Kullmann
fort hinaus in den sonnigen Hof.
»Anke, wie schön, dich heute hier zu sehen«, kam Robert auf sie zu. Mit seinen himmelblauen Augen strahlte er sie an, dass Anke sofort ihre Zweifel in weite Ferne schob. Welch eine Ausstrahlung er doch hatte, staunte sie. Er trug Reithosen, die seine sportliche Figur betonten, und ein blaues Hemd, das sein ebenmäßiges Gesicht noch freundlicher wirken ließ. Er weiß sich zu kleiden, dachte Anke und kam sich neben ihm so gewöhnlich vor. Wie immer trug sie eine verwaschene Jeans und ein weites T-Shirt. Vielleicht sollte sie an ihrer Garderobe etwas ändern.
Biehler kam mit seinem Fuchswallach aus dem Stall, von dem Anke vor wenigen Minuten fast umgerannt worden wäre. Er stieg auf das große Pferd auf und ritt auf den Außenplatz, der voller Hindernisse stand.
»Ich gestehe dir, dass ich eben etwas von eurem Gespräch mitbekommen habe«, meinte Anke, während sie nach draußen blickte.
»Das möchte ich dir erklären!«
Verwundert über die Ernsthaftigkeit, mit der Robert plötzlich sprach, schaute Anke ihn an.
»Es ist ganz einfach: ich habe viel Geld von meiner Tante Katharina geerbt. Sie war Patientin in dem Altenheim, in dem ich als Altenpfleger arbeite. Sie hat keine Familie. Was spricht also dagegen, dass sie ihren einzigen Neffen beerbt?«
»Nichts. Nur was stört Peter Biehler daran? Hat er auch einen Anspruch auf das Geld?«
»Nein, er hat von einer früheren Freundin den Floh ins Ohr gesetzt bekommen, dass es kein Zufall ist, dass die Tante wenige Tage, nachdem sie das Testament aufgesetzt hatte, gestorben ist.«
»Biehler meint also, du hättest nachgeholfen?«, staunte Anke über die grausame Bedeutung dieser Unterstellung.
Robert nickte.
»Wie kann diese frühere Freundin so etwas behaupten? Arbeitet sie auch in dem Altenheim?«
»Nein, ich kenne diese Frau nicht. Angeblich hatte sie einen Verwandten in unserem Altenheim, der dort ebenfalls plötzlich verstorben ist. Das Problem ist, dass alte Menschen sterben, nur wollen die Angehörigen das nicht einsehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass in unserem Haus Sterbehilfe geleistet wird.«
»In letzter Zeit sind in Deutschland einige Fälle von Sterbehilfe in Altenheimen aufgedeckt worden. Da wird die Polizei gleich hellhörig, wenn ein älterer Patient unter verdächtigen Umständen stirbt. Kein normal denkender Altenpfleger würde dieses Risiko eingehen«, stimmte Anke zu.
Als sie sich dem Reitplatz näherten, hörten sie ein lautes Streitgespräch zwischen Peter Biehler und Nadja Basten. Gemeinsam mit einem anderen Reiter war Nadja damit beschäftigt, die Hindernisse zu einem Parcours umzubauen, der in der Springstunde trainiert werden sollte. Sie warf die Stangen eines Oxers auf den Boden und stellte die Ständer an einen anderen Platz, als Biehler sie laut anschrie: »Stell das Hindernis gefälligst wieder so hin, wie es gestanden hat. Was meinst du, warum ich mir das so aufbaue?«
Ein kleiner braun-weiß gescheckter Hund sprang immer zwischen Nadja und Biehler hin und her und bellte den Reiter unentwegt an.
Nadja schaute Biehler böse an und giftete zurück: »Jeder hier weiß, dass heute Springstunde ist, und jeder weiß, dass man dafür einen Parcours aufbauen muss. Nur du nicht. Wenn du springen willst, dann mach das an einem anderen Tag.«
Aber Biehler wollte nicht nachgeben. Unwirsch blaffte er zurück: »Dann bau doch wenigstens etwas auf, das man springen kann, und wirf nicht alles durcheinander.«
Immer noch bellte der kleine Hund dazwischen, dass Anke Mühe hatte, alles zu verstehen.
»Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich hier Hindernisse aufbaue, während du ohne Rücksicht darüber springst.« »Das darf doch nicht wahr sein!«, schrie Biehler außer sich.
Aber für Nadja war das Thema erledigt. Gerade zum Trotz ließ sie alle Stangen kreuz und quer auf dem Boden liegen, damit Biehler gar keine Möglichkeit zum Springen hatte. Ihm blieb nichts anderes übrig, als um den Stangensalat herumzureiten. Nur der kleine Hund hatte eine Riesenfreude an dem Wirrwarr. Munter sprang er von allen Seiten darüber und freute sich über das Lob, das er von Nadja dafür bekam.
Nadja wollte gerade den Reitplatz verlassen, als Biehler ganz dicht an ihr vorbei ritt, sodass sie schon befürchtete, er wollte sie umreiten.
»Du wirst mich noch kennen lernen, Fräuleinchen!«, rief er ihr drohend zu.
»Wenn du mich umreitest, dann ist aber was los hier«, konterte Nadja nicht minder böse.
»Halt
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