Küstenfilz
Liste.
»Ich weiß nicht, ob
Sie diese Daten einsehen oder gar mitnehmen dürfen«, warf Dr. Diedrichsen ein.
»Der Minister hat
dem ausdrücklich zugestimmt.«
»Vielleicht hat er
die Konsequenzen nicht überblickt«, bemerkte der Abteilungsleiter, war sich
aber sofort bewusst, dass in dieser Bemerkung eine Kritik an seinem Minister
steckte. Lüder sah ihn deshalb auch nur kurz an. Der Beamte schluckte und
schwieg.
Als Lüder seine
Notizen abgeschlossen hatte, warf Dr. Diedrichsen über Lüders Kopf einen
neugierigen Blick darauf.
»Wenn Sie möchten,
helfe ich Ihnen bei der Identifikation der Rufnummern«, bot er an und zog ein
Handheld hervor, als Lüder nickte.
Gemeinsam gingen sie
die Liste der Telefonnummern durch. Zu einem großen Teil konnte Dr. Diedrichsen
den Namen des anderen Teilnehmers beisteuern. Es blieben weniger als eine
Handvoll nicht identifizierter Rufnummern übrig, mit denen Lüder sich in sein
Büro im Landeskriminalamt zurückzog.
Er war erstaunt, als
dort Frauke Dobermann auf ihn wartete.
»Ich hatte in der Rechtsmedizin
zu tun«, erklärte sie. »Und da ich schon einmal in der heiß geliebten
Landeshauptstadt bin«, sagte sie betont, »wollte ich die Gelegenheit
nutzen, mit Ihnen zu sprechen.« Sie sah auf die Uhr. »Wie wär’s? Laden Sie mich
zum Essen in die Kantine ein?«
Wenig später saßen
sie sich an einem Resopaltisch gegenüber. Die Hauptkommissarin berichtete noch
einmal vom Stand der bisherigen Ermittlungen, während Lüder sie über seine
neuen Ergebnisse in Kenntnis setzte.
Den Kaffee tranken
sie in seinem Büro. Lüder wartete ungeduldig darauf, dass sich die
Flensburgerin verabschiedete, aber Frauke Dobermann wollte noch mithören, ob
Lüders Nachforschungen nach den Telefonnummern aus Windgrafs Handy erfolgreich
waren.
Die erste Rufnummer
gehörte einem Zahnarzt. Unter der zweiten Nummer meldete sich ein
Anrufbeantworter, und eine munter klingende Frauenstimme erklärte, dass
»Barbara und Michael« nicht zu Hause seien, aber gern zurückrufen würden, wenn
man eine Nachricht für sie hinterlasse.
Die dritte
unbekannte Rufnummer gehörte der Meldorfer Gelehrtenschule, dem Gymnasium der
ehemaligen Dithmarscher Hauptstadt. Es folgte das Sekretariat des Golfclubs
»Gut Apeldör«, der ebenfalls unweit von Windgrafs Heimatstadt angesiedelt ist.
Die nächste Telefonnummer gehörte ebenfalls einem Golfclub.
»Sagt Ihnen der
Donnersberg etwas?«, fragte Frauke Dobermann, nachdem sich am anderen Ende der
Leitung jemand mit »Golfclub am Donnersberg« gemeldet hatte.
Lüder musste passen.
Es war wie so häufig, dass man einen Begriff schon einmal gehört hatte, aber
ihn im Augenblick nicht zuordnen konnte. Er gab den Namen als Suchbegriff auf
seinem Rechner ein und erfuhr, dass der Donnersberg die höchste Erhebung der
Pfalz ist und im Nordpfälzer Bergland zwischen Kaiserslautern, Ludwigshafen und
Worms liegt.
Interessant, dass
Windgraf mit dem dortigen Golfclub telefoniert hatte, und zwar am Tag seines
überraschenden Rücktritts. Man sollte annehmen, dass einen Menschen in einer
solchen Situation andere Sorgen als das Interesse an seinem Sport plagen.
Die letzte Nummer
hatte eine ähnliche Vorwahl wie der Golfclub.
»Hotel
Klostermühle«, meldete sich eine sympathische Männerstimme.
»Holstein«, meldete
sich Lüder, was Frauke Dobermann mit einem Lächeln quittierte. Es stand ihr
gut, überlegte Lüder, besser als der ernste, manchmal verbissen wirkende Zug um
die Mundwinkel. »Ich hätte gern Herrn Windgraf gesprochen.«
Der junge Mann am
anderen Ende zögerte einen Moment. »Windgraf? Soll der bei uns Gast sein? Der
Name sagt mir nichts.«
»Entschuldigung«,
erwiderte Lüder. »Das ist ein Freund von uns. So nennen wir ihn bei uns in
Dithmarschen. Er hat nämlich einen runden Geburtstag, und nun ist der Feigling
mit seiner Familie geflüchtet. Wir wollen ihn aber trotzdem überraschen.«
»Ich verstehe«,
sagte die freundliche Stimme im Telefon. »Das kann nur die Familie Müller
sein.«
»Der ›alte‹ Müller.
Na, so was. Glaubt der doch glatt, sich mit seinem Spitznamen vor seinem
Geburtstag drücken zu können. Nur sein Auto mit dem Kennzeichen › HEI ‹ hat ihn verraten. Und seine Frau
und Tochter sind bestimmt auch da.«
»Dann haben Sie
Ihren Freund gefunden«, bestätigte der Mann vom Hotel. »Die Familie Müller ist
vorhin weggefahren. Kann ich etwas ausrichten?«
»Nein, danke«, sagte
Lüder. »Das soll eine Überraschung werden. Der
Weitere Kostenlose Bücher