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Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
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auf die Owen reizend war.
    Ein babygesichtiger
Novize saß im Interview-Stuhl und blätterte in einer abgegriffenen Bibel. Seine
traurigen hispanischen Augen fanden die Kamera. RODERIGO: WARUM? ICH GLAUBE, GOTT HAT MICH HIERHERGESCHICKT. DASS ER
MEINEN GLAUBEN PRÜFEN WILL, SO WIE ER SEINEN SOHN GEPRÜFT HAT. Schnitt auf einen eisblauen,
nierenförmigen Swimmingpool. Roderigo, der mit drei Frauen im Wasser Volleyball
spielt: pfirsichfarbener Bikini, gestreifter Bikini, cremefarbener Bikini. Das
goldene Kruzifix an Roderigos Halskette schwingt ihm über die Schulter, als er
zum Schmetterball hochsteigt.
    »Fernsehen ist
eigenartig«, sagte Henry.
    Affenlight zog noch
eine Fritte heraus, während er sich fragte, was Henry wohl sonst noch alles
eigenartig fand. War es eigenartig, wenn ein College-Präsident sich derart um
einen seiner Studenten sorgte? Wenn er auf ein Baseballfeld rannte? Hinten in
einem Rettungswagen mitfuhr? Schlechtes Fernsehen schaute, während er am
laufenden Band Pommes frites aß und auf schlechte Nachrichten wartete?
    »Wie lange kennst du
Owen schon?«, fragte er.
    Henry starrte hinauf
zum Bildschirm. »Wir sind seit dem ersten Jahr Zimmergenossen.«
    Zimmergenossen!
Natürlich, jetzt erinnerte sich Affenlight: wie er vor drei Jahren von
Zulassungsstelle und Sportabteilung um Mithilfe gebeten worden war, Owen davon
zu überzeugen, einen Mitbewohner aufzunehmen. Der Mitbewohner war ein Nachzügler
und dem Vernehmen nach eine Art Baseball-Wunderkind. Affenlight hatte die Augen
verdreht, sich aber gefügt. Er mochte keine Extrawürste für Sportler und
verstand nicht, wie ein einzelner Spieler einer derart stümperhaften
Baseballabteilung helfen können sollte. Und aus dem Wunderkind war Henry
geworden, der jetzt von den St. Louis Cardinals hofiert wurde.
    Von Owen wusste
Affenlight damals lediglich, weil er dem Auswahlkomitee des
Maria-Westish-Förderpreises vorgesessen hatte. Er hatte die Eleganz des Essays
des jungen Mannes bewundert, die Bandbreite seiner Lektüre. Er hatte deshalb
seine Bewerbung favorisiert, obwohl andere Kandidaten bessere Testergebnisse
und Notendurchschnitte hatten. Aber das war reines Tagesgeschäft gewesen oder
ihm zumindest damals so vorgekommen. Er hatte das Anbändeln mit Studenten immer
vermieden, und mit einem männlichen Studenten anzubändeln, war ihm niemals auch
nur in den Sinn gekommen.
    Dann, vor zwei Monaten,
hatte die Umweltgruppe um ein Treffen gebeten. Ein Dutzend Studenten quetschten
sich in Affenlights Büro. Sie hielten ihm einen Vortrag über die schlimmen
Folgen der Erderwärmung. Sie präsentierten ihm eine zehnseitige Liste mit Colleges,
die sich verpflichtet hatten, bis zum Jahr 2020 CO 2 -neutral zu wirtschaften. Sie verlangten
Energiesparlampen, das Nachrüsten der technischen Anlagen und den Bau eines mit
Holzpellets betriebenen Biomassekraftwerks hinter den Trainingsplätzen. »Ihr
kommt zu spät auf mich zu«, sagte er, als sie fertig waren. »Wo wart ihr, als
wir noch Geld hatten?« Drei Viertel der Universitäten würden ihre Versprechen
nicht halten, das übrige Viertel war stinkreich. Außerdem, ein Dutzend
Studenten – war das alles, was sie zusammenbrachten? Wo waren die Petitionen,
die Demos, die Wut? Ein Biomassekraftwerk für ein Dutzend Studenten? Die
Mitglieder des Hochschulrats würden nur müde lächeln.
    Während er all das
gedacht hatte, war er von Owens Erscheinung in Bann gezogen gewesen, der an der
Tür lehnte, die Hände in den Taschen seiner weiten Jogginghose verbringen, während
seine Mitstreiter gestikulierten und herumschrien. Wenn er sprach, war seine
Stimme sanft und friedlich, aber die anderen verstummten, warteten selbst dann
darauf; selbst in den schrillsten Momenten warteten sie darauf, dass er
intervenierte.
    Später an diesem Abend, während er noch immer über Owen nachdachte,
darüber nachdachte, warum er über Owen nachdachte, bekam er eine E-Mail:
    Lieber Guert,
    haben Sie herzlichen Dank für das heutige Treffen mit
uns. Ich fand es konstruktiv, aber zu kakophon, um maximal produktiv zu sein.
Ich möchte Ihren vollen Terminkalender nicht über Gebühr strapazieren, aber
vielleicht könnten wir ein Treffen im kleineren Kreis vereinbaren, um zu
determinierenen, welche Projekte finanziell überhaupt denkbar wären?
    Ich grüße Sie freundlich,
O.
    Normalerweise wäre Affenlight verärgert gewesen, wenn ein
Student ihn mit Lieber
Guert angeredet und mit einem Initial unterzeichnet hätte. In
diesem Fall,

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