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Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
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Plate. Bei dem Schlagmann
der Harpooners handelte es sich um den Jungen, der Henry Skrimshander als
Shortstop ersetzte – Affenlight war stolz darauf, seine Studenten namentlich zu
kennen, aber die Namen der erst kürzlich immatrikulierten hatte er häufig noch
nicht im Gedächtnis. Der Nicht-Henry lateinamerikanischer Abstammung, wie auch
immer er hieß, bekreuzigte sich mehrmals hintereinander mit raschen Bewegungen,
bevor er zum Schlagmal vorging. Er bekam einen Strike, dann noch einen. Zwei
schwierige Würfe ließ er absichtlich durchgehen und schlug dann einen
Aufsetzer, der vom Handschuh des Second Baseman abprallte. Jetzt waren alle
Bases besetzt.
    » Fast gut!«, jubelte Affenlight, nicht ohne eine gewisse hämische Schadenfreude in
der Stimme. Und bereute es gleich wieder. Was, wenn der Second Baseman der Sohn
der Frau war? In jedem Fall war er der Sohn von irgendjemandem.
    »Spielt Ihr Sohn mit?«,
fragte er im Versuch einer Wiedergutmachung, aber die Frau bedeutete ihm nur,
still zu sein, und zeigte aufs Feld. Mike Schwartz, der gehörnte Liebhaber
seiner Tochter, ging auf die Home Plate zu.
    Der Fänger
signalisierte Auszeit und lief los, um Trevor zu beruhigen, der hinter dem
Wurfhügel auf und ab marschierte und wütend vor sich hin schimpfte. Affenlight
richtete seine Aufmerksamkeit auf den anmutigen Owen, der, mit beiden Füßen auf
der winzigen Insel der Third Base stehend, in die Gesäßtasche seiner Trikothose
griff und eine Rolle Pfefferminzdragees hervorholte. Er bot Coach Cox eins an,
der mit verschränkten Armen ablehnte, und dann dem Third Baseman, der mit den
Schultern zuckte und die Hand ausstreckte.
    Verglichen mit Owen –
verglichen mit wem auch immer – gebärdete Mike Schwartz sich am Schlagmal wie
ein kaum zu zügelnder Stier, schnaubend und hyperaktiv. Sein Standbein bohrte
sich in die Erde, bis es den gewünschten Halt gefunden hatte, dann wand er sich
in der Hüfte, um seinen x-beinigen Stand noch fester im Boden zu verankern,
seine Schultern tänzelten auf und ab, während seine Fäuste knappe, ruckartige
Bewegungen machten, wodurch die Spitze des Schlägers die Luft filettierte. Er
stand nah an der Home Plate, schwebte mit seinem massigen Oberkörper über ihr,
wie um den Werfer herauszufordern, noch eine freie Stelle für den Ball zu
finden. Affenlight vermochte nicht zu sagen, ob diese bedrohliche
Bewegungsenergie in Schwartz’ Natur lag oder ob die Darbietung der
Einschüchterung diente; wahrscheinlich war eine solche Unterscheidung ohnehin
müßig. Erst im eigentlichen Moment des Wurfs wurde er ruhig, der Schlag kam
kompakt und gefährlich, und der Ball – es war ein hochplatzierter Fastball
gewesen, wahrscheinlich jenseits der hundertvierzig Stundenkilometer – schoss,
von einem klaren, lauten Ping des Aluminiums
begleitet, vom Schläger. Affenlight machte einen Satz und stieß die Faust in
die Luft. Der Ball landete zwischen den hohen Tannen hinter der Mauer am Ende
des linken Außenfelds, und alle vier Harpooners – Owen, Starblind, Nicht-Henry
und Schwartz selbst – trampelten einer nach dem anderen freudig auf die Home
Plate. Vier zu drei für die Harpooners.
    Adam Starblind, der
Center Field gespielt hatte, bezog nun Position, um während der letzten beiden
Innings zu werfen. Im achten strandete ein Läufer der Titans auf der Third
Base, und im neunten schalteten Nicht-Henry und Professor Guladnis Sohn Ajay
mit einem eleganten Doubleplay gleich zwei Läufer auf einmal aus und beendeten
damit das Spiel. Zwischen den Verkaufsständen hindurch lief Affenlight auf
Duane Jenkins zu, den Sportwart von Westish, der hinter der Spielerbank der
Harpooners stand und den Siegesjubel mit dem Handy filmte.
    »Nationalrunde«, sagte Duane strahlend. »South Carolina.
Kannst du das glauben?«
    »Jetzt schon.«
Affenlight streckte die Hand aus. »Gratuliere, Duane. Da steckt eine Menge
harter Arbeit drin.«
    »Ich würde das Lob
wirklich gern annehmen. Aber wir wissen doch alle, wem wir das zu verdanken
haben.« Duane nickte zum Spielfeld hinüber, wo Mike Schwartz, der irgendwo
einen Klappstuhl ergattert hatte, etwas abseits allein saß und schweigend die
Verschlüsse seiner Schienbeinschoner öffnete, während seine Mitspieler um Adam
Starblind herumtanzten, der den großen Möchtegern-Goldpokal in die Luft reckte.
    Affenlight legte einen
Arm um Duanes schwitzige Schultern. »Genau darüber wollte ich mit dir
sprechen.«

66
    —
    Alkohol war durch eine Verordnung

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