Kullmann
bloß die Schnauze!«, schrie Biehler ungehalten. »Wenn hier was los ist, wirst du das schon merken!«
»Ich lass mir von dir nicht sagen, dass ich die Schnauze halten soll!«
Mit diesen Worten verließ Nadja den Platz.
Anke verabschiedete sich von Robert, damit er sich endlich seinem Pferd widmen konnte. Für das Wochenende hatten sie alles abgesprochen, und Anke freute sich darauf, einen ganzen Sonntag mit Robert zusammen verbringen zu können.
Es wurde ein Tag, wie er schöner nicht sein konnte. Die Vögel zwitscherten zum Tagesanbruch so laut, dass Anke davon geweckt wurde. Froh gelaunt stand sie auf und stellte mit Entzücken fest, dass ihr Muskelkater und die Prellungen im Schulterbereich und im Genick fast überhaupt nicht mehr schmerzten. Beschwingt hüpfte sie von ihrem Schlafzimmer in die Küche und frühstückte am offenen Fenster, das zur Quienstraße zeigte, um diesem herrlichen Frühlingstag ganz nahe zu sein.
Alles war ruhig zu dieser frühen Stunde. Aber Anke wollte nicht länger schlafen, weil sie Angst hatte, zu viel von diesem schönen Tag zu verpassen. Als Robert in seinen Luxusgeländewagen vorfuhr, wartete sie schon ganz ungeduldig, weil sie es kaum noch erwarten konnte, mit ihm zum Turnier zu fahren.
Die Reitanlage lag mitten im Stadtteil St. Arnual so versteckt, dass man von der Straße aus gar nicht erkennen konnte, was sich wirklich hinter diesen Mauern verbarg. Leider war der Platz für die Pferde eng bemessen. Drei Außenplätze waren um den Stall herum angelegt, auf denen mit den Pferden gearbeitet werden konnte, aber Koppeln fehlten. Außerdem gab es keine Möglichkeit, von diesem Stall aus in den Wald zu reiten, weil der Weg durch den verkehrsreichen Stadtteil St. Arnual führte. Anke stellte fest, dass der Reitstall in Gersweiler günstiger lag. Von dort konnte man problemlos in den Wald am Schanzenberg reiten, ohne eine Hauptstraße überqueren zu müssen.
Schon in der Frühe herrschte viel Betrieb auf den verschiedenen Reitplätzen. Turnierreiter in ihren vorgeschriebenen Reitkleidern aus schwarzer Turnierjacke, weißer Reithose, weißem Hemd oder weißer Bluse, schwarzem Helm und schwarzen Stiefeln, bereiteten auf einem kleinen Reitplatz ihre Pferde für das bevorstehende Springen vor. Andere fuhren mit ihren Pferdehängern vor und begannen auszuladen, während die Richter über die Sprechanlagen ihre nächsten Prüfungen ankündigten und die Reiter nach einer bestimmten Reihenfolge aufriefen.
Gemeinsam begaben sich Robert und Anke an eine Kaffeetheke, die direkt neben dem Parcours aufgebaut worden war, und bestellten sich Kaffee und Kuchen. Interessiert schauten sie den Springreitern zu, die sich bemühten, die Hindernisse fehlerfrei zu springen. Direkt neben dem Eingang, der vom Abreitplatz zum Parcours führte, befand sich eine mannshohe Hecke, an der sich die Leute aufhielten, die als Parcoursdienst tätig waren.
»Das ist ein Springen der A-Klasse«, erklärte Robert, »das bedeutet, dass die Hindernisse eine Höhe von einem Meter bis einem Meter zehn haben. Die Klassen der jeweiligen Springen sind nach der Höhe der Hindernisse eingestuft und die Reihenfolge ist E, dann kommt schon A, dann L, dann M und zum Schluss S.«
»Dann heißt A-Springen, dass der Reiter noch ziemlich am Anfang steht?«, überlegte Anke, obwohl sie die Höhe der Hindernisse schon als schwindelerregend empfand.
»Gut, aber die meisten Reiter, die Amateurreiter, die das Reiten als Hobby betreiben, reiten in den A- und L-Klassen. In den M- und S-Klassen findet man schon viele Berufsreiter, die auch entsprechende Pferde dafür haben.«
Kaum hatte Robert ausgesprochen, kam ein auffällig großer Truck vorgefahren, auf dem unübersehbar mit Leuchtbuchstaben »Peter Biehler – Turnierpferde« geschrieben stand.
Anke staunte nicht schlecht, als sie das sah. Robert lachte: »Mit seinem Material überbietet er wirklich alle hier, weil er einfach Geld hat. Aber sogar im Reitsport ist Geld nicht alles, wie Biehler bisher bestens bewiesen hat!«
Sie beobachteten, wie seine Frau Sybille und das Mädchen, das immer bei ihnen war, die beiden Pferde ausluden und sattelten. Peter Biehler ging, ohne zu helfen, zum Abreitplatz und wartete. Es dauerte nicht lange, da kam das Mädchen mit dem Schimmel, der in der Reihenfolge zuerst starten sollte. Wortlos schwang er sich auf den Rücken des Pferdes, seine Frau ritt den Fuchswallach. Beide Pferde wirkten völlig unbeeindruckt von dem Turniergeschehen, was
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