Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kuessen kann schon mal passieren

Kuessen kann schon mal passieren

Titel: Kuessen kann schon mal passieren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fuelscher
Vom Netzwerk:
für die Reise, die auch für ihn nicht selbstverständlich war.
    Ich blieb draußen und begutachtete so lange die bunten Lakritzschlangen, die sich wie Aale in den Auslagen des Ladens schlängelten. Die Sonne war mittlerweile ganz hinter Wolken verschwunden und ein nasskalter Wind blies mir unter meinen Kurzmantel. Als der Himmel auch noch seine Schleusen öffnete und es zu regnen begann, rettete ich mich mit zwei Sätzen in den Eingang eines Schuhgeschäfts. Ich schüttelte meine Haare, die binnen Sekunden zu klitschnassen Spaghetti geworden waren, da ging die Schwingtür auf und ein baumlanger Kerl rannte mich fast über den Haufen. Ich wollte schon losschimpfen, als sich unsere Blicke trafen und mir die wüsten Pöbeleien einfach im Hals steckenblieben.
    Â»Oh, excuse me«, rief er, dann ließ er einen Wortschwall auf mich los, dass mir Hören und Sehen verging. Englisch war mit dabei, vielleicht auch Holländisch oder Schwedisch, ich wusste es nicht genau. Ich stand bloß da und starrte den Jungen an, der so unglaublich blaue Augen hatte, dass mir fast schwindelig wurde. ›Du hast sie ja wohl nicht mehr alle‹, beschimpfte ich mich im nächsten Moment selbst, dann trat der Typ auch schon in den Regen hinaus und verschwand in der Menschenmenge.
    Ich war noch wie benommen, als Luca mit Kapuze auf dem Kopf aus dem Laden kam und strahlend ein Tütchen schwenkte. Wohl weil ich wie ein Geist auf zwei Beinen aussah, stürzte er auf mich zu und hielt mich am Arm fest. »Alles okay?«
    Â»Luca!« Ich rang nach Luft.
    Â»Was ist denn?« Kräuselfalten tauchten auf seiner Stirn auf.
    Â»Da war eben ein Typ … Der sah so gut aus … Du hättest ihn sehen sollen …«
    Luca ließ mich abrupt los. »Ich steh aber nicht auf Typen.«
    Â»Er hatte Augen wie … wie blaues Muranoglas!«, schwärmte ich weiter, als wäre ich mit dem Jade-Virus infiziert.
    Â»Ja und? Was machst du dann noch hier?« Luca klang verstimmt. »Warum bist du dem Typen mit den muranoglasblauen Augen nicht hinterher? Dann hättest du gleich eure Verlobung in die Wege leiten können.«
    Â»Du bist echt blöd.«
    Â»Ich? Wer ist hier wohl blöd?«
    Â»Kann man nicht mal mehr jemanden toll finden?«, verteidigte ich mich. »Ist das verboten?«
    Â»Tu, was du willst, aber nerv mich nicht mit so einem Kinderkram.« Luca zerknüllte die Geschenktüte, klemmte sie sich unter die Achsel und rannte los.
    Â»Hey, warte!« Ich drängte mich an einer Gruppe asiatischer Touristen mit Regenhauben vorbei, aber Luca war schon um die nächste Ecke gebogen. Erst auf dem Markusplatz holte ich ihn ein. Ein Schwarm Tauben zu meinen Füßen schreckte auf und flatterte quer über die Piazza.
    Â»Kannst du mir bitte mal erklären, warum du so gereizt bist?«
    Â»Bin ich gar nicht.« Er scheuchte ein paar der Vögel weg, die auf ihn zugewackelt kamen. »Diese Scheißviecher nerven!«
    Â»Sei nicht albern. Die gehören zu Venedig.«
    Â»Man sollte sie alle vergiften.« Obwohl es immer noch regnete, setzte Luca seine Sonnenbrille auf.
    Langsam kroch die Wut in mir hoch. »Bist du jetzt total …«
    Bevor ich ausreden konnte, ließ Luca mich stehen und flüchtete sich zur Bootsanlegestelle. Ich ihm nach. Ich mochte das Geräusch der Gondeln, die geräuschvoll aufs Wasser klatschten, aber jetzt kam ich nicht dazu, mich daran zu erfreuen. Denn Luca fuhr herum und schrie mich an, dass ich ja wohl gar nichts kapieren würde.
    Â»Was soll ich denn bitte schön kapieren?«, fragte ich erschrocken.
    Â»Denk doch mal scharf nach!« Er trat wütend nach einer leeren Chipstüte, dann stürmte er wortlos davon und ich blieb mit den schaukelnden Gondeln alleine.
    ***
    Am Abend gingen wir alle zusammen in eine kleine Trattoria im jüdischen Getto. Luca war zwar wieder besser gestimmt, aber immer noch nicht ganz der Alte. Mir war es nach wie vor ein Rätsel, was für eine Laus ihm auf dem Markusplatz über die Leber gelaufen war.
    Ãœber die Menükarten gebeugt pflaumte Anna ihn an: »Du hast Lena einfach auf dem Markusplatz stehenlassen? Was sollte das? Sie hätte sich verirren können!«
    Â»Hat sie aber nicht«, entgegnete er und blätterte gelassen um.
    Â»Du dich dafür umso mehr«, kicherte ich.
    Es stimmte: Während ich dank meines Stadtplans den

Weitere Kostenlose Bücher