Küstenfilz
angerufen
hat. Es hat noch eine Weile gedauert, bis sie ihn am Apparat hatte. Erst dann
wurden wir informiert.«
»Wie viel Zeit ist dadurch verstrichen?«
»Das kann ich nicht genau sagen. Aber vermutlich hat
das ganze zehn bis fünfzehn Minuten gedauert.«
»Mist«, fluchte die Dobermann, um gleich darauf
festzustellen: »Das wissen die Täter aber nicht. Sie müssen davon ausgehen,
dass wir ihnen sofort gefolgt sind. Deshalb standen sie bei ihrer Flucht unter
enormem Zeitdruck und müssen in ihrer Planung einen baldigen Fahrzeugwechsel
vorgesehen haben.«
»’tschuldigung«, warf der Steifenbeamte ein, »aber
offensichtlich war es nur ein Einzeltäter. Zumindest hat die Mutter nur einen
Mann gesehen.«
Inzwischen waren auch die Mitarbeiter des K1 aus
Flensburg eingetroffen.
Lüder hatte sich auf eine stille Beobachterposition
zurückgezogen. Frauke Dobermann verschaffte sich einen ersten Überblick über
die Lage und erteilte nun ruhig, aber bestimmt ihre Anweisungen. Niemand machte
ihr die Rolle der Einsatzleiterin streitig.
Sie kümmerte sich gleichzeitig um verschiedene
Aufgaben. Sie hatte veranlasst, dass die Fahndung erweitert wurde, und
Unterstützung durch den Hubschrauber angefordert, während sie zwischendurch die
Spurensicherung anwies, die deutlich erkennbaren Reifenspuren, die das
Fluchtfahrzeug bei seinem Start mit durchdrehenden Reifen auf dem Asphalt hinterlassen
hatte, aufzunehmen. Es machte sich bemerkbar, dass Klaus Jürgensen nicht vor
Ort, sondern noch in Rendsburg beschäftigt war.
Zwischendurch hatte sie einem ihrer Mitarbeiter
zugerufen, dass sie Auskünfte über vor Kurzem gestohlene schwarze Golfs wünschte.
»Sofort«, hatte sie ihre Anweisung bekräftigt. Der jüngere Beamte aus ihrem
Team hatte nur genickt. Er war offensichtlich mit der Arbeitsweise seiner
Vorgesetzten bestens vertraut.
Lüder hätte die ganze Aktion auch nicht besser
organisieren können, gestand er sich ein. Die Frau war wirklich gut und
verstand ihr Handwerk perfekt. Ihr guter Ruf hatte seine Berechtigung.
Nachdem Frauke Dobermann alle erforderlichen Maßnahmen
eingeleitet hatte, sah sie Lüder an.
»Wollen Sie jetzt etwas von uns lernen, nachdem
Sie mir vorhin Ihren Kursus angeboten haben?«
Lüder zeigte ein Lächeln. »Darf ich Ihnen ein
Kompliment aussprechen? Das war wirklich gut.«
Sie winkte ab.
»Ich werde jetzt mit den Eltern sprechen.« Sie wartete
seine Antwort nicht ab, sondern ging ins Haus. Wortlos stapfte er hinterher.
Es war der übliche Grundschnitt eines Reihenhauses.
Zur Straße hin lag die Küche, gegenüber die Gästetoilette. Eine Treppe führte
von der kleinen Diele ins Obergeschoss. Das Wohnzimmer nahm die hintere Hälfte
des Hauses ein.
Am Esstisch aus hellem Kiefernholz saß ein
Rettungsassistent und füllte ein Protokoll aus. Sein Kollege stand neben ihm
und beobachtete die Schreibarbeit. Eine Anrichte und unsymmetrisch angebrachte
Regale bekleideten zwei Wandflächen. Darauf fanden sich Bücher, bunte
Accessoires, eine CD -Sammlung
sowie eine kompakte Stereoanlage einschließlich zweier Boxen. Natürlich fehlten
auch der Fernsehapparat und der DVD -Player
nicht. Der Fußboden war mit Kinderspielzeug bedeckt. Lüder schmunzelte still in
sich hinein, als er ein Bobbycar entdeckte.
Auf dem Sofa saß das Ehepaar Joost. Der Mann hatte
seine Arme um die Schultern der Frau gelegt, die fortwährend schluchzte und
sich die Augen mit einem zerknüllten Papiertaschentuch abtupfte.
Joachim Joost sah auf, als die beiden Beamten den Raum
betraten. Sein schmales Gesicht mit dem schütteren blonden Haar war blass. Er
blickte die beiden Beamten fragend an.
Frauke Dobermann stellte sich vor, ohne den Eltern die
Hand zu geben. Sie wich einem persönlichen Kontakt zu den Opfern aus,
versuchte, jeden Anflug von Mitgefühl zu vermeiden und sich sachlich auf die
Ermittlungsarbeit zu konzentrieren, stellte Lüder fest.
»Können Sie uns noch weitere Angaben zum Vorfall
machen? Jede Kleinigkeit ist für uns von Bedeutung.«
Sophie Joost schüttelte stumm den Kopf. »Warum nur?
Warum?«, fragte sie.
»Das würden wir auch gern wissen«, erwiderte Frauke
Dobermann. »Hat sich schon jemand bei Ihnen gemeldet?«
Jetzt antwortete der Vater mit einem Kopfschütteln.
»Wir können uns das nicht erklären«, sagte er mit
stockender Stimme. »Wir sind doch keine reichen Leute. Bei uns gibt es nichts
zu holen. Hier – sehen Sie selbst.« Er ließ seinen ausgestreckten Arm kreisen,
um auf die
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