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Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
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Vorwärtsdrall, zwei Schritte links von
Henry. Als er den Ball beim Wurf losließ, fühlte er sich wunderbar an, so wie
sonst, war von Hunderten anderer Würfe nicht zu unterscheiden, die allesamt
makellos gewesen waren.
    Das Flutlicht ging an.
Henry umschlang sich mit den Armen und erschauderte. Die Anzeigetafel hinter
ihm war noch erleuchtet. Neuntes Inning. Einer out. WESTISH  8 GÄ TE  3. Die Spieler beider Mannschaften kauten ihre Sonnenblumenkerne oder
Kaugummis und schauten schweigend zu, auch wenn das Schweigen zu nichts gut
war. Henry wünschte, sie würden brüllen, ihre Köpfe nach hinten werfen und
Zeter und Mordio schreien, bis die Sanitäter Owen auf ihr blassblaues
surfboardartiges Ding geschnallt und ihn zum Leichenschauhaus geschafft hatten.
Das wäre zumindest irgendetwas gewesen.
    Schwartz tauchte aus
dem Unterstand auf und kam über das Feld – groß, o-beinig, ohne jede Eile. Er
trug noch immer Brustschutz und Schienbeinschoner, die Kappe nach hinten
gedreht. Er sah in dieselbe Richtung wie Henry und legte ihm eine Hand auf die
Schulter.
    »Alles in Ordnung?«
    Henry biss sich auf die
Lippe, sah zu Boden.
    »Den Buddha hat’s kalt
erwischt.«
    »Kalt erwischt?« Eine
sonderbare Art, jemandem vom Tod eines Menschen zu berichten, fand er.
Sonderbar, aber unmissverständlich. Denn was war kälter als der Tod?
    »Kalt erwischt«,
bestätigte Schwartz. »Hast ihm ganz schön einen verpasst. Wird ihm wehtun
morgen.«
    »Morgen?«
    »Du weißt schon. Der
Tag nach heute.«
    Die beiden standen da,
Seite an Seite in dem gelblich unwirklichen Licht des Spielfelds, das entfernte
Dinge nah erscheinen ließ. Nach einer Weile sagte Schwartz: »Wenigstens sind
die beiden Scouts abgedampft, bevor die Chose losging.«
    Auch Henry war der
Gedanke gekommen, aber er war froh, nicht derjenige zu sein, der ihn äußerte.
Die Sanitäter trugen Owen aus dem Unterstand, senkten die zusammenklappbaren
Beine der Rolltrage zu einem X ab und schoben ihn zum Rettungswagen. Die Fans
und die Spieler aus Milford applaudierten. Wenn solche Dinge im Fernsehen
passierten, hob der festgeschnallte Sportler stets die Hand, um dem Publikum zu
signalisieren, dass alles wieder in Ordnung kommen würde. Um zu signalisieren,
dass der Geist des Menschen trotz aller Härten des Lebens letztlich obsiegte.
Owen tat nichts dergleichen. President Affenlight kletterte hinter der Trage in
den Rettungswagen, der kreischend davonfuhr.
    Schiedsrichter und
Coaches kamen an der Home Plate zusammen, berieten sich eine Weile und
schüttelten einander dann die Hände. Als er zum Rest der Mannschaft
zurückkehrte, winkte Coach Cox Henry und Schwartz zu sich. Schwartz legte Henry
eine Hand ins Kreuz und geleitete ihn auf den wirren Haufen zu.
    »Wir haben das Spiel
abgebrochen.« Coach Cox glättete seinen gestutzten schwarzen Schnäuzer, sprach
in gestutzten schwarzen Worten. »Glückwunsch zum Punktsieg. Ich weiß, ihr macht
euch Sorgen um Dunne. Wir können aber nicht zu zwanzigst vorm Krankenhaus
herumlungern. Also, ab nach Hause, unter die Dusche. Sobald ich was höre, sag
ich euch Bescheid. Alles klar?«
    Rick O’Shea hob die
Hand. »Morgen frei?«
    Coach Cox zeigte mit
dem Finger auf ihn. »O’Shea. Nimm dich in Acht. Training um drei. Und jetzt
lasst uns hier verschwinden, bevor wir uns die Ärsche abfrieren.« Als die
Spieler auseinanderliefen, drückte er Henry die Schulter. »Ich fahr ins
Krankenhaus. Soll ich dich mitnehmen?«
    »Wir fahren mit meinem
Wagen«, sagte Schwartz. »Dann können Sie nachher direkt los.«
    Coach Cox lebte in
Milwaukee, zwei Stunden in Richtung Süden, und pendelte während der Saison.
»Verfluchter Dunne«, murmelte er und strich sich den Bart. »Der und seine
verfluchten Bücher.«
    Henry wartete an der
Seite, bibbernd und mit Gänsehaut, während seine Teamkameraden ihre Sachen
zusammenpackten. Wortlos klopften sie ihm auf den Rücken und gingen durch den
für den Frühlingsanfang typischen Schlamm der pechschwarzen Trainingsplätze auf
den Campus zu.
    Als sie selbst für
Henrys gute Augen nicht mehr zu erkennen waren, holte er tief Luft und ging die
Stufen zur Spielerbank hinunter.
    Der Unterstand war
niedrig, langgestreckt und dunkel. Die Betonmauern strahlten eine beunruhigende
Kühle aus, wie der Frachtraum eines Schiffs in der Antarktis. Ein dünner,
fransiger Lichtstrahl bohrte sich ein, zwei Meter durch das Grau und
erleuchtete ein kleines Stück Wand. Owens Leselampe, noch immer festgeklemmt an
seiner

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