Kunst des Feldspiels
musste
man etwas nachhelfen. Das Tolle daran, Pella kennengelernt zu haben, war unter
anderem, wie er so voll und ganz, so fundamental auf sie ansprach – er hatte
darüber vergessen, dass die Pillen überhaupt existierten. Aber er wünschte,
heute Nacht hätte er eine genommen.
Pella zog die Hand weg
und legte sie über dem T-Shirt auf seinen Bauch. Schwartz suchte in ihrem
kleinen Seufzer nach Anzeichen von Verärgerung – er fand einige, aber abzüglich
seiner Paranoia konnte es genauso gut einfach ein Gähnen gewesen sein.
»Es ist eine Blockade«,
sagte sie. »Wie eine Schreibblockade. Oder Lampenfieber.«
»Genau.«
»Vielleicht sollte er
sich Hilfe holen.«
»Er hat Hilfe«, sagte
Mike. »Mich.«
»Du weißt, was ich
meine. Jemanden vom Fach.«
Schwartz reagierte
gereizt. »Das würde Henry nie tun.«
»Doch, wenn du es ihm
raten würdest.«
»Es würde ihm Angst
machen. Er würde denken, dass mit ihm was nicht stimmt.«
»Na ja, ist es nicht
so?«
»Er kommt da schon
durch. Er muss sich einfach entspannen.«
Wieder strichen Pellas
Finger über seine Shorts. »Vielleicht solltest du dich einfach entspannen.«
Schwartz wich zurück.
»Was soll das denn heißen?«
»Was soll was heißen?«
»Dass ich mich
entspannen soll?«
»Gar nichts. Du wirkst
heute nur so angespannt.«
Es war das heute , das Schwartz den Rest gab. Er war den ganzen Monat
über angespannt gewesen. Verdammt, er war sein ganzes Leben lang angespannt
gewesen. Was zur Hölle war heute anders als sonst?
»Ich bin nicht
angespannt.«
»Schon gut«, sagte
Pella. »Ist ja auch egal.«
Die Enge des Betts
zwang sie in eine unbehagliche Nähe. Schwartz war zwischen Pella und der Wand
eingekeilt. Anstelle eines Rollladens hing ein schmutziggraues Laken vor dem
Fenster, das das Garagenlicht des Nachbarn kaum abzuschwächen vermochte.
Seit er aus dem
Wohnheim ausgezogen war, hatte er nur gelegentlich ein Mädchen mit zu sich
genommen – besser war es, mit zu den Mädchen zu gehen, wo es all diese Kissen
und Fotoalben und unergründlichen Gerüche gab, frische Laken auf dem Bett und
sorgfältig beschriftete Schulordner im Regal. Im Zimmer eines Mädchens an einem
Ort wie Westish war die Präsenz der Familie beinahe mit Händen zu greifen,
nicht nur aufgrund der gerahmten Fotos, sondern weil es sich um die sorgfältige
Replik eines Kinderzimmers handelte, an die Phase der Postpubertät angepasst:
übrig gebliebene Stofftiere, Kondompackungen oder pastellfarbene Streifen mit
der Pille, die offen herumlagen, ein Tribut an die Eltern, die nicht da waren,
um Einspruch zu erheben. Diese abwesenden Familien hatten eine beruhigende
Wirkung auf Schwartz, und ein paar Stunden lang stellte er sich vor, es wären
seine eigenen.
»Er sollte zu einem
Psychologen gehen«, sagte Pella. »Einem Verhaltenstherapeuten. Jemandem, der
sich mit Sportlern auskennt. Er müsste nicht frei über seine Mutter assoziieren
oder so.«
»Vielleicht ist es das,
was er braucht. Freies Assoziieren über seine Mutter.«
»Ich meine es ernst«,
sagte Pella.
»Ich auch«, sagte
Schwartz, aber das stimmte nicht. Aus irgendeinem Grund ging ihm Pellas
versuchte Einmischung gehörig gegen den Strich. Er versuchte einen sanfteren,
aber ernsteren Tonfall. »Gut, ein Therapeut. Aber wer soll das bezahlen?«
»Könnte Henrys Familie
da nicht helfen? Ich meine, er steht kurz davor, eine Menge Geld zu verdienen,
oder? Es wäre eine Investition.«
»Die Skrimshanders
haben kein Geld zum Investieren «, sagte Schwartz.
»Sein Vater ist kein College-Präsident.«
»Das war auch nicht
meine Vorstellung von ihm.«
»Ich weiß nicht, ob du
dir überhaupt was anderes vorstellen kannst.«
»Fang keinen Streit mit
mir an! Warum fängst du Streit mit mir an?«
»Tut mir leid.«
Eine Weile lagen sie
schweigend nebeneinander. Schließlich sagte Pella: »Ich habe vor, meinen
Ehering zu verkaufen. Einen Teil von dem Geld könnte Henry bekommen. Als
Darlehen.«
Sobald die Worte Pellas
Lippen verlassen hatten, wusste sie, dass es ein Fehler gewesen war. Es war ein
aufrichtiges Angebot – doch es kam genau zum falschen Zeitpunkt, und an Mikes
Gesicht konnte sie bereits ablesen, wie es aufgefasst werden würde: Sie
versuchte, sich in seine Freundschaft mit Henry hineinzudrängen. Sie
unterstellte, dass sie oder ein Therapeut in der Lage waren, Henry zu helfen,
wo Mike versagte. Sie prahlte mit ihrem überlegenen finanziellen Status. Sie
erinnerte ihn daran, dass sie sich zwar abends
Weitere Kostenlose Bücher