Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Küstenfilz

Küstenfilz

Titel: Küstenfilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
Vom Netzwerk:
Einrichtung des Zimmers zu verweisen.
    »Haben Sie Verwandte, auf die es die Täter
möglicherweise abgesehen haben könnten?«
    Joachim Joost stutzte. Er brauchte einen Moment, um
Frauke Dobermanns Frage zu verstehen.
    »Sie meinen, reiche Eltern oder so?« Dann lachte er
zynisch auf. »Da gibt es niemanden, der als vermögend anzusehen ist. Wir sind
alle ganz normale Leute. Bürgerlicher Mittelstand, aber ohne reich zu sein.«
    »Und … und wenn es …« Die Mutter brach ihr Stammeln ab
und schluchzte. Beschützend nahm ihr Mann sie in den Arm.
    »Und wenn es ein Sexualstraftäter ist?«, hauchte
Sophie Joost im zweiten Versuch.
    Lüder registrierte anerkennend, dass die Dobermann
nicht den Versuch unternahm, diese Idee weit von sich zu weisen. Das wäre zwar
einfach gewesen, um die aufgebrachten Eltern zu beruhigen. Wenn sich aber diese
nicht auszuschließende Möglichkeit später als Tatmotiv herausstellen sollte,
würde es mit der Nachsorge für die sich betrogenen fühlenden Eltern umso
schwerer werden.
    »Wie sind die Kinder bekleidet?«, fragte die
Hauptkommissarin.
    Sophie Joost benötigte eine Weile, bis sie die Frage
beantwortet hatte.
    »Was machen Sie beruflich?«
    »Meine Frau kümmert sich um den Haushalt – und die
Kinder«, erklärte der Vater. Er hatte beim zweiten Teil des Satzes tief
schlucken müssen.
    »Und Sie?«
    »Ich bin Beamter in der Kreisverwaltung.«
    Lüder horchte auf. Auch Frauke Dobermann hatte
aufgemerkt. Lüder erkannte es an einem unmerklichen Zucken ihrer Augenwinkel.
    »In Schleswig?«
    »Ja.«
    »In welchem Dezernat sind Sie tätig?«
    »Ich bin der persönliche Referent des Landrats. Auch
heißt es nicht mehr Dezernat, sondern Fachbereich.«
    »Wir werden einen Beamten abstellen, der bei Ihnen
bleiben wird. Sie haben sicher keine Einwände dagegen, dass die Kollegen von
der Technik eine Installation vornehmen und eingehende Telefongespräche
aufzeichnen. Außerdem werden wir die Karte Ihres Handys in eines unserer Geräte
einbauen, damit wir Anrufe mitschneiden können.«
    Es waren keine Fragen, sondern Feststellungen, die die
Hauptkommissarin von sich gab. Die Betroffenen waren in solchen Situationen,
die sie nie zuvor erlebt hatten, zu überfordert, um selbst urteilsfähig zu
sein.
    Deshalb nickte Joachim Joost nur stumm, als die beiden
Beamten den Raum verließen.
    Vor der Tür sah die Dobermann noch einmal auf das
mobile Aufzeichnungsgerät, mit dem sie das Gespräch mitgeschnitten hatte. Dann
blickte sie Lüder an.
    »Merkwürdig. Es macht doch keinen Sinn, die Kinder
eines Beamten zu entführen, der keine vermögenden Verwandten in der Hinterhand
hat.«
    »Das erscheint dubios«, pflichtete Lüder ihr bei.
»Glauben Sie daran, dass die Kleinen Opfer eines Sexualtäters geworden sind?«
    »Hmmh«, antwortete sie unbestimmt. »Es ist in letzter
Konsequenz nicht auszuschließen.«
    »Sie wirkten überrascht, als Sie hörten, dass der
Vater in der Kreisverwaltung beschäftigt ist.«
    Sie sah Lüder an. »Finden Sie? Wie kommen Sie zu der
Vermutung?«
    »Ich habe Sie beobachtet.«
    »Unsinn«, erwiderte Frauke Dobermann. »Ihre
Beobachtungsgabe ist typisch für den höheren Dienst. Wenn Sie weniger am
Schreibtisch, dafür aber ein bisschen mehr im wahren Leben agieren würden,
wären Ihre Ansätze nicht so akademisch.«
    Eine leichte Zornesröte überzog das Gesicht der
Hauptkommissarin, als Lüder nur leise lächelte, statt zu antworten. Es behagte
ihr offenbar nicht, dass Lüder sie genau beobachtete.
    Ein junger Kriminalkommissar kam auf sie zu.
    »Ein schwarzer Golf ist in unserem Umkreis derzeit
nicht als gestohlen gemeldet. Aber gestern wurde ein dunkelgrüner Golf hier in
Schleswig entwendet. Es ist ein älteres Modell IV .
Der Eigentümer hat den Verlust heute Morgen bemerkt und der Polizei gemeldet.
Es ist ein junger Mann, der zähneknirschend bekannte, dass er hinsichtlich der
Diebstahlsicherung das Fahrzeug nicht aufgerüstet hat. Aber – wie gesagt – es
ist kein schwarzer Golf.«
    »Herrje noch mal«, brauste Frauke Dobermann auf.
»Schwarz oder dunkelgrün. Sucht den Wagen.«
    Mit gesenktem Kopf zog sich der Mitarbeiter ihres
Teams wieder zurück.
    »Wie wollen Sie weiter vorgehen?«, fragte Lüder.
    »Haben Sie das nicht gelernt, oder fehlt Ihnen das
Intuitive?«, gab sie zurück.
    Lüder spitzte die Lippen und deutete einen Pfiff an.
    »Donnerwetter. Sie sind ja wirklich bissig. Darf ich
raten? Vor Ihrer Heirat hießen Sie bestimmt nicht Frauke Rose?

Weitere Kostenlose Bücher