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Küstenfilz

Küstenfilz

Titel: Küstenfilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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Terrasseneingang des Hotels zurückkehrte. Auch Lüder
spürte, dass die Wirkung des Weins bei ihm nicht folgenlos geblieben war.
    Frauke Dobermann und
Lüder saßen sich an einem Zweiertisch in einer Fensternische des vieleckigen
Hotelrestaurants gegenüber. Die Hauptkommissarin griff zu ihrem Sherryglas und
zeigte damit auf das Mineralwasser, das vor Lüder stand. »Ist das Vernunft?
Oder die Konsequenz aus dem Alkohol, den Ihre Männerrunde vorhin
genossen hat?«
    Lüder zog es vor,
nicht zu antworten.
    »Ich empfand es als
nicht zeitgemäßes Machogehabe, dass Sie mich vorhin von dem Gespräch mit
Windgraf ausgeschlossen haben.«
    »Sie verdrehen die
Fakten, meine Liebste.«
    »Ich bin nicht Ihre
Liebste«, fauchte sie dazwischen.
    »Wie dem auch sei.
Heiner Windgraf hat darauf bestanden, mit mir allein zu sprechen. Ich glaube
nicht, dass er die Dinge so ausgebreitet hätte, wenn wir zu dritt gewesen
wären.«
    »Ihren Zweifel kann
ich nicht teilen. Jedenfalls ist es ein tolle Geschichte, die er sich
zurechtgelegt hat.«
    Lüder hatte der
Hauptkommissarin in groben Zügen vom Inhalt seines Gesprächs berichtet. Er
hatte Windgraf Vertraulichkeit zugesichert, war aber absolut davon überzeugt,
dass er diese auch bei Frauke Dobermann voraussetzen konnte. Wenn er ihr
gegenüber geschwiegen hätte, wäre nicht nur Misstrauen zwischen ihnen
entstanden, sondern Lüder hätte auch auf die Mitwirkung der Kollegin und ihre
wichtigen Ideen verzichten müssen.
    Sie sahen beide zur
Familie Windgraf hinüber, die an einem Tisch am anderen Ende des Restaurants zu
Abend aß.
    »Betrachten Sie es
bitte nicht als Geringschätzung«, hatte Heiner Windgraf gesagt und um
Verständnis gebeten, »aber meine Frau und insbesondere meine Tochter benötigen
jetzt meine Aufmerksamkeit.«
    Frauke Dobermann
hatte bereits die Antipasti gegessen. Jetzt sah sie auf Bandnudeln mit
Champignons, Thymian und Parmesan, während Lüder sich über Variationen von
hausgemachtem Saumagen freute.
    Mein Vater hätte
seine wahre Freude an diesem rustikalen Gericht, dachte er.
    »Was hat Frau Dr.
Preuße-Windgraf in der Zwischenzeit zum Besten gegeben?«, fragte er zwischen
zwei Bissen.
    »Nichts. Die Frau
ist verschwiegen wie eine waschechte Dithmarscherin. Dabei stammt sie aus der
Nähe von Wuppertal. Die beiden haben sich während des Studiums kennengelernt.«
    »In Kiel?«
    »Ich nehme an, da
haben Sie Jura studiert. Nein, Windgraf war auf einer renommierten Uni. In
Münster«, lästerte die Hauptkommissarin. »Ich habe aber nicht nur das
›Damenprogramm‹ über mich ergehen lassen, sondern mich auch um die Logistik
gekümmert, während Sie dienstlich Wein konsumiert haben.«
    »Was will der
Dichter damit sagen?«
    »Wollen Sie heute
noch zurückfahren?«
    »Kaum«, gab Lüder
zu. »Wir werden sicher ein Hotel finden.«
    »Dies ist das
einzige im weiten Umkreis. Ich war ein paar Schritte im Dorf unterwegs. Die
Hauptstraße sieht aus wie in Frankreich.«
    »Wie soll ich das
verstehen?«
    »Die Häuser machen
zum Teil einen fast verfallenen Eindruck, und viele von ihnen könnten Farbe
gebrauchen. Dafür habe ich den Dorfladen entdeckt. Auf kleinster Fläche wird
dort ein erstaunenswertes Sortiment angeboten. Ich habe Zahnbürsten und für Sie
etwas zum Rasieren erworben.«
    »Danke. Und was ist
nun mit dem Hotel? Wir könnten doch hier übernachten?«
    Frauke Dobermann zeigte
in die Runde des Restaurants. Fast alle Tische waren inzwischen besetzt.
    »Die sind
ausgebucht.«
    »Was?« Lüder war
erstaunt.
    »So gut – wie. Es
gab lediglich ein Zimmer.«
    »Das haben Sie
hoffentlich genommen?«
    »Natürlich.« Sie
griff zu ihrem Weinglas und prostete ihm zu. »Es war das letzte. Ein
Doppelzimmer.« Dann lächelte sie verschmitzt.
    »Das geht doch
nicht. Wir können doch …« Lüder unterbrach seinen Satz, winkte der Bedienung,
einer jungen Frau, zu, und bestellte sich ein großes Bier der regionalen Brauerei.

NEUN
    Es war ein
wolkenloser blassblauer Himmel. Die Helligkeit war schon vor einer Stunde aus
dem Osten gekommen, langsam und fast unmerklich. Nur wenige Menschen hatten das
registriert, weil die Mehrheit zu dieser frühen Stunde noch schlief.
    Bashkim Ahmeti
genoss die morgendliche Stille. Ihn störte das frühe Aufstehen nicht. Die
Deutschen sind fleißig und klagen nicht über ungünstige Arbeitszeiten, pflegte
er zu erklären. In dieser Feststellung schwang der Stolz mit, deutscher
Staatsbürger zu sein. Und nicht nur das. Er war auch noch

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