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Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
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Bauch eingezogen und Angst zu atmen, als
könnte Schwartz ihm gleich sehr wehtun. Zu Recht. Dies war nicht der
College-Bubi Schwartz, der sich aufplusterte, um Eindruck zu schinden. Dies war
nicht Schwartz light. Dies war das volle Programm, der Schwartz, den zu Gesicht
bekommen diese Privatschulweicheier niemals erwartet hätten. Niemand machte
Anstalten einzuschreiten. Niemand machte überhaupt irgendwelche Anstalten.
    »Dieses Wochenende ist
nicht das Ende!« Schwartz ließ Rick los, er sprach zu ihnen allen. Er schlug
mit der Faust gegen einen Spind, dachte noch nicht einmal daran, die Linke zu
nehmen. Er verbeulte das Metall, seine Knöchel waren blutig. »Jeder, der das
anders sieht, jeder, der lieber für McKinnon, Chute oder Northern Missouri
spielen würde, kann sich verpissen. Ich gewinne einen Regionaltitel, und dann
gewinne ich eine Nationalmeisterschaft. Und wisst ihr was? Ihr Arschgeigen
werdet mitmachen.«
    Coach Cox war in die
Umkleide gekommen und schaute unbeteiligt zu, die Hände in den Hosentaschen.
Durch den Schleier seiner Wut sah Schwartz eine gläserne Eisteeflasche in
Loondorfs Hand. Er griff sie sich und schleuderte sie etwa einen halben Meter
über Coach Cox’ Kopf hinweg, einfach so. Es war völlig bescheuert, das zu tun,
aber er brauchte ihre Aufmerksamkeit. Coach Cox duckte sich. Die Flasche
zerschellte an der schmuddeligen Fliesenwand zwischen Uhr und Trinkbrunnen.
Glasscherben regneten herab.
    »Ihr wollt Party
machen?« Schwartz schlug gegen Spinde, gegen seine Brust, gegen alles, was dumm
genug war, sich in seiner Nähe zu befinden. »Dann wird es eine gottverdammte
Nationalmeisterschaftsparty. Das ist die einzige Party, auf die irgendwer in
diesem Raum gehen wird. Weil wir es nicht verkacken werden. Wir sind die
Westish Harpooners. Kapiert ihr, was ich sage? Kapiert ihr
das? «
    Er sank auf eine
splitterübersäte Bank nieder. Seine Schultern hoben und senkten sich, als ob er
weinte, aber es gab weder Tränen noch Geräusche. Er kam sich erbärmlich vor.
Bis zu diesem Tag hatten seine Ansprachen und Tiraden immer etwas von einer
Performance gehabt, hatte immer auch Kalkül eine Rolle gespielt. Diesmal war es
reine Not gewesen. Nach der Saison wartete das Nichts auf ihn. Kein Baseball,
kein Football. Keine Pillen, keine Wohnung, kein Job. Keine Freunde, keine
Freundin. Nichts. Und das musste für sie alle gelten, bis zum letzten Mann. Sie
konnten nicht einfach nur gewinnen wollen. Die anderen Mannschaften wollten
auch gewinnen, und sie hatten mehr Talent. Die Harpooners mussten dasselbe
Gefühl haben wie er: dass sie sterben würden, wenn sie verloren.

64
    —
    Pella erwachte in dem Moment kurz vor der Dämmerung, in
dem die nächtliche Kohlenschwärze zu summen beginnt. Ihre Hand schoss zum
Wecker, bevor dieser auch nur ein einziges kreischendes Piiieeep von sich gab, das
Henry hätte wecken können. Sein T-Shirt, seine Socken und seine Trainingshose,
die Klamotten, die er jeden einzelnen Tag getragen hatte, seit sie eingezogen
war – seit sie, Plural, eingezogen waren –, lagen auf seiner Seite
zusammengeknüllt auf dem Teppich. Sie hob sie auf und trug das kleine Bündel
hinunter in den feuchten Halbkeller, schob es in die uralte Waschmaschine und
gab einen halben Schöpfbecher vom Waschmittel ihrer Mitbewohnerinnen hinein.
Sie putzte sich die Zähne, schlüpfte aus der Tür und machte den üblichen Umweg
um Mikes Block herum. Als sie die Karte in die Stechuhr schob, schnalzte Hero
scherzhaft mit der Zunge: drei Minuten zu spät.
    Die Studenten machten immer mehr Teller, Becher, Gläser und Besteck
schmutzig; die Köche ließen immer mehr Essen an den Böden der Töpfe verkohlen;
immer mehr Spülkräfte kündigten, weil Mai war und das Wetter herrlich und die
Abschlussklausuren bedrohlich näherrückten. Pella übernahm immer mehr
Schichten. Sie ging nicht mehr zum Unterricht. Man wusste nie, wem man in den
Vorlesungssälen oder draußen auf dem Hof über den Weg lief, und außerdem wollte
sie das Geld, das sie hier in der Sicherheit der lauten, feuchten Küche
verdiente. Sie vermisste Professor Eglantine, doch sie würde nicht mehr in den
Oral-History-Kurs zurückkehren und all den Baseballspielern wiederbegegnen. Aber
sie hatte bereits die Bücher für das Seminar gekauft, das Professor E. im
Herbst gab. Dann würden Mike und Owen fort sein, und der Rest hätte Pella halb
vergessen. Was mit Henry werden würde, konnte niemand sagen.
    Als sie mit dem
Frühstücksgeschirr

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