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Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können

Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können

Titel: Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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wurde die Frage erneut aufgeworfen. Der Mensch, so meinten die Verfechter eines mechanistischen Weltbildes, sei so etwas wie ein Uhrwerk. Einmal aufgezogen,greifen die Rädchen ineinander und man könne exakt voraussagen, wie die Person als Nächstes handeln werde. Voraussetzung sei lediglich, dass man verstehen lerne, wie genau dieses Uhrwerk Mensch funktioniert. Der Mensch hat danach also keinen freien Willen – oder vielleicht doch?
    An dieser Stelle ist es notwendig, noch ein paar Fachbegriffe in die Diskussion einzubringen. Es gibt nämlich bei den Deterministen noch zwei Untergruppen, die sogenannten Kompatibilisten und die Inkompatibilisten. Die Kompatibilisten sind jene, die glauben, selbst in einer determinierten Welt könne der einzelne Mensch noch frei entscheiden. Die Inkompatibilisten hingegen denken: Wie sollte das gehen? Wenn alles vorherbestimmt ist, ist auch der Wille des Menschen vorbestimmt. Er handle stets so, wie er muss.
    Viele Deterministen des 18. und 19. Jahrhunderts waren Naturwissenschaftler. Sie beriefen sich auf den englischen Physiker Isaac Newton (1643–1727), der in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die Gesetze der Schwerkraft formuliert und die mechanistische Physik begründet hat. Diese besagt, dass wir alle physikalischen Vorgänge berechnen und damit vorhersagen können. Werfen wir zum Beispiel einen Stein hoch in die Luft, vermögen wir vorauszusagen, wo er landen wird – vorausgesetzt, wir kennen die notwendigen physikalischen Größen wie Gewicht, Kraft, Winkel und so weiter.
    In späteren Jahren stellte sich heraus, dass in der Welt doch nicht alles vorhersehbar ist. Diese Erkenntnis verdanken wir zwei deutschen Physikern, nämlich Max Planck (1858 bis 1947) und Werner Heisenberg (1901–1976). Sie begründeten Anfang des 20. Jahrhunderts die Quantenphysik mit zwei grundlegenden Erkenntnissen. Erstens: Licht ist gleichzeitig Materie und Welle. Mal so, mal so. Zweitens: Bei sehr kleinen Teilchen kann man nicht gleichzeitig bestimmen, wo sie sich im Raum befinden und was ihren Impuls, also die Bewegungihrer Masse, ausmacht. Man spricht von der heisenbergschen Unschärferelation.
    Das hört sich schrecklich kompliziert an, führt aber zu der einfachen Schlussfolgerung: In der Physik der winzigen Teilchen gibt es keinen Determinismus. Diese Erkenntnis hat Anfang des letzten Jahrhunderts das gesamte physikalische und philosophische Weltbild über den Haufen geworfen. Wenn es schon in der Physik keinen Determinismus gibt, dann doch erst recht nicht bei einem so komplexen Wesen wie dem Menschen, schlussfolgerten die Philosophen. Der Determinismus an sich hatte offensichtlich ausgedient.
    Rehabilitiert die Hirnforschung den Determinismus?
    Einige Neurowissenschaftler schicken sich seit etwa 30 Jahren an, den Determinismus zu rehabilitieren. Und von diesen Neurobiologen liest man nun auch in den Feuilletons, vor allem von dem Münchner Professor Wolf Singer und seinem Bremer Kollegen Gerhard Roth . Sie berufen sich, als Ausgangspunkt ihrer Überlegungen, auf ein Experiment aus dem Jahre 1979. Der Neurophysiologe Benjamin Libet, Professor an der Universität von Chicago, hatte es zusammen mit seinem Team durchgeführt. Die Wissenschaftler schlossen Versuchspersonen an ein EEG an, ein Gerät, das Gehirnströme misst. Dann baten sie die Probanden, einen Finger zu bewegen, und zwar wann immer es ihnen während eines vorgegebenen Zeitraums beliebte. Sobald sie sich bewusst dazu entschlossen hatten, den Finger in Bewegung zu setzen, mussten sie die Forscher davon in Kenntnis setzen. Dies sollte eigentlich der Moment sein, in dem der freie Wille zum Fingerbewegen sich manifestierte. Was Libet und seine Kollegen jedoch erstaunte: Eine halbe Sekunde bevor der Entschluss gefasst wurde, trat im Gehirn ein Bereitschaftssignal auf. Mit anderen Worten: Das Gehirn wusste schon 0,5 Sekunden vorher von der Aktion, die der angeblich freie Wille einleiten würde. Oder noch fundamentaler: Das Gehirn steuert uns, nicht wir das Gehirn.
    Jetzt wird klar, warum es die Hirnforscher in die Feuilletons geschafft haben: Wenn man die Ergebnisse des Libet-Experiments ausweitet, würde unser gesamtes Menschenbild zusammenstürzen. Sogar unser Rechtssystem würde mit in den Abgrund gerissen. »Experimente zeigen, dass jeder Entscheidung, und halten wir sie noch so sehr für unseren eigenen Willen, zuvor wichtige Vorentscheidungen vorausgegangen sind – und zwar unbewusst. Wir bekommen davon

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