Küstenfilz
Beamte vier
grüne Sterne als Dienstgradabzeichen führte. Er setzte sich seine Mütze auf und
kam auf die beiden Männer von der Stadtreinigung zu.
»Moin. Sie haben
einen verdächtigen Fund gemacht?«
Pulle nickte und
wies auf das Bündel.
Während der jüngere
Beamte das tote Kind in Augenschein nahm, fragte sein Kollege: »Wer hat das
entdeckt?«
»Ich, nein wir«,
antwortete Pulle und kratzte sich erneut am Hinterkopf. Dann zeigte er auf den
bleichen Bashkim. »Eigentlich er.«
Der jüngere Beamte
war vom Brunnen zurückgekehrt und auf dem Weg zum Streifenwagen.
»Ich verständige die
Kripo«, sagte er im Vorbeigehen.
Der ältere Beamte
zupfte Bashkim am Ärmel. »Kommen Sie ein Stück nach da drüben«, sagte er und
zog ihn in Richtung der Möbel des Straßencafés.
Dann warteten sie
eine Weile, bis ein Opel Vectra auftauchte, dem ein junger Mann entstieg.
»Das ist Kommissar
Holtgrebe von der Kripo«, erklärte der Streifenbeamte Bashkim. Der zuckte
unwillkürlich zusammen. Ein Kommissar. Und dann von der Kripo. So etwas kannte
er nur vom Fernsehen. Ihm erschien der »Polizeichef« noch sehr jung. Und
überhaupt … Polizisten, die keine Uniform trugen, waren ihm nicht ganz geheuer.
Der Kommissar machte
einen freundlichen Eindruck und grüßte mit »Moin«. Dann sah er sich das tote
Kind an, wechselte ein paar Worte mit den beiden uniformierten Polizisten und
kam auf Bashkim zu.
»Sie haben es
gefunden?«, fragte er.
Der städtische
Arbeiter nickte, während Holtgrebe ein kleines Notizbuch hervorzog.
»Wie ist Ihr Name?«
»Bashkim Ahmeti. Ich
bin Deutscher«, versicherte er ungefragt und zauberte mit dieser Feststellung
den Anflug eines Lächelns auf Holtgrebes Antlitz.
»Lassen Sie, ich
glaube Ihnen«, sagte der Kommissar, als Bashkim in seinem Arbeitsanzug
vergeblich nach seinem Ausweis kramte.
Dann ließ sich der
Kripobeamte erklären, wie Bashkim das Kind entdeckt hatte.
»Das ist eine
schlimm Sache«, schloss der Mann in der orangefarbenen Kluft. »Ich versteh das
nicht, Herr Kommissar. Ich hab selbst zwei Kinder. Kinder sind das Leben. Mein
Frau und ich sind so stolz auf unsere Söhn. Wer macht so was? Legt totes Kind
in Brunnen.« Traurig schüttelte Bashkim sein langsam grau werdendes Haupt. Dann
kramte er wieder in seinen Taschen. »Schade. Ich hab kein Bild von meine Söhn
dabei. Ich hätt Ihnen gern gezeigt.«
Danach waren zwei
weitere Fahrzeuge eingetroffen, aus denen mehrere Männer stiegen. Bashkim kam
sich jetzt ein wenig verloren vor. Niemand kümmerte sich mehr um ihn. Er
beobachtete, wie die Leute einen Sichtschutz rund um die Fundstelle aufbauten.
Trotz der frühen Stunde hatte sich eine Reihe von Schaulustigen eingefunden.
Das Kommando führte
ein kleiner, fast glatzköpfiger Mann, der sich fortwährend räusperte und
zwischendurch auch niesen musste.
Bashkim war ein
wenig enttäuscht, dass sich keiner der anwesenden Beamten mehr für ihn
interessierte. Schließlich registrierte Kommissar Holtgrebe, dass er immer noch
am Rande stand und geduldig wartete.
»Vielen Dank, Herr
Ahmeti. Sie haben uns sehr geholfen. Wir brauchen Sie im Moment nicht mehr.
Falls wir noch Fragen haben sollten, werden wir uns an Sie wenden.« Der
Kommissar reichte ihm sogar, ohne zu zögern, die Hand, obwohl er, Bashkim,
schmutzige Hände vom Straßenreinigen hatte.
Der Vorarbeiter
klopfte ihm auf die Schulter.
»Los, Junge, nun
aber volle Pulle ran an die Arbeit. Wir haben einiges aufzuholen.«
*
Es schien, als hätte sich alles gegen sie verschworen.
Sie waren von einem Stau in den nächsten geraten, obwohl das Navigationsgerät
fortwährend mit der Meldung kam: »Die Route wird auf Grund aktueller
Verkehrsmeldungen neu berechnet.«
Doch der Bordcomputer war nicht der Einzige, der
Schwerstarbeit leistete.
Frauke Dobermann und Lüder hatten beim Frühstück im
Hotel in Münchweiler gesessen, als das Handy der Hauptkommissarin klingelte.
Sie hatte sich gemeldet, einen Moment stumm gelauscht und war dann
aufgestanden, um das Gespräch außerhalb des Gastraums fortzusetzen.
Lüder hatte den Eindruck, dass seine Kollegin
überhaupt nicht mehr an den Frühstückstisch zurückkehren wollte. Sie war
ohnehin sehr einsilbig gewesen, nachdem sich am Vorabend herausgestellt hatte,
dass ein glücklicher Umstand, das Fernbleiben eines anderen Hotelgastes, ein
weiteres Zimmer erbrachte und Lüder nicht mit Frauke Dobermann in einem Raum
hatte übernachten müssen.
Es hatte ewig gedauert, bis die
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