Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kultur 08: Der Algebraist

Kultur 08: Der Algebraist

Titel: Kultur 08: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
Vom Netzwerk:
Es wurde bestätigt, dass auf oder in Third Fury
niemand überlebt hat. Leider habe ich auch zu vermelden, dass
Meistertechniker Hervil Apsile als tot gilt. Es gibt kein
Lebenszeichen vom und keine Verbindung zum Absetzschiff. Die Ocula
lässt Ihnen durch mich ihr Bedauern angesichts der ums Leben
gekommenen Seher und ihres Personals ausdrücken, und ich
schließe mich dem natürlich an.
    - Vielen Dank.
    Der Colonel antwortete mit einer rollenden Verbeugung, vielleicht
war sie auch nur in den Wirbeln des Propellerstroms kurzzeitig aus
dem Gleichgewicht geraten.
    Unter den Sklavenkindern hatte es keine weiteren Opfer gegeben.
Die Reparaturen schienen erfolgreich gewesen zu sein. Selbst da, wo
sie noch nicht völlig abgeschlossen waren, vibrierten die
beschädigten Rotorflügel nicht mehr so stark, so konnten
die restlichen Arbeiten leichter erledigt werden.
    - Wie viele Schiffe wollte man nach Nasqueron schicken, um alle
diese Aufgaben zu erfüllen? Oder glaubte man, ein kleines Boot
und zwei winzige Satelliten würden genügen?
    - Davon wurde nichts erwähnt.
    Fassin sagte nichts.
    Ein fester Glaube an die ›Wahrheit‹ konnte
unerwünschte Folgen haben. Zum einen bestand damit auch die
Möglichkeit, dass mit dem Ende der Simulation alle simulierten
Wesen schlagartig zu existieren aufhörten. Wenn das Sim
abgeschaltet wurde, starb alles innerhalb des Substrats.
Womöglich gab es keine Erhebung, keine Erlösung, keine
Rückkehr in ein größeres, besseres, schöneres
Draußen: vielleicht stand am Ende nur die
Massenvernichtung.
    Auch gab es in der (scheinbar) realen Welt Stimmen, die
behaupteten, mit der ›Wahrheit‹ sei die Billigung der
eigenen Ausrottung verbunden, die Religion ermutige stillschweigend
zu Massen- und Völkermord. Ein Weg, um den Prozentsatz an wahren
Gläubigen zu erhöhen, mochte Missionierung,
Überzeugung und Bekehrung sein, doch eine zweite
Möglichkeit bestand logischerweise darin, diejenigen zu
dezimieren, die sich standhaft weigerten, die ›Wahrheit‹
anzunehmen – notfalls, indem man sie tötete. Um den
Übergang herbeizuführen, der Offenbarung und Erlösung
für alle brachte, musste nicht zwangsläufig ein Skeptiker
zum Glauben finden, vielleicht genügte es auch, wenn ein
hartgesottener Heide seinen letzten Atemzug tat.
    Die Sturmschere stürzte in eine mächtige schwarze
Wolkenmauer. Ringsum wurde es dunkel. An den Verstrebungen und in den
Dweller-Jollen gingen die Lichter an. Bald war nur noch wenig zu
sehen, und die aberwitzige, alles übertönende Kakophonie
aus Propellerkreischen und Triebwerksdröhnen machte jede
akustische Verständigung nahezu unmöglich. Ein
Methanschauer prasselte durch die Finsternis.
    - Vielleicht sollten wir hineingehen, sagteder Colonel.
    - Amen.
     
    Am nächsten Tag wurden Schießübungen veranstaltet,
um Geschütze und Mannschaft der Sturmschere ein wenig auf
den Krieg einzustimmen. Y’sul, Hatherence und Fassin durften
zusehen, mussten aber ganz vorne im Schiff in einer improvisierten
Beobachtungskuppel bleiben, einer kleinen Diamantblase, die wie eine
Warze auf der gepanzerten Schiffsnase saß. Sie teilten den Raum
mit ein paar Dutzend interessierten Zivilisten, zumeist
Administratoren der verschiedenen Städte, denen die Sturmschere während der letzten langen Friedensperiode
Höflichkeitsvisiten abgestattet hatte. Hauskinder in Uniform
schwebten zwischen den VIPs und reichten Platten mit Speisen und
Drogen herum.
    Weit vorne schwebte hinter einer Zehn-Kilometer-Lücke in den
Wolken ein Zielobjekt, das wie ein kleines, leuchtend blaues Schiff
aussah. Es befand sich im Schlepptau eines zweiten mehr als hundert
Kilometer entfernten Panzerkreuzers.
    Ein heftiger Schauer durchlief die Sturmschere, gleich
darauf gab es einen gewaltigen Knall. Unter und über ihnen
erschienen Dutzende von Spuren wie Kondensstreifen, riesige
Kämme aus dünnen Gaszöpfen rasten vor ihnen
herangeführt von kaum sichtbaren schwarzen Punkten, den
Granaten, die dem Ziel zustrebten. In jede Sitzgrube war ein
Bildschirm eingelassen, der – wenn er funktionierte – das
blaue Ziel in Vergrößerung zeigte; der Hohlkörper
erbebte, als ihn die Granaten durchschlugen, und im Rumpf taten sich
Löcher auf, die sich aber gleich wieder schlossen.
    Von einigen der sonst eher gelangweilt wirkenden Dweller in der
Kuppel erhob sich matter Jubel, wurde aber vom Schnippen vielen
Greiferfinger gleich wieder übertönt. Die Dienste der
Hauskinder wurden verlangt.
    »Ich habe nie

Weitere Kostenlose Bücher