Küstengold: Kriminalroman (German Edition)
schnappen, aber die übelsten Täter sind tot
oder gefasst.«
Oder flanieren
im Kieler Rathaus, dachte sich Kommissar Hansen. Aber Magnussen war eindeutig am
Ruder.
»Ich möchte
Ihnen eine Lichtgestalt der nordischen Wirtschaft vorstellen. Unser Gernot Meyer.
Ratsherr seit 2009 und neuerdings Förderer der Kieler Polizeiarbeit. Er hat uns
gerade eine Spende über 25.000 Euro übergeben.«
Kommissar
Hansen nickte freundlich, wenngleich er diesem Meyer dienstprivat gerne einige Fragen
gestellt hätte.
Polizeidirektor
Magnussen ergriff erneut das Wort. »Ratsherr Meyer und ich wünschen uns, dass Sie,
verehrte Kollegen Hansen und Fingerloos, mit Hilfe dieser großzügigen finanziellen
Ausstattung eine Polizeisportschau hinlegen, die sich gewaschen hat.«
Wenigstens
Fingerloos hatte den Mut, eine knappe Nachfrage zu starten. »Und wenn nicht? Also
theoretisch.«
»Timbuktu.«
Magnussens Antwort war ausweglos.
Die Ausführungen des Direktors zur
Polizeisportschau gestalteten sich anschließend ausführlicher. »Sie werden dazu
für ein halbes Jahr vom normalen Dienst freigestellt, meine Herren. Bieten Sie mit
dem Geld vom Ratsherrn Meyer der Landeshauptstadt eine Show, wie sie sie noch nicht
gesehen hat. Mein Tipp: weniger Motorräder, mehr weiche Masse.«
Hansen fragte
vorsichtig nach. »Weiche Masse?«
»Titten,
Herr Hauptkommissar.«
Hansen nickte
verständig.
Launig verabschiedete
sich der Polizeidirektor mit dem Ratsherrn Meyer von den beiden Kommissaren. »Abtreten.«
Hansen salutierte freundlich dem
Herrn, der seine Geschicke bestimmte. Und dessem großzügigen Sponsor. Dann warteten
Fingerloos und er ab, bis beide auf dem Flur entschwunden waren.
Aus der
Ferne hallte von den beiden Abmarschierenden ein vertrautes Lied aus den leeren
Gängen der Polizeidirektion. »Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Schönste
auf der Welt.«
Fingerloos
schüttelte sich, als wenn er sich von Ungeziefer befreien würde.
Hansen fand
zuerst seine Sprache wieder. »Widerlich, sich mit Geld reinzuwaschen.« Dann reichte
der Kommissar seinem verdutzten Kollegen Fingerloos die Hand.
»Nenn mich
weiter Konrad. Lass es einfach dabei bewenden, Pferdi.«
Am Ende des Tages
Stuhr hatte sich gestern einen richtig
schönen Abend gemacht. Sogar Petra Bester hatte ihn noch kurz angerufen und ihm
die letzten Neuigkeiten mitgeteilt. Mit Madeleine Riemenscheidt, der Mutter von
Meyer-Riemenscheidt, hatten die Kollegen von der Rundschau inzwischen Kontakt aufgenommen.
Die Dame behauptete steif und fest, Stuhr zu kennen.
Stuhr fiel
es wie Schuppen von den Augen. Das musste die Madeleine aus der feuchtfröhlichen
Runde mit Titti und Verena auf der Terrasse des Hotels Ambassador in St. Peter-Ording
gewesen sein. Wenn die tatsächlich mit Granaten-Meyer einen gemeinsamen Sohn hatte,
dann musste sie in ihrem Leben schon vor dessen gewaltsamen Tod einiges durchgemacht
haben.
Petra war
in der Stunde ihres Triumphes sehr redselig. Es war schwierig, sie einigermaßen
freundlich abzuwimmeln.
Daraufhin hatte Stuhr noch bis tief
in die Nacht hinein nahe der warmen Heizung alle möglichen Reportagen über die im
endlosen Dauerregen verschlammte Demonstration in Brokdorf am Fernseher verfolgt.
Die Demonstranten waren diesmal allerdings weniger von Wasserwerfern durchnässt
worden, sondern vielmehr von den Schleusen des Himmels. Der Frust schien aber genauso
tief wie seinerzeit zu sitzen.
»Was nützt
es, hier stundenlang im Matsch gegen die Atomkraft zu demonstrieren, wenn die smarten
Energiebosse am Strand von Barbados bereits neue Strategien gegen die Verbraucher
austüfteln«, schrie eine frustrierte jugendliche Demonstrantin auf dem Rückmarsch
in ein Reportermikrofon. Stuhr war sich allerdings sicher, dass sie auf dem Metal
Open Air in Wacken trotz infernalischen Lärms weitaus länger durchgehalten hätte.
Die Zeiten
hatten sich schlicht geändert. Trotz der Atomkatastrophe in Fukushima war die Luft
in Brokdorf heraus. Nicht einmal die vermummten Autonomen im Schwarzen Block hatten
zugeschlagen, und weniger als 30 verletzte Polizisten wurden im Fernsehen gemeldet.
Das war lächerlich.
Heute am Sonntagmorgen hätte er
gern länger ausgeschlafen, aber der Zusteller der Sonntagszeitung klingelte ihn
schon morgens um acht gnadenlos aus dem Bett. Wie immer drückte sich Stuhr einen
Kaffee aus seiner Maschine und zog sich mit seiner dicken Lektüre genüsslich in
das warme Bett zurück. 100.000 Demonstranten fordern
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