Kuessen kann schon mal passieren
einfach schneller.«
Luca verzichtete auf eine Antwort und tippte sich bloà an die Stirn.
»Wir haben zufällig denselben Weg«, fuhr ich fort, »und du hast die StraÃe ja schlieÃlich nicht gepachtet.«
»Ich kann es aber nicht leiden, wenn mir jemand so dicht auf die Pelle rückt.«
»Ganz schön eingebildet. Warum sollte dir schon jemand auf die Pelle rücken wollen?« Ich äffte seine scheppernde Lache nach. »Lackaffen stehen bei niemandem besonders hoch im Kurs.«
Luca fuhr herum und kniff die Augen zusammen. »Sag mal, Lena, was hast du eigentlich für ein Problem mit mir?«
âºDu hast mich vor der ganzen Klasse lächerlich gemacht!â¹, gellte eine Stimme in mir, die ich gleich wieder mundtot machte. Natürlich konnte ich das so nicht sagen. Ich hatte Luca schlieÃlich zuerst vorgeführt, vielleicht sogar auf noch viel üblere Art. Wenn überhaupt, waren wir quitt.
»Also?« Luca kam langsam auf mich zu.
»Wieso sollte ich ein Problem mit dir haben«, würgte ich hervor.
»Na, prima, dann kann ich ja jetzt in Ruhe nach Hause gehen.« Unter der Oberfläche seines bemüht freundlichen Tonfalls brodelte es gefährlich.
»Ja, klar. Aber ich geh auch nach Hause. Und wenn es dich stört, dass ich hinter dir herlaufe, musst du eben einen anderen Weg nehmen. Ich geh nämlich da lang, wo ich will.«
»Von mir aus.« Luca schob sich einen Kaugummi in den Mund und begann lautstark zu schmatzen.
Mittlerweile liefen wir nahezu auf gleicher Höhe nebeneinanderher. Ich fühlte die Sonne auf meinem Haar, roch die Heckenrosen und alles hätte so schön sein können, wenn Luca nicht so schrecklich sauer auf mich gewesen wäre und ich nicht auf ihn.
»Mach dich ja nicht so breit«, blaffte ich ihn an, weil er mich mehr und mehr an den Kantstein drängte.
»Sag mal, wie bescheuert und kindisch bist du eigentlich?«, blaffte er zurück. »Wir sind doch nicht im Sandkasten und ich hab dir auch keins deiner Förmchen weggenommen. Aber wenn du so bescheuert drauf bist, kann ich meine Mutter auch bitten, dass wir wegziehen.«
»Super Idee. Dann geht doch am besten ganz nach Italien zurück.«
Luca blieb stehen und seine Nutella-Augen waren plötzlich schwarz. »Ich hab dir nichts getan, okay?«
»Und ob! Deine Retourkutsche war absolut billig.«
Luca lachte heiser. »Und dein Spruch vom Minifurz war besser, oder was?« Er baute sich so dicht vor mir auf, dass unsere Nasen fast zusammenstieÃen, und fuhr fort: »Stimmt schon, ich bin kleiner als du â na und? Macht mich das vielleicht zu einem schlechteren Menschen?«
»Aber wenn man mal Deutsch verhaut, ist man auch kein Mensch zweiter Klasse!«
»Leute, die im gemachten Nest sitzen und sich nie anstrengen müssen â das ist in meinen Augen echt das Letzte!«, giftete Luca.
»Hallo? Noch ganz klar im Kopf? Du bist doch derjenige mit dem Superreich-Papi in Italien!«
»Von dem ich aber keinen Cent annehme!«
»Selbst schuld. Oder hast du dich bei Papi vielleicht unbeliebt gemacht?«
Luca hielt schnaufend inne. »Lass das Arschloch von einem Vater aus dem Spiel, okay? Der geht dich einen Dreck an!«
»Interessiert mich auch gar nicht.«
»Dann ist ja gut.« Seine Stimme zitterte.
»Arschloch-Vater gleich Arschloch-Sohn«, setzte ich noch einen drauf. »Immerhin stimmt da mal die Vererbungslehre!«
»Oder auch nicht. Jedenfalls frage ich mich, von wem du eigentlich dein Bescheuert-Sein geerbt hast! Deine Mutter ist doch gar nicht so dämlich wie du.«
»Idiot!« Ich griff in seine Locken und zog daran.
»Au! Spinnst du?«
»Ja wohl nicht weniger als du!«
»Du hast sie doch nicht mehr alle!« Er packte mich am Arm und hielt mich fest.
»Lass mich los!« Ich stolperte rückwärts, wir gerieten ins Straucheln und lagen schon im nächsten Augenblick auf dem Boden. Als wäre das eben alles bloà ein schlechter Traum gewesen, fand ich mich plötzlich auf einem Stück Rasen wieder, Luca mit überraschter Miene neben mir. Seine Augen schimmerten sanftbraun. Dann kam sein Gesicht plötzlich näher und er küsste mich. Einfach so. Auch wenn ich noch nie jemanden geküsst hatte, fühlte es sich warm, weich und so verdammt richtig an, dass ich glaubte vielleicht verrückt geworden zu sein. Was zum Teufel ging
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