchte, nicht zu
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