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Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
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»Wie du mir gesagt hast.«
    »Oh.« Es stimmte, dass
sie Henry das vor Tagen gesagt hatte – sie wollte eine Zeitlang nicht an ihren
Vater denken, und sie wollte nicht, dass Noelle und Courtney irgendwelche
verzweifelten Botschaften hörten, die sie zu Klatsch und Tratsch über den
Präsidenten anregen würden –, aber es erschien ihr anmaßend, vielleicht sogar
grausam, dass Henry es wirklich getan hatte. »Okay.«
    »Er sagte, dass er mit
dir über irgendetwas sprechen wollte. Er sagte, er würde heute Abend zu dem Spiel
gehen, wäre aber auf dem Handy zu erreichen.«
    »Okay. Danke.«
    Henrys Finger drehten
den orangen Deckel immer wieder auf und zu. Ihm war etwas eingefallen. »Was für
ein Tag ist heute?«
    »Samstag.«
    »Oh. Wow. Wirklich?«
    »Überrascht dich das?«
    Er sank auf einen der
Küchenstühle, drehte am Verschluss herum. »Dann ist heute Abend das Finale. Sie
sind ins Finale gekommen. Sie könnten es in die Nationalrunde schaffen.«
    Es gab wenig, was Pella
dazu sagen konnte. Sie nahm zwei Schüsseln aus dem Geschirrständer und versuchte
die Suppe über den Rand des Topfes hineinzuschütten, ohne dass etwas
danebenging. Bestimmt gab es in irgendeiner der Schubladen eine Schöpfkelle,
aber sie wusste nicht, in welcher. Es war lästig, in einer Wohnung zu leben, in
der einem nichts gehörte, in der einem jede Bewegung, die man machte, wie
Diebstahl vorkam. Noelle fühlte sich jetzt schon durch Henrys permanente
Anwesenheit gestört und machte immer wieder spitze Bemerkungen darüber, dass
man die Miete eigentlich durch vier teilen müsse. Pella musste mit Henry
darüber sprechen, aber das konnte bis morgen warten.
    Selbst nach den Eiern
Benedikt war Pella noch ausgehungert; in letzter Zeit aß sie mehr, eine
Nebenwirkung der vielen Arbeit und des regelmäßigen Trainings. Die Suppe,
Mulligatawny, schmeckte vorzüglich, und es wäre interessant gewesen, die
einzelnen Zutaten zu analysieren, aber ihr erster Gedanke war, dass sie Henry
zu schwer und zu scharf sein würde. Und tatsächlich schlürfte er nur ein wenig
davon und legte dann den Löffel neben seine Schüssel. Eine Hühnersuppe mit
Nudeln oder etwas in der Art wäre milder und besser gewesen. Nicht dass sie
eine Wahl gehabt hätte: Tagessuppe war Tagessuppe. Hier lag eine Art
Stockholm-Syndrom vor, oder ein umgekehrtes Stockholm-Syndrom, je nachdem, wen
man als Geisel und wen als Geiselnehmer betrachten wollte – sie konnte die
Suppe nicht einmal für sich selbst schmecken, sondern stellte sie sich auf
Henrys Zunge vor.
    Sie aß ihre Schüssel
leer. Dann aß sie Henrys Schüssel leer. Sie stellten die ungespülten Schüsseln
ins Spülbecken und gingen ins Schlafzimmer. Pella stand auf der einen Seite des
Futons und zog sich bis auf die Unterwäsche aus, während Henry auf der anderen
Seite dasselbe tat. Durch das Schwimmen und Töpfeschrubben wurden ihre Arme
fester, weniger schlaff; ihre Tätowierungen sahen dadurch klarer, besser
gezeichnet aus. Eines nicht mehr fernen Tages würde sie sich für alle Zeiten
mit ihrem Vater versöhnen. Pellas halbes Leben lang hatten sie gestritten, und
doch fühlte sich jeder Streit wie ein Ausrutscher an. Wie schlimm die Dinge
zwischen ihnen auch standen – wenn sie die Hand nach der Zukunft ausstreckte,
bekam sie stets den Moment zu fassen, und mochte er noch so weit entfernt sein,
da sie einander so nah sein würden wie früher, als sie sechs gewesen war oder
zehn.
    Sie ließ sich auf einer
Seite auf den Futon sinken, Henry auf der anderen. Sie lagen in den kühlen,
trockenen Laken, die Gesichter einander zugewandt, die Köpfe auf den Kissen. Es
waren die Laken und Kissen der Vormieterin, die im Flurschrank zurückgeblieben
waren. Pella hatte sie zweimal gewaschen, statt neue zu kaufen. Das gehörte zu
ihrer neuen Genügsamkeit. Henry zugewandt, lag sie auf ihrer linken Seite, ihr
Körper drückte sich mit einer angenehmen, erschöpften Schwere in die Matratze.
Sie wusste, dass sein unterdrücktes Gähnen etwas anderes bedeutete als ihres,
dass es ein Anzeichen für eine gefangene, blockierte Energie war, die sich nach
innen wendete und sich selbst verzehrte, und sie fühlte mit ihm. Sie waren wie
Kinder oder Kranke, um sieben Uhr im Bett. Ihre Hand glitt auf seine Hüfte. Er
zuckte zusammen, dann entspannte er sich.
    In dieser Nacht war es
anders, seltsamer als beim ersten Mal, eine Art Kapitulation vor der fragilen
Bedeutungslosigkeit des Erwachsenseins. Sie hätte nicht zugelassen, dass er

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