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Küstenfilz

Küstenfilz

Titel: Küstenfilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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Protokoll steht?«
    Von Halenberg seufzte, holte tief Luft und sagte
leise: »Es war am Rande der Ausschusssitzung. Wir haben im kleinen Kreise über
ein Vorhaben gesprochen, das einige wenige beschäftigt.«
    »Wer war der ›kleine Kreis‹?«
    »Rasmussen und ich.«
    »Ein sehr kleiner Kreis. War Manthling daran
beteiligt, oder kann er etwas von Ihrem Gespräch mitbekommen haben?«
    »Um Gottes willen. Manthling sollte das Protokoll
führen. Vertrauliche Details sind nichts für seine Ohren.«
    »Da haben Sie aber Glück gehabt, sonst hätte Ihr
bestechlicher Mitarbeiter das weitergetragen.«
    Erneut atmete der Landrat tief durch. »Da haben Sie
recht.«
    »Also, noch einmal. Um welches Thema ging es?«
    Von Halenberg sah Lüder eine Weile an, bevor er
antwortete: »Um die Ansiedlung eines größeren Industrieunternehmens an der
Schlei. Das bringt Arbeit und Wohlstand. So ein Vorhaben weckt natürlich
Begehrlichkeiten, wenn es vor der Zeit publik wird.«
    Lüder registrierte, dass der Landrat jeden Hinweis auf
ein Atomkraftwerk vermied.
    »Waren Sie unterschiedlicher Auffassung dieses
Vorhaben betreffend?«
    »Es gibt in der Politik nicht nur Schwarz und Weiß«,
versuchte von Halenberg auszuweichen.
    »Beantworten Sie bitte meine Frage.«
    »Für jede Sache gibt es unterschiedliche
Betrachtungsweisen. Man muss sorgfältig alle Seiten abwägen. Vielleicht ergeben
sich bei gründlichem Nachdenken auch Alternativen. Deshalb kann man Ihre Frage
nicht mit Ja oder Nein beantworten.«
    Lüder lächelte. »Das bewundere ich stets an den
Antworten der Politiker. Sie schaffen es, mit gesetzten Formulierungen nichts
zu sagen. Darum lassen Sie mich raten: Holger Rasmussen ist der heimatlichen
Scholle verbunden und Landwirt. Seine Familie siedelt seit Generationen an der
Schlei. Der Mann ist ganz bestimmt nicht an der Ansiedelung eines
Industrieunternehmens interessiert. Im Unterschied zu Ihnen.«
    Der Landrat zuckte nur hilflos mit den Schultern.
    Für Lüder hatte sich ein großer Widerspruch aufgetan.
Am Vortag hatte der ehemalige Staatssekretär im Garten der ›Klostermühle‹ davon
gesprochen, dass Henrik Graf von Halenberg ein leidenschaftlicher Gegner des
geplanten Atomkraftwerks sei. Es gebe nicht nur sachliche Argumente gegen
dieses Vorhaben, sondern der Landrat fürchte auch um die Wählerstimmen, wenn er
sich für den Bau aussprechen würde. Und heute bekundete von Halenberg eine
Pro-Kraftwerk-Einstellung. Was hatte den Gesinnungswandel des Politikers
veranlasst? Im ärgsten aller Fälle war der umtriebige Wirtschaftsanwalt Dr. Dr.
Buurhove vorstellig geworden und hatte mit einem Geldbündel oder anderen
Versprechungen gelockt.
    Nachdenklich machte sich Lüder auf den Heimweg nach
Kiel und war froh, dass einer der beiden Kriminaltechniker das Fahren übernahm.

ZEHN
    Gedämpftes
Stimmengemurmel durchdrang den Besprechungsraum der Flensburger Kripo. Ein
rundes Dutzend Männer und Frauen hatte sich eingefunden und unterhielt sich
leise, bis die Aufmerksamkeit durch das energische Klopfen eines
Kugelschreibers auf der Tischfläche angezogen wurde.
    »Guten Morgen«,
begrüßte Frauke Dobermann die Versammlung. »Ich hoffe, Sie sind alle
ausgeschlafen zu dieser frühen Stunde.« Sie warf einen Blick auf die Wanduhr.
Es war gerade acht Uhr. »Besonders begrüßen möchte ich die Kollegen Holtgrebe
aus Schleswig und Mommsen aus Husum, die uns vorübergehend unterstützen werden.
Ich gebe Ihnen erst einmal einen Überblick über die Lage.«
    Routiniert und
präzise berichtete die Hauptkommissarin über den Stand der Ermittlungen in
Sachen Entführung der beiden Kinder und Ermordung des kleinen Josh. Unerwähnt
ließ sie die mutmaßlichen Verbindungen zu den anderen Straftaten. Ebenso
vermied sie jede Andeutung hinsichtlich des geplanten Atomkraftwerks an der
Schlei.
    Als sie ihren
Vortrag beendet hatte, wandte sie sich an den Leiter der Spurensicherung, der
neben ihr saß.
    »Der Kollege
Jürgensen wird uns nun über die bisherigen Ergebnisse der Kriminaltechnik
berichten.«
    Der kleine
Hauptkommissar fingerte an dem Notebook herum, das vor ihm stand, bat einen Beamten,
das Licht zu dimmen, und warf mit dem angeschlossenen Beamer mehrere Aufnahmen
des Fundortes auf ein Whiteboard. Dazu erklärte er die Situation am Brunnen auf
Schleswigs Rathausmarkt. Als er Aufnahmen des toten Kindes zeigte, ging ein
Raunen durch den Raum. Die Begegnung mit Tod und Gewalt gehörte zum Geschäft
der Frauen und Männer, aber wenn ein

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