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Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
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das
Spiel war vorbei. Stattdessen tätschelte er den Ball im Innern seines
Handschuhs, ein Mal, zwei Mal und noch einmal, und lief mit seitlichen
Schritten in Richtung First Base, so als wünschte er sich
nicht-ganz-so-insgeheim, er könne den ganzen Weg dorthin laufen und Rick den
Ball persönlich übergeben. Er tätschelte den Ball ein viertes Mal und ließ, da
er sich nun beeilen musste, weil der Läufer sich der First näherte, einen viel
zu hohen, viel zu festen Wurf los, nach dem zu springen Rick sich nicht einmal
richtig mühte. Der Ball segelte über den niedrigen Zaun hinter der First Base,
schlitterte, da es dort weder Tribünen noch Fans gab, um ihn aufzuhalten, über
die angrenzende Straße und knallte jemandem vor den Radkasten seines Pickups.
Der Run bedeutete den Ausgleich. Der nächste Schlagmann beendete das Spiel mit
einem Single. Für die Harpooners war es die erste Niederlage seit Wochen.
    »Vor dem letzten Wurf
schien mir alles in Ordnung zu sein«, sagte Coach Cox. »Ich dachte, er hätte es
in den Griff gekriegt.«
    »Ich auch.«
    »Hör zu.« Coach Cox’
raue Stimme schmirgelte in die Pausen zwischen zwei Windböen hinein. »Ich hab
gehört, dir geht die Kohle aus.«
    »Wer sagt das?«
    »Niemand sagt das. Hab
ich einfach gehört.«
    »Sagt Henry das?«
    Coach Cox zuckte mit
den Schultern. »Lass mich dir ein paar Kröten leihen«, sagte er. »Essen muss
der Mensch.«
    Schwartz war im Besitz
eines Zehner-Wochentickets für den Speisesaal. Zuletzt hatte er sich von den
zehn Mahlzeiten wöchentlich ernährt, zuzüglich dessen, was immer er in seinem
Rucksack hatte hinausschmuggeln können, was für gewöhnlich nicht viel war. Bei
den Damen an der Kasse hatte er mit seinem Charme nie punkten können – seine
bullige Gestalt, in anderen Situationen ein Pluspunkt, machte sie misstrauisch.
Außerdem brachte ihm Pella Schinken-Käse-Sandwiches von ihren Spülschichten
mit. Sie bot ihm auch an, ihn mit der Kreditkarte ihres Vaters zum Essen
einzuladen. Schwartz verschlang die Sandwiches, schlug die Essenseinladungen
aber aus. Es war peinlich, die Freundin bezahlen zu lassen. Ihre Verabredungen
beschränkten sich hauptsächlich darauf, sich in Schwartz’ Zimmer zu
verkriechen, Kräcker zu essen und Lipton-Tee zu trinken, während sie in ihren
Büchern lasen. Manchmal gingen sie an Ein-Liter-Bier-ein-Dollar-Abenden ins
Bartleby’s. Jetzt, wo sie begonnen hatten, miteinander zu schlafen, gab er
täglich ein paar Dollar für Kondome aus. Kondome waren teuer. Nicht dass er
sich beschweren wollte.
    »Ich brauch kein Geld«,
sagte er.
    »Schwachsinn.« Coach
Cox fing an, Hunderter von einem dicken Bündel abzuzählen, das von einem
Gummiband zusammengehalten wurde. Er drückte Schwartz ein paar davon in die
Hand.
    »Ich kann nicht«, sagte
Schwartz.
    »Und ob du kannst.
Steck’s ein.«
    Schon lange vor
Schwartz’ Zeit war das Gerücht im Umlauf gewesen, dass Coach Cox ein paar
Millionen Dollar auf der hohen Kante hatte. »Er passt genau ins Schema«, sagte
Tennant immer. »Trägt nie was anderes als die kostenlosen WAD -Klamotten.
Isst immer bei McDonalds. Fährt ein Auto, das fast fünfhunderttausend runter
hat. Ich sag’s euch, der Typ hat’s dicke.«
    Schwartz hatte nie
gewusst, was er glauben sollte. Coach Cox sprach selten über etwas anderes als
Baseball. In der Highschool war er Third Baseman gewesen, war dann von den Cubs
geholt worden und hatte ein paar Jahre in den unteren Ligen gespielt, bevor er
mit zweiundzwanzig in Rente ging, weil, wie er es ausdrückte, »ich nicht das
Zeug dazu hatte. Verdammt, ich konnte nicht mal so tun als ob.« Er zog nach
Milwaukee, wurde Fernmeldetechniker bei einem Telekommunikationsunternehmen,
heiratete, wurde Vater, wurde Baseball-Coach in Westish, wurde wieder Vater,
ließ sich scheiden, kündigte bei dem Telefonanbieter und zog seine eigene
Zwei-Lieferwagen-Firma auf. Schenkte man der Harpooners-Überlieferung Glauben,
hatte ihm das Millionen eingebracht.
    Sie pressten die
Handflächen aneinander, keiner von beiden hielt die Scheine dazwischen fest.
Bei dem Wind war das eine riskante Pattsituation. Schwartz zögerte. Wenn er
Geld hätte, könnte er Pella morgen Abend zum Essen einladen. Er könnte sich für
all die Tee-und-Kräcker-Abendessen revanchieren, ganz zu schweigen von den
Abenden, an denen er ihre Tee-und-Kräcker-Verabredungen abgesagt hatte, um für
Henry im Flutlicht des Baseballfelds von Westish Aufsetzer zu schlagen. Er
konnte sie ins

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