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Kultur 08: Der Algebraist

Kultur 08: Der Algebraist

Titel: Kultur 08: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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minder im Wege.
    Und was die Übrigen anging – die nicht-baryonischen
Penumbrae, die 13-D-Dimensionierten und die flussbewohnenden
Quantarchen –, so war es, um im Bild zu bleiben, als stellte man
irgendwann fest, dass der Boden, die Mauern der Gebäude, ihre
Fundamente und sogar die Luft der ›Stadt‹ Lebewesen ganz
anderer Art beherbergten.
    Auch die Merkatoria – die sich großenteils, aber nicht
ausschließlich, aus Sauerstoffatmern zusammensetzte –
bewohnte folglich wie die anderen Kategorien von Lebewesen ihre
eigene Galaxis. Alle diese verschiedenen Galaxien existierten
nebeneinander, durchdrangen sich, waren von anderen umgeben und
umgaben sie ihrerseits, beeinflussten sie aber kaum und wurden auch
nicht beeinflusst, außer manchmal durch das unersetzliche und
dabei allzu verwundbare Wurmlochnetzwerk.
    Und wir? Oh, wir wohnten wie Gespenster in den
Versorgungsleitungen.
     
    Auf dem Panzerkreuzer krochen Sklavenkinder, beladen mit
Schweißbrennern, Rucksäcken mit Carbongewebe und schweren
Leimspritzen, über die riesigen Flügel eines
Hauptpropellers. Der Lärm der verschiedenen Motoren und des
Haupttriebwerks pulsierte durch die wogenden braunen Dunstschwaden
und erfüllte die Gaswirbel und den Rumpf des riesigen Schiffes
mit seinen Harmonien. Ein gewaltiges Dröhnen, das stetig an- und
abschwoll, eine niemals endende Maschinensymphonie.
    Fassin und der Colonel standen auf einer offenen Brücke
über dem riesigen Triebwerksring und beobachteten, wie sich die
beiden Teams von Dweller-kindern über die schlagenden
Flügel mit den gebogenen Enden schoben.
    Der Steuerbordpropeller war von einem Stück Tauwolken-Wurzel
getroffen worden, das von oben aus den Wolken gefallen war.
Wahrscheinlich hatte es sich von einer sterbenden Tauwolke
gelöst, die zwanzig bis dreißig Kilometer höher
schwebte.
    Tauwolken waren riesige Schaumpflanzen, die bis zu achthundert
Meter breit und fünf- oder sechsmal so hoch werden konnten. Wie
alle Gasriesenflora bestanden sie zumeist aus Gas – ein Dweller,
der es eilig hatte, konnte wahrscheinlich durch ihren Schirm rasen,
ohne überhaupt zu merken, dass er sich nicht in einer
gewöhnlichen Wolke befand. Für menschliche Augen sahen sie
aus wie eine monströse Kreuzung aus einem lang gestreckten Pilz
und einer Qualle von der Größe einer Gewitterwolke. Als
Teil eines ubiquitären Stammes traten sie überall auf, wo
es Dweller gab. Sie nährten sich von Kondenswasser, das sie mit
ihren langen, dicken und relativ festen Wurzeln vorzugsweise zwischen
Schichten mit unterschiedlichen Temperaturen aus der Atmosphäre
der Gasriesen zogen.
    Wenn sie gegen Ende ihres Lebens zu den kalten obersten
Wolkenbändern und den höheren Dunstschichten
hinaufschwebten, brachen oft einzelne Teile ab. Die Propeller des
Panzerkreuzers hatten Schutzgehäuse, die verhindern sollten,
dass schwebende, herabsinkende oder emporsteigende Pflanzenteile in
den Hauptantrieb gerieten, aber das Wurzelstück war zwischen den
Schutz und den Propeller selbst geraten und hatte die dreißig
Meter langen Rotorflügel beschädigt, bevor es zerschlagen
und weggeschleudert wurde. Deshalb krochen nun die Sklavenkinder von
den Propellernaben zu den Rändern, um die Schäden
auszubessern. Die Kleinen sahen aus wie schmale Dreiecke und mussten
sich mit ihren dünnen Ärmchen nicht nur an den
Rotorflügeln festklammern, die sich weiterdrehten, sondern auch
die Reparaturmaterialien halten. Dadurch wurde ihnen die Arbeit
unnötig erschwert. Dweller-Offiziere fuhren mit Motorjollen
dicht an die Jungen heran und brüllten Befehle, Drohungen und
Beschimpfungen.
    »Warum schalten sie nicht einfach den verdammten Propeller
ab?«, schrie der Colonel. Die Brücke, an der sie hingen,
befand sich von der Knollennase aus gesehen über dem letzten
Fünftel des Riesenschiffs, einem Ellipsoid, das etwas mehr als
zwei Kilometer lang und an der dicksten Stelle vierhundert Meter
durchmaß. Die vierundzwanzig riesigen Triebwerke ragten dicht
vor dem Heck aus dem Rumpf, ein monumentaler Kragen aus Masten und
Drähten, röhrenförmigen Propellergehäusen und
runden Triebwerksgondeln. Der Wind pfiff um Hatherences Schutzanzug
und Fassins Pfeilschiffchen.
    »Wahrscheinlich würden sie dann zu langsam
werden!«, schrie Fassin zurück.
    Der Captain des Panzerkreuzers hatte die Steuerbordtriebwerke auf
ein Viertel Energie gesetzt, damit die Reparaturen nicht allzu viele
Opfer unter den Sklavenkindern forderten. Die mächtigen
Steuerruder an dem

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