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Kultur 08: Der Algebraist

Kultur 08: Der Algebraist

Titel: Kultur 08: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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lieferte,
wenn man sie auf die in der ursprünglichen Liste
aufgeführten Koordinaten anwendete. Dagegen ließ sich
natürlich einwenden, dass kein bekanntes Koordinatensystem nach
mindestens vierhundert Millionen Jahren noch zuverlässig angeben
konnte, wo sich ein so kleines Objekt wie ein Wurmloch-Pörtal
befand. (Es sei denn, die Löcher hätten sich über die
ganze Zeit alle mit irgendeiner Automatik in der gleichen relativen
Position gehalten. Doch in Anbetracht der unbekümmerten
Lässigkeit, mit der die Dweller an alle technisch
anspruchsvollen Verfahren herangingen, wäre dies ausgesprochen
unwahrscheinlich.)
    »Vielleicht«, sagte das Abbild über dem schwarzen
Kessel im Zentrum des Audienzsaals, »darf ich davon ausgehen,
dass inzwischen jedermann weiß, wovon die Rede ist…«
Es sah sich noch einmal um. Niemand widersprach.
    »Die Dweller-Liste«, sagte das Hologramm, »die
angeblich die ungefähre Position von zwei Millionen uralter
Portale aus der Zeit vor der Dritten Diaspora-Epoche angibt, wurde
über eine Viertelmilliarde Jahre als belanglos, als Schwindel
oder als Mythos abgetan. Die so genannte Transformation zur
Ergänzung der Informationen, die man braucht, um auf dieses
geheime Netzwerk zuzugreifen, bleibt bislang unauffindbar, und ist,
falls sie tatsächlich existieren sollte, wahrscheinlich
unbrauchbar. Sei dem, wie es wolle. Inzwischen sind neue
Informationen ans Licht gekommen, und das verdanken wir Seher, jetzt
Major Taak.«
    Fassin spürte, wie sich wieder alle Blicke auf ihn richteten.
Er selbst starrte unverwandt auf das Hologramm.
    »Vor knapp vierhundert Jahren«, sagte das Hologramm,
»nahm Seher Taak an einer längeren Expedition teil –
einem so genannten ›Trip‹ – der ihn zu den Dwellern
von Nasqueron führte, genauer gesagt zu einer Gruppe von
Halbwüchsigen, die sich Stamm Dimajrian nannte. Während
dieses Aufenthalts machte er die Bekanntschaft eines uralten
Dwellers, und der eröffnete dem Seher – in einem Anfall von
Großzügigkeit, wie er bei seinesgleichen ungewöhnlich
ist – Zugang zu einer kleinen Bibliothek, die Teil eines
größeren Informationshortes war.«
    (Eigentlich war es genau umgekehrt gewesen – der Mythos hatte
die Fakten verdrängt. Fassin hatte mit Valseir Jahrhunderte
verbracht, mit dem Stamm Dimajrian dagegen nicht einmal ein ganzes
Jahr. Hoffentlich waren die übrigen Informationen des Admirals
zuverlässiger. Dennoch erschien plötzlich vor seinem
inneren Auge ganz deutlich der Choal Valseir, wie er, uralt und
riesig, mit Lumpen und Lebensamuletten behängt, gedankenverloren
in seiner riesigen Nestschüssel von Arbeitszimmer schwebte, tief
in dem verschollenen Abschnitt des unbewohnten WolkenTunnels am Rand
eines abflauenden Riesensturms, der sich seither längst
aufgelöst hatte. »Wolken. Ihr seid wie die Wolken«,
hatte Valseir zu Fassin gesagt. Der hatte damals nicht verstanden,
was der greise Dweller meinte.)
    »Die Rohdaten mit dieser Information wurden an die
Justitiarität zur Analyse weitergegeben«, sagte die Gestalt
über dem schwarzen Kessel. »Zwanzig Jahre später,
nachdem die üblichen Untersuchungen und Interpretationen
abgeschlossen waren und man an sich auch ausreichend Zeit für
alle Bedenken, Neubewertungen und plötzlichen Eingebungen gehabt
hätte, teilte man diese Daten im Rahmen eines offiziellen
Informationsaustauschs mit den Jeltick.«
    Die Jeltick waren eine arachnoide Spezies mit acht Beinen –
was innerhalb der galaktischen Gemeinschaft üblicherweise mit
8ar abgekürzt wurde. Mit ihrer Besessenheit, alles zu
katalogisieren, waren sie eine von zwei Spezies von selbsternannten
Historikern, deren Arbeit am meisten überzeugte. Zaghaft,
vorsichtig, bedächtig und (aus sicherer Entfernung) ungemein
neugierig, hatten sie sich sehr viel länger gehalten, als es bei
›Schnellen‹ Spezies sonst üblich war.
    »Es ist kaum zu glauben, aber den Jeltick fiel etwas auf, was
der Justitiarität entgangen war«, fuhr das Hologramm fort.
(Jetzt war es an Colonel Somjomion, ein peinlich berührtes
Gesicht aufzusetzen.) »Für diese Unfähigkeit rollten
einige Köpfe«, bemerkte das Abbild und lächelte.
»Und das ist nicht bildlich gemeint.«
    Colonel Somjomion presste die Lippen zusammen und kontrollierte
etwas an dem Gerät, für das sie zuständig war.
    »Binnen weniger Monate«, nahm das Hologramm den Faden
wieder auf, »schickten die Jeltick die für ihre
Verhältnisse beste Schlachtflotte, die sie aufbieten konnten,
ins

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