Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
Vom Netzwerk:
genommen.«
    »Niemals!«
    Schwartz konnte nicht
mit Sicherheit sagen, ob Ricks Fuß auf der Base gestanden hatte oder nicht. Für
gewöhnlich hätte er nicht herumdiskutiert, aber Rick schien felsenfest
überzeugt – und wenn der Läufer safe war, würde der Durchgang als Fehler
verbucht werden. Henrys Serie wäre vorbei, und Aparicios Rekord bliebe
ungebrochen. Er wandte sich an den Schiedsrichter an der Home Plate. »Hast du’s
gesehen, Stan?«
    »Nicht meine
Entscheidung.«
    »Du bist hier
verantwortlich.«
    Stan schüttelte den
Kopf.
    »Bin gleich wieder
zurück.« Während Schwartz sich ihm näherte, nahm der Feldschiedsrichter seine
hockende Position wieder ein, die Hände auf den Oberschenkeln, und linste in
Richtung Home Plate, als wäre von dort gleich der nächste Wurf zu erwarten. Es
war seine Art zu sagen, Bleib mir vom Leib . Schwartz
kam auf ihn zu. »Knappe Kiste.«
    Der Schiedsrichter ließ
die Hände auf den Schenkeln ruhen und ignorierte Schwartz einfach. »Stan
meinte, ich sollte zu dir gehen«, sagte Schwartz.
    »Schön für Stan.«
    Schwartz sah zu Henry,
der den Kopf gesenkt hatte und mit seinen Stollen gewissenhaft den Staub
glättete. »Er hatte ihn«, sagte er.
    Der Schiedsrichter
blieb in der Hocke und starrte geradeaus.
    »Steh auf und rede mit
mir wie ein Mann«, sagte Schwartz.
    »Pass auf, was du
sagst.«
    »Pass du lieber auf.
Das war eine Fehlentscheidung, und du weißt es.«
    »Ich weiß nicht, für
wen du dich hältst, Junge, aber ich fange jetzt an zu zählen, und bei eins bist
du verschwunden.«
    »Junge?«, wiederholte Schwartz. Er senkte das
Kinn, um dieser nichtsnutzigen Witzfigur in die wässrigen Augen zu starren.
    Vielleicht tat es der
Unparteiische mit voller Absicht, vielleicht verunsicherten Schwartz’ gut
einhundert bedrohlich über ihm schwebende Kilo ihn so, dass er sich mit Worten
nicht mehr zu helfen wusste, oder vielleicht waren solche Dinge einfach
unvermeidlich, wenn sich zwei Gesichter derart nah kamen – jedenfalls flog ihm
ein Tröpfchen Spucke aus dem Mund und traf Schwartz an der Wange. Eine rote
Wolke senkte sich auf Schwartz herab. Niemals hätte er Henry von seinem
Jurastudium erzählen dürfen. »Du kleine Made«, zischte er. »Dein richtiger Job
stinkt, deine Alte auch, also kommst du hierher und kommandierst jedes
Wochenende ein paar College-Kids herum, damit du dich wie ein Mann fühlst, ein
toller beschissener Hecht, ein toller beschissener Möchtegern-Hecht, und jetzt rotzt du mich an? Hast du irgendeine
Ahnung , mit wem du dich hier anlegst? Ich reiß dir den Arsch auf. Ich
zerreiß dich und fress deine ver-«
    Das Nächste, was
passierte, war, dass Coach Cox seine Taille umfasst hielt und ihn vom Feld
führte, wobei er seelenruhig Kaugummi kaute, während sich Schwartz halb
umwandte, um den Schiedsrichter weiterhin anbrüllen zu können. Der
Unparteiische fummelte an seinem Ball-Strike-Anzeiger und tat, als hörte er
nicht zu. Schwartz brach mitten im Satz ab. Die rote Wolke vor seinen Augen
begann sich zu verziehen, und er fragte sich, was er alles gesagt hatte.
Natürlich war er vom Platz gestellt worden. Er warf einen Blick zurück zu
Henry, der kaum sichtbar mit den Schultern zuckte. Schwartz hätte es ihm
niemals erzählen dürfen, nicht direkt vor einem Spiel.
    Er lenkte seinen Blick
auf die Anzeigetafel am rechten Ende des Spielfelds. Da war es, hell wie der
lichte Tag, das grüne Lämpchen, das in der Ferne unter dem Buchstaben E blinkte. Über die Lautsprecher sagte jemand ein paar
Worte, gab das Ende von Henrys Serie bekannt. Das Publikum, einschließlich der
Scouts und Spieler beider Teams, erhob sich wie ein Mann und begann zu
applaudieren.

22
    —
    Affenlight schlüpfte aus dem Büro, eine schmale
Whitman-Ausgabe in der Innentasche seines Jacketts verborgen wie eine Waffe. Er
eilte zum Auto, lief dicht an die bleichen Steinwände der Scull Hall gedrückt,
damit ihn niemand von den oberen Fenstern aus sehen konnte. Die Scull Hall
sollte, obwohl sie in Größe und Form den anderen Gebäuden am Kleinen Hof
entsprach, etwas distinguierter aussehen, da sie Büro und Dienstwohnung des
Präsidenten beherbergte, weshalb auch der schmale Streifen Erde zwischen
Fundament und Gehweg bereits umgegraben, gedüngt und mit Blumenzwiebeln
bepflanzt worden war. Der feuchte, mit winzigen weißen Nährstoffkügelchen
gesprenkelte Boden sandte einen angenehm schweren schwarzen Geruch aus. Pella
hatte er gesagt, er müsse bis vier Uhr arbeiten, danach

Weitere Kostenlose Bücher