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glaubten – im Gegensatz zu den Mystikern, zu denen etwa der deutsche Prediger Meister Eckart gehörte. Die Mystiker trachteten danach, Gott dadurch zu finden, dass sie das Denken ausschalteten und sich in Betrachtung vertieften. Damit wurden die Scholastiker zu den Wegbereitern der Aufklärer, die Mystiker zu denen des Esoterik-Ladens um die Ecke.
Anselms ontologischer Gottesbeweis klingt für heutigeOhren etwas seltsam, wurde zu seiner Zeit aber sehr ernst genommen. Er besagt in etwa Folgendes: Stell dir das Größte und Vollkommenste vor, das du dir vorstellen kannst. Wenn du es dir vorstellen kannst, dann ist es nicht das Größte und Vollkommenste, denn das Größte und Vollkommenste ist so groß und so vollkommen, dass man nicht einmal denken kann, es existiere nicht, sonst wäre es ja nicht das Größte und Vollkommenste. Damit sei die Existenz Gottes bewiesen, der nämlich das Größte und Vollkommenste ist.
Solcherlei Denk-dir-mal-Beweise kann man natürlich auf alles Mögliche anwenden. Das haben schon Anselms Zeitgenossen bemerkt. Zum Beispiel existiert der vollkommene Schweinebraten nicht allein deshalb, weil man sich einen vollkommenen Schweinebraten vorstellen kann. Der pfiffige Anselm hat deshalb sogleich erklärt, seine Beweisführung gelte nur für das Größte und Vollkommenste, für mindere Dinge sei sie nicht anwendbar. Diese Einschränkung minderte aber wiederum die Schlagkraft seiner Argumentation beträchtlich. Der deutsche Philosoph Immanuel Kant hat ihr dann den endgültigen Schlag versetzt: Wer ein vollkommenes Wesen als solches definiere, setze seine Existenz bereits voraus. Das Ganze sei somit ein Zirkelschluss, urteilte der Königsberger Denker gnadenlos.
Thomas von Aquin, ebenfalls Italiener, wollte im 13. Jahrhundert auf Nummer sicher gehen und hat gleich fünf Gottesbeweise erdacht. Drei davon lassen sich unter dem Stichwort »kausaler Gottesbeweis« zusammenfassen. Sie gehen davon aus, dass irgendetwas immer am Anfang gestanden haben muss, weil alle Dinge in der Welt eine Ursache haben: So habe jede Bewegung eine Ursache, also einen Beweger. Aber irgendetwas müsse am Anfang die Bewegung ausgelöst haben, ein unbewegter Beweger. Auch das Universum habe einen Anfang. Und irgendetwas müsse es wiederum in dieWelt gesetzt haben, so Thomas von Aquin. Dieses »Irgendetwas« nennen wir Gott. Diese Argumentation verfolgen heute die Verfechter des Intelligent Design, das sind jene fundamentalistischen Gruppen, die Darwins Evolutionstheorie ablehnen und glauben, die Welt sei von einem Schöpfer erschaffen worden (man nennt sie Kreationisten). Die Kritiker hingegen fragen: Wieso eigentlich? Wieso muss das Universum einen Anfang haben? Wieso muss jede Bewegung einen Anfang haben? Nur, weil wir uns Unendlichkeit nicht vorstellen können, heißt das nicht, dass es Unendlichkeit nicht gibt.
Die Kreationisten bedienen sich noch eines weiteren Arguments von Aquin, seines sogenannten teleologischen Gottesbeweises: Die Welt sei so, wie sie ist, derart vollkommen, dass sie nicht ohne einen Schöpfer entstanden sein könne. Der britische Theologe William Paley hat dazu 1804 eine schöne Metapher gefunden. Wenn jemand an einem Strand spazieren gehe und eine Taschenuhr finde, so werde er sicherlich zu Recht annehmen, ein solch komplexes Gerät müsse das Ergebnis der Arbeit eines Uhrmachers sein. All die Schmetterlinge, Blumen und Tiere aber seien noch viel komplizierter als eine Taschenuhr. Folglich müsse es einen himmlischen Uhrmacher geben, der sie geschaffen habe.
Dieses Argument hat der studierte Theologe Charles Darwin (1809–1882) einige Jahre nach Paley mit seiner Evolutionstheorie aus den Angeln gehoben. Die Menschen wussten zu Anfang des 19. Jahrhunderts bereits, wie Uhren hergestellt werden. Deshalb wäre es also keine allzu gewagte These gewesen, hinter einer Taschenuhr einen Uhrmacher zu vermuten. Taschenuhren pflanzen sich nicht über Jahrmillionen fort. Sie verändern dabei keine bestimmten Eigenschaften, die ihnen gegenüber anderen Uhren einen Überlebensvorteil bringen würden. Deshalb gibt es keinen Grund anzunehmen, dass eine 1804 gefundene Taschenuhr das Ergebnis einer Evolutionist, an deren Ausgangspunkt ein weitaus primitiverer Zeitmesser stand. All das aber trifft laut Darwin auf Lebewesen zu. Mit der Uhrmacher-These hat sich auch der englische Religionskritiker und Bestsellerautor Richard Dawkins (*1941) ausführlich in seinem Buch »Der blinde Uhrmacher«
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