Kunst des Feldspiels
Maison Robert einladen, diesen überteuerten Franzosen, bei dem
er bisher nur mit seinem Studienberater im Fachbereich Geschichte gewesen war.
Sie könnten Wein trinken. Er schloss die Hand, nur ein kleines bisschen.
Coach Cox stand auf und
verließ den Passagierraum am Bug des Schiffs. Die Scheine drohten Schwartz aus
der Hand zu fallen. Er ließ sie in die Tasche seiner Windjacke gleiten und
blätterte sie mit dem Finger durch, um ein Gefühl für seinen neuen Reichtum zu
bekommen. Es waren eine Menge: neun oder zehn. Er schloss die Augen und gab
sich den Wellen hin, die sanft auf und ab wogten wie flüssiges Hydrocodon.
Es mochten ein paar
Sekunden oder eine Stunde vergangen sein, als plötzlich Henry vor ihm stand, in
dessen blassblauen Augen etwas lag, was nur noch als Seelenqual zu beschreiben
war. Seine Unterlippe zitterte, und sein glattes Kinn war im Versuch, nicht in
Tränen auszubrechen, zu einem Netz feiner, sich auf und ab bewegender Falten
zusammengekniffen. »Skrimmer«, sagte Schwartz.
»Hey.« Henrys Stimme
war ein klägliches Krächzen. Er hustete, um den Rachen freizubekommen.
»Alles klar?«
Henry nickte. »Ja.«
»Gut gespielt heute.«
Schwartz befreite seinen Hals von den Kopfhörern und verstaute sie in seiner
Jackentasche. »Der Arm sah stark aus, alles sah stark aus. Wir sind genau da,
wo wir hinwollten.«
»Ich hab uns den Sieg
versaut.«
»Ein lausiger
Durchgang«, sagte Schwartz. »Wir hätten da eigentlich schon mit zwölf vorne
sein müssen.«
»Waren wir aber nicht.«
Henry setzte sich neben Schwartz und schnellte sofort wieder hoch, als hätte
ihm das Aluminium den Hintern verbrannt. Er fasste sich mit beiden Händen oben
an die im Laufe der Zeit schwarz gewordene Cardinals-Kappe wie ein
Langstreckenläufer, der einen Krampf abwehrt. »Was soll ich bloß tun?«, sagte
er. »Was soll ich bloß tun?« Seine Stimme war leise und ungläubig, geradezu
verschüchtert angesichts der Situation, in die er geraten war.
Er legte den Kopf
zurück, sah zur Decke und stieß ein kurzes, schmerzerfülltes Seufzen oder
Stöhnen aus. Ließ die Hände sinken, wrang sie dann in schnellen kreisförmigen
Bewegungen, bevor er sie wieder über dem Kopf zusammenschlug. Seine Bewegungen
waren spastisch und merkwürdig, die Bewegungen eines Menschen, dessen Gedanken
plötzlich hochgiftig geworden sind.
»Ist ja gut«, sagte
Schwartz, »ist alles gut«, aber Henry war bereits von seinen Füßen durch die
klapprige metallene Sturmschutztür des Passagierraums und hinaus auf das
Vorderdeck getragen worden. Schwartz wuchtete sich hoch, um ihm zu folgen. Aber
als er ins Freie trat, war Henry bereits verschwunden. Schwartz stützte sich
schwerfällig an der Reling ab. Die Dunkelheit war vollständig, nicht ein Stern
oder ein Scheibchen Mond waren zu sehen. Das Hydrocodon, obwohl machtlos gegen
den Schmerz in Schienbeinen und Knien, strömte ihm wunderbar sanft durch den
Kopf. Er wollte nichts als zu Hause sein, liegen, sich im Bett einrollen wie
ein Kind, eine Hand auf Pellas zart gewölbtem Bauch.
Eine Tür ging auf, und
dunkle menschliche Umrisse erschienen. Die Gestalt gähnte laut, sonderte ein
paar sympathische Flüche ab und entzündete, die noch geöffnete Tür als Schutz
gegen den Wind nutzend, ein Streichholz, wodurch das fleischige, fleckige,
liebenswert konturlose Gesicht von Rick O’Shea erkennbar wurde, zwischen dessen
Lippen eine selbstgedrehte Zigarette steckte. »Schwartzy?«, stieß er mit dem
Rauch hervor, blinzelte mit zusammengekniffenen Augen ins Dunkel und ließ die Tür
hinter sich zuknallen. »Bist du das, Junge?«
»Ich bin’s.«
Rick schlurfte herüber,
lehnte sich gegen die Reling und blies gedankenverloren ein Rauchgebilde in die
Nacht. »Verfluchtes Drecksspiel.«
Schwartz nickte.
»Hast du mit Skrim
gesprochen?«
Bevor Schwartz sich für
eine Antwort entscheiden konnte, waren plötzlich in der Entfernung Schritte zu
hören, und eine weitere Gestalt erschien, diesmal eine, deren Silhouette die
Hände auf den Kopf gelegt hatte, die Ellbogen ausgestellt wie Flügel. Der Kopf
wippte auf und ab, im Rhythmus einer stummen Musik. Als die Gestalt sich
näherte, hörte Schwartz kurze, scharfe Atemzüge, die an Hyperventilation
grenzten.
»Skrimmer.« Schwartz
legte eine Hand auf das glatte Gewebe von Henrys Aufwärmjacke, aber Henry lief
weiter, ohne sein Tempo zu drosseln. »Ich lauf einfach«, sagte er atemlos, noch
immer nickend. »Ich werd einfach laufen.«
»Alles klar,
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