Küstenfilz
Schwindelei entschuldigen, können wir
ausspannen, ohne befürchten zu müssen, von jedem erkannt zu werden.«
»Das sind Dinge, die
weder unser Interesse wecken noch unserer Beurteilung unterliegen. Wir haben
Sie im Auftrag Ihres ehemaligen Ministers und des Landtagspräsidenten gesucht.«
Lüder ließ
unerwähnt, dass die Polizei auch dringend nach Verbindungen zwischen den beiden
Verbrechen in Schleswig und Windgrafs Rücktritt suchte.
»Ich verstehe nicht,
weshalb die Landesregierung oder der Landtagspräsident nach uns suchen lassen«,
mischte sich Frau Dr. Preuße-Windgraf ein. Ihre Stimme war eine Spur zu tief
und wirkte durch die Härte nicht feminin.
Bevor Lüder
antworten konnte, erklärte ihr Mann: »Es geht nicht nur um den Rücktritt,
sondern auch um die mysteriöse Geldüberweisung auf unserer Schweizer Konto.«
»Die du nicht zu
vertreten hast. Wir wissen nicht, woher das Geld stammt. Und du hast es sofort
dem Minister und dem Landtagspräsidenten gemeldet und den Betrag dort
deponiert.«
»Das stimmt alles«,
mischte sich Lüder ein, bevor die Diskussion zwischen den Eheleuten weiter
eskalierte. »Es liegt auch kein Verdacht auf Bestechlichkeit gegen Ihren Mann
vor.« Lüder hatte dabei die Ehefrau angesehen. Ohne es auszusprechen, dachte er
dabei an das Schweizer Ehepaar Jäcki, die einen vermutlich nicht unerheblichen
Betrag an der Schlei investieren wollten. Das war schon die zweite Spur, die in
das Geldparadies in den Alpen führte. »Warum sind Sie so überraschend von Ihrem
Amt zurückgetreten, wenn Sie weder den Urheber des Bestechungsversuches noch
den Grund dafür kennen?«
Windgraf fuhr sich
mit der Hand über den Hals. »Das Ganze ist sehr rätselhaft. Schließlich handelt
es sich bei einem Betrag von siebenhunderttausend Euro um eine sehr hohe
Summe.«
»Niemand wird so
viel Geld für nichts aus dem Fenster werfen«, überlegte Lüder laut und dachte
an die Geldangebote, die Rasmussen, Petersen und Joost unterbreitet wurden. Im
Vergleich waren die Beträge für Joost und auch die Bestechungssumme für den
Schleswiger Beamten Manthling wahre Peanuts. »Irgendwer muss ein massives
Interesse daran haben, Sie entweder auf seine Seite zu ziehen oder Sie mit dem
Erpressungsversuch politisch so unmöglich zu machen, dass Sie kaltgestellt
werden.«
Das Ehepaar Windgraf
wechselte einen raschen Blick, der den beiden Polizeibeamten nicht entgangen
war.
»Für all das gibt es
keine rationale Erklärung«, sagte die Ehefrau.
»Sie haben sich
nichts vorzuwerfen und den Fall sofort gemeldet«, sagte Lüder.
»Ich denke, dass ist
eine ganz persönliche Entscheid…«, sagte Frau Windgraf. Ihr Mann unterbrach sie
aber mit einer Handbewegung.
»Es gibt auch ein
Leben außerhalb der Politik und ein Leben nach der Politik. Ich
habe Verantwortung für die Bürger Schleswig-Holsteins getragen. Die gleiche
Bürde obliegt mir aber auch für meine Familie. Meine Vorfahren sind seit
Generationen der Rechtspflege in Dithmarschen verbunden. Es ist nahezu
undenkbar, dass unsere Kinder nicht Juristen werden.« Windgraf sah zum Ende des
Grundstücks, wo seine Tochter mit einem Stock in der Alsenz herumstocherte und
aufsah, als ein Triebwagen über die Bahngleise rumpelte. »Leider fragen die
Medien, zumindest nicht alle, aber auch der politische Gegner nicht nach
objektiven Tatbeständen. Für die Auflage ist es viel spektakulärer, die als
Vermutung umkleidete Behauptung in den Raum zu stellen, dass der Staatssekretär
korrumpierbar ist. Den letzten Halbsatz, dass es sich um einen gescheiterten
Versuch handelt, liest keiner mehr. Und den meisten fällt es schwer, zu
verstehen, dass ein Unbekannter undenkbar viel Geld ausgibt, ohne einen
konkreten Grund zu haben. Das ruft einen Untersuchungsausschuss ins Leben, in
dem die Fakten unwichtig werden. Da werden nur noch parteitaktische
Überlegungen artikuliert. Ich wollte nicht, dass das auf Kosten meiner Familie
erfolgt. Und meiner Zukunft, die ich in Meldorf als Partner meines Vaters in
der Kanzlei sehe.«
Wenn das wirklich
die Gedanken des Mannes waren, dachte Lüder, dann war er einer der wenigen
Politiker mit unverrückbaren ethischen Grundsätzen. Diese Idee wurde aber
sogleich von einer Anmerkung der Ehefrau zerstört.
»Darüber hinaus gab
es auch Drohungen gegen die Familie. Das konnten wir unserem Kind nicht
zumuten«, sagte Dr. Preuße-Windgraf.
Der ehemalige
Staatssekretär nickte. »Das stimmt. Meine Frau erreichten telefonische
Drohungen,
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