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Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können

Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können

Titel: Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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überhaupt nichts mit«, erklärte Gerhard Roth 2004 in einem Gespräch mit dem Magazin »Der Spiegel«. Und in der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« schrieb er: »Eine Gesellschaft darf niemanden bestrafen, nur weil er in irgendeinem moralischen Sinne schuldig geworden ist, dies hätte nur dann einen Sinn, wenn dieses denkende Subjekt die Möglichkeit gehabt hätte, anders zu handeln als tatsächlich geschehen.« Ein Börsenspekulant, ein Autodieb, ein Serienkiller – sie alle hätten nach dieser Auffassung gar nicht anders handeln können, als sie es taten. Der Mensch denkt, das Gehirn lenkt.
    Wie viel freien Willen hat ein Finger?
    Selbstverständlich zog eine derart radikale Schlussfolgerung Widerspruch nach sich. Er zielt auf zwei Punkte. Zum einen wird die Aussagekraft des Libet-Experiments infrage gestellt: Vielleicht sei die Messung gar nicht richtig und der freie Wille habe schon entschieden, bevor die Versuchsperson ihn zumAusdruck bringen konnte – aber auch bevor der kleine Finger aktiviert wurde. Vielleicht sei das Aktivieren des kleinen Fingers sogar der freie Wille selbst. Außerdem ginge es in dem Versuch nur um den Zeitpunkt, wann der Proband den Finger bewege. Könne er nicht aus freiem Willen entscheiden, den Finger entgegen den Anweisungen des Versuchsleiters unbewegt verharren zu lassen?
    Zum anderen weisen die Kritiker auf die Komplexität von wichtigen Entscheidungen hin. Schließlich sei es ein Unterschied, ob man den kleinen Finger bewege oder einen Menschen ermorde. Bei komplexen Entscheidungen, so die Anti-Deterministen, hätten wir sehr wohl die Wahl, Ja oder Nein zu sagen.
    Entschieden ist der Streit noch lange nicht. Aber dafür gibt es schließlich die Debatten im Feuilleton: um Argumente vorzubringen und die rhetorischen Klingen zu kreuzen.
    Die fünf wichtigsten Hirnforscher der Gegenwart
      1.  Eric Kandel (*1929). Der in Wien geborene Kandel, der vor den Nationalsozialisten in die USA flüchtete, verdankt seinen Ruhm (und den Medizinnobelpreis) der Meeresschnecke. Er untersuchte nämlich die Nervenzelle dieses sehr einfachen Organismus, um dem Geheimnis des Gedächtnisses auf die Spur zu kommen – was ihm (teilweise) gelang.
      2.  Antonio Damasio (*1944). Der Portugiese untersucht, wie Gefühle und Verstand zusammenhängen und was der präfrontale Kortex, das Vorderhirn, damit zu tun hat.
      3.  Wolf Singer (*1943). Der Ulmer Professor ist der beliebteste Neurowissenschaftler in deutschen Talkshows, weil er verständlich über Hirnforschung reden kann. Eine seiner Hauptthesen: Bildschirme schaden der Entwicklung des kindlichen Gehirns.
      4.  Vilayanur S. Ramachandran (*1951). Der in den USA lebende Inder beschäftigt sich mit Dingen wie Synästhesie (wenn man Farben riechen kann oder Ähnliches) und Phantomschmerzen.
      5.  Giacomo Rizzolatti (*1937). Der Italiener, Professor in Parma, entdeckte mit seinem Team die Spiegelneuronen. Sie sorgen dafür, dass wir erkennen, was andere Menschen gerade fühlen.
    Die fünf wichtigsten Fragen der Hirnforschung
      1.  Sind wir für unsere Taten verantwortlich? Oder entscheidet unser Gehirn und wir können gar nicht anders handeln? Um was es in diesem Determinismusstreit genau geht, erläutert das vorangegangene Kapitel.
      2.  Wie funktioniert unser Gedächtnis? Jedenfalls nicht wie ein CD-Recorder. Die wichtigste Erkenntnis der Gedächtnisforschung lautet: »Traue nie deiner Erinnerung!« Die Funktionsweise des Gedächtnisses spielt in der Alzheimerforschung eine wichtige Rolle.
      3.  Denken oder fühlen wir, wenn wir entscheiden? Nach dem heutigen Stand der Forschung trifft beides zu. Viele unserer Entscheidungen treffen wir aus einem Gefühl heraus. Aber zum Glück gibt es noch den orbitofrontalen Kortex, unser Stirnhirn, der für die Impulskontrolle zuständig ist – und uns zur Vernunft bringt.
      4.  Wie lernen wir? Unser Gehirn ist keine Festplatte mit gespeicherten Fakten wie bei einem Computer. Wir lernen am besten durch Erfahrung. Und dafür hat uns die Evolution mit der Neugier ausgestattet. Die sollten wir uns auf jeden Fall bewahren.
      5.  Woher wissen wir, was andere fühlen? Weil wir, wie die Experten sagen, über eine »theory of mind« verfügen. Sogenannte Spiegelneuronen feuern immer dann, wenn wir andere Menschen beobachten oder uns in sie hineindenken. Dadurch können wir Gedanken und Empfindungen anderer nachvollziehen.

RELIGION
    D ieses Kapitel unterscheidet sich

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