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Kullmann

Kullmann

Titel: Kullmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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Nachbarzimmer wartete, bis sie fertig umgezogen war. An diesem Tag würde sie zum ersten Mal, seit sie im Reitverein war, auf dem Außenplatz reiten. Sie spürte, wie aufgeregt sie war. Schnell bürstete sie ihre kurzen, dunklen Haare kräftig durch. Als sie mit dem Reiten angefangen hatte, hatte sie ihre schulterlangen Haare abschneiden lassen, weil ständig der Pferdeduft darin hing, was auf der Dienststelle nicht immer auf Wohlwollen gestoßen war.
    Als Hübner wieder das Zimmer betrat, bewunderte er ihre sportliche Figur, die durch die enge Reithose noch mehr betont wurde. Aber Anke ließ ihm kaum Gelegenheit dazu, weil sie diese Blicke bereits bestens kannte. So sehr er sich auch bemühte, wieder bei ihr zu landen, so deutlich zeigte sie ihm, dass die Trennung endgültig war.
    Mit ihrer Tasche über der Schulter marschierte sie los und steuerte das Zimmer ihres Chefs an, um sich zu verabschieden. Kullmann war nicht allein in seinem Büro, doch als Anke sich wieder zurückziehen wollte, wurde sie von den beiden älteren Herren gebeten, einzutreten. Sie kannte den Besucher nicht, er war ein Kollege der uniformierten Polizei. Das sollte sich aber schnell ändern, denn Kullmann stellte ihn ihr sofort vor als langjährigen Arbeitskollegen und Freund. Die beiden Alten bestaunten sie in ihrem sportlichen Dress und der Kollege meinte: »Schade, dass die Reiterstaffel im Saarland schon seit 1987 nicht mehr existiert. Eine so sympathische junge Frau hätte ich gerne in meiner Einheit gehabt!«
    »Das heißt, Sie waren bei der berittenen Polizei?«, staunte Anke.
    »Oh ja! Bis zum Schluss!«
    »Ich glaube, dort hätte ich Ihnen nicht viel genützt. Ich falle ja ständig herunter«, lachte Anke, doch der Kollege winkte ab und entgegnete: »Das gehört dazu! Ein Reiter ist nur dann gut, wenn er nach einem Sturz wieder auf ein Pferd aufsteigt. Daran erkennt man sein Durchhaltevermögen!«
    »Was wurde aus Ihrem Pferd, nachdem die Reiterstaffel eingestellt worden ist?«
    »Ich habe den Wallach einfach abgekauft und mit nach Hause genommen«, erzählte der ältere Kollege mit schwärmerischem Blick. »Und dort läuft er heute noch auf der Koppel herum und richtet Unheil an!«
    »Ach! Wie alt ist er denn jetzt?«
    »Er ist schon achtundzwanzig Jahre alt und immer noch kerngesund! Nur manchmal glaube ich, dass er senil geworden ist!«
    »Erzählen Sie!«, forderte Anke auf, weil sie vor Neugierde brannte.
    »Wir haben eine kleine Herde von vier Pferden in Dillingen-Diefflen auf der Koppel stehen. Dort ist auch mein betagter früherer Arbeitskollege dabei. Immer wenn ich abends die Pferde rufe, laufen alle zielstrebig zum Stall, weil sie wissen, dass dort Futter auf sie wartet. Nur mein alter Rentner nicht. Er verläuft sich jedes Mal und dann muss ich den weiten Weg über die Koppel gehen und ihn zum Stall führen.«
    Anke und Kullmann lachten.
    »Hinzu kommt, dass er sich morgens, wenn ich den Pferden die Boxentüren öffne, um sie auf die Koppel laufen zu lassen, ebenfalls verläuft. Ständig muss ich ihn suchen, weil der alte Diener sich mal wieder in den angrenzenden Heuschober verirrt hat. Und weil er so groß und kräftig ist, ist es schon vorgekommen, dass er zwischen den Heuballen feststeckte und ich ihn mühsam befreien musste.«
    Anke und Kullmann amüsierten sich prächtig.
    »Sie sehen, ich habe immer noch meine Freude mit ihm. Solange er keine Schmerzen leidet und sich wohlfühlt, behalte ich ihn! Er hat sich sein Gnadenbrot redlich verdient.«
    Der Kollege verabschiedete sich und ließ Kullmann und Anke allein zurück.
    »Bisher hatte ich gar keine Ahnung von Pferden. Jetzt habe ich wirklich den Eindruck, dass Sie sich ein sehr schönes Hobby ausgesucht haben«, meinte Kullmann gut gelaunt. »Mit den Pferden können Sie endlich einmal etwas für sich selbst tun, was Sie bisher immer sträflich vernachlässigt haben. Das beweist mal wieder, dass Ihnen die erfrischenden Ideen nicht ausgehen.«
    »Das allein verschafft Ihnen diese gute Laune?«, hakte Anke nach, als sie Kullmanns zufriedenes Gesicht sah.
    »Oh nein! Auch Ihre wohltuende Anwesenheit. Seit Sie mit dem Reiten angefangen haben, wirken Sie noch fröhlicher und charmanter, obwohl das eigentlich kaum zu überbieten ist.«
    Anke freute sich immer wieder über Kullmanns schmeichelnde Worte, sie erkannte jedoch, dass da noch etwas war.
    »Das ist aber nicht alles«, bemerkte sie forschend. »Schließlich bin ich nicht erst seit kurzem hier!«
    Verschmitzt

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