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Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
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etwas«, sagte
Owen.
    »Ich weiß nicht so
recht, was.« Affenlight merkte, wie seine rechte Hand seinen Bauch auf eine
Weise hielt, die Unwohlsein andeutete. Er steckte die Hand unter den
Oberschenkel. »Ich habe das noch nie gemacht.«
    »Ich weiß«, sagte Owen.
»Das war offensichtlich.«
    Affenlight wurde blass.
Nicht nur dass das, was er getan hatte, eigenartig, beschämend und irgendwie
falsch gewesen war – falsch nicht in irgendeinem gängigen ethischen Sinn,
sondern einfach, weil er sich so eigenartig fühlte, so mitgenommen und
sprachlos war –, nein, er konnte es zudem noch nicht einmal besonders gut. »War
es so schlecht?«
    »Es war gut.«
    »Gut?«
    »Besser als gut. Es war
wunderbar. Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist?«
    Affenlight nickte und
sah Owen flehend an. Er wollte, dass Owen all das verstand, was er nicht
geradeheraus sagen konnte, weil ihm im Moment der Mut oder die
Geistesgegenwärtigkeit fehlte, wollte, dass er es in seinen Augen las, ohne es
gesagt zu bekommen, dass er es verstand und nicht wütend wurde, doch das war zu
viel verlangt, selbst von Owen konnte man das nicht verlangen. Aber vielleicht
verstand Owen ja auch haargenau, wie er sich fühlte, und genau das war das
Problem. Owen stand auf, klopfte Affenlight tröstend auf die Schulter und
verließ den Raum.
    Nach ein paar Minuten
verschwanden Affenlights Bauchschmerzen. Er ging zum Fenster. Die Dämmerung
setzte ein. Ein leichter Frühlingsregen ging über den Blumenbeeten nieder, und
ein leichter Wind ließ die Blätter der frischbelaubten Bäume erzittern. In
Phumber 405 ging kein Licht an. Wohin war Owen
gegangen, wenn nicht in sein Zimmer? Zum Essen womöglich. Oder in die
Bibliothek. Oder er hatte sich in die Arme eines anderen, besseren, passenderen
Liebhabers fallen lassen. Affenlight vermisste ihn schon jetzt. Warum hatte er
sich nicht normaler verhalten und seine Verwirrung verbergen können, bis sie
wieder verschwand? Sich Owen gegenüber nicht erklären können? Musste die Liebe
sich nicht manchmal selbst erklären?
    Dort am Fenster seines
sich verfinsternden Büros beschloss Affenlight, nicht weiter um Owens Zuneigung
zu kämpfen. Nicht dass er nach dem heutigen Tag überhaupt noch im Rennen
gewesen wäre. Owen würde nicht wiederkommen, und so war es auch am besten. Er
würde mit einem Gleichaltrigen glücklicher sein, mit jemandem, der mehr vom
Schwulsein verstand. Affenlight würde Pella anrufen und mit ihr ins Maison
Robert fahren – das gehörte zu den Dingen, die er ohnehin besser tun sollte.
Sie hatten bisher so wenig Zeit miteinander verbracht. Seine Bauchschmerzen
waren ein Zeichen dafür gewesen.
    Er ging zum
Schreibtisch und rief auf dem Apparat oben an, um zu sehen, ob Pella da war,
und lauschte den ersten beiden Klingelzeichen. Die Bürotür öffnete sich wieder.
Owen stand da, sein lädiertes Gesicht ins Licht getaucht, sein sanftes,
einseitiges Lächeln heiliger als alles, was die alten Meister je zustande
gebracht hatten. Affenlight legte den Hörer in dem Moment zurück auf die Gabel,
als Pella Hallo sagte. »Ich dachte, du wärst gegangen«, sagte er.
    »Gegangen? Ohne
Schuhe?« Owen wies mit dem Kopf auf seine Sattelschuhe, die direkt neben dem
Sofa standen, die Fersen ordentlich aneinander. Dummer, törichter Affenlight!
»Ich habe Kaffee gemacht.« Er reichte Affenlight einen dampfenden Becher. GEFÄLLT’S MUTTI NICHT, IST KEINEM GEHOLFEN stand dort in abgegriffenen rosa
Buchstaben. »Sollen wir eine Zigarette rauchen?«
    Affenlight lächelte.
Das war der Gedanke, der sich ihm entzogen hatte, jener kleine Schalter in den
Untiefen seines Gehirns, der umgelegt werden musste, um ihn aus seinen vagen
Ängsten in sein tatsächliches, physisches Leben zurückzuholen: Nach dem Sex,
nach Oralsex mit seinem Heiligen von einem Liebhaber, seinem
einundzwanzigjährigen Heiligen von einem Liebhaber, seinem einundzwanzigjährigen
Heiligen von einem männlichen Liebhaber, sollte man eine Zigarette rauchen.
Natürlich! Es war alles viel einfacher, als es aussah. Wiederhole es wie ein
Mantra, Guert: Es ist alles viel einfacher, als es aussieht.
    »Das Rauchen im Büro«,
sagte er und wies mit einem Kopfnicken auf das handgemalte Schild, während er
seine Manteltaschen nach Zigaretten abtastete, »ist ausdrücklich verboten.«
    Das wurde ihnen zur
festen Routine: Nachdem sie getan hatten, was sie auch heute getan hatten, ging
Owen hinaus auf den Flur und kam acht Minuten später mit den zwei

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