Kunst des Feldspiels
Briefkasten ein
Mr. Asch – würde einen Blick auf die von ihr geschaffene Ordnung werfen
und etwas Ätzendes sagen, »Alter, ist die Kleine psycho oder was?«, oder
Ähnliches. Und Mike würde mit den Schultern zucken und sie nie wieder anrufen.
Sie sah hinab in den
weißen Schaum. Dampf stieg vom Wasser auf, strich ihr über Wangen und Kinn.
Ihre Hand ruhte auf dem kreuzförmigen Heißwasserventil, das sich warm anfühlte.
Sie wollte wirklich, wirklich gern abspülen. Einmal spätnachts, nicht lange
nachdem sie nach San Francisco gezogen war, hatte sie wirklich, wirklich gern
eine bereits etwas überreife Avocado zerteilen und den Kern zwischen den
Handflächen reiben wollen. Es war ein ecstasyartiges Verlangen gewesen, obwohl
sie kein Ecstasy genommen hatte. Sie hatte David überredet, mit ihr zu drei
Supermärkten zu fahren, um die richtige Avocado zu finden. Erzählt hatte sie
ihm, sie hätte Heißhunger auf Guacamole – ein akzeptableres Verlangen, wenn
auch nur knapp. Glücklicherweise war er eingeschlafen, während sie so tat, als
mache sie Guacamole, aber in Wirklichkeit nur den schleimigen Kern zwischen den
Handflächen rieb. Am nächsten Morgen, als die Chips und der gelb-grüne Matsch
tief unten im Küchenmüll vergraben waren, hatte sie behauptet, alles
aufgegessen zu haben. Wie man Guacamole machte, wusste sie noch immer nicht.
Für Pella markierte
diese Episode eine Art Traummarke in Sachen kleiner, aber unwiderstehlicher
Sehnsüchte, aber das Verlangen, dieses Geschirr abzuwaschen, war sogar noch
größer. Sie konnte bereits das geschrubbte Weiß der frisch gebleichten Spüle
vor sich sehen, die umgedrehten Töpfe, die auf der Arbeitsplatte zum Trocknen
aufgereiht lagen. Vielleicht würde Mr. Asch sie gar nicht für psycho
halten. Vielleicht war er sogar begeistert. Wer wünschte sich kein Hausmädchen,
das umsonst arbeitete? Womöglich war Mr. Asch bloß traurig, so wie sie
traurig gewesen war, und das war der Grund, warum die Küche ein solcher
Saustall war. Womöglich brachte eine geschrubbte Spüle genau den Auftrieb, den
er brauchte. Schlampigkeit und Verzweiflung bedingten sich in hohem Maße
wechselseitig – die Unfähigkeit, Einfluss auf das eigene Umfeld zu nehmen und
so weiter. Apropos Verzweiflung – sie hatte ihre himmelblaue Pille noch nicht genommen.
Wahrscheinlich würde sie in ungefähr fünf Minuten stechende Kopfschmerzen
haben. Besser, sie genoss den Aufschub, solange er anhielt.
Während ihre diese
Gedanken durch den vom Schlaf beflügelten Kopf gingen, hatte sie bereits einige
Teller geschrubbt und sie in einer Fächerformation zum Trocknen auf der
Küchentheke ausgebreitet. Eine Handvoll Besteck rief ihren Namen. Welche Strafe
auch drohte, nun blieb ihr nichts anderes übrig, als den ganzen Abwasch zu
machen. Sie friemelte den Lappen zwischen zwei Zacken einer Gabel und wienerte
drauflos.
Als sie fertig war, war
sie richtig ins Schwitzen gekommen und brauchte ihre himmelblaue Pille
wesentlich dringender als einen Kaffee. Auf dem Weg nach draußen hielt sie
einen langen Moment im Türrahmen inne und bewunderte das leere Spülbecken.
21
—
Als die Harpooners nacheinander aus dem Bus stiegen,
verpasste jeder der schwarzen Gummirobbe über der Tür, dem Glücksbringer, einen
Klaps. Die vier Stunden Fahrt in Richtung Süden machten sich beim Wetter
bemerkbar: Vögel tschilpten, und lehmiger Frühlingsgeruch hing schwer in der
Luft. Loondorf musste niesen. Die Wolken rissen auf, schrumpften zusammen und
gaben marmorierte Flecken von ausgewaschenem Blau frei. Die Spieler aus Opentoe
in ihren abgewetzten braun-grünen Trikots kalkten die Spielfeldbegrenzungen und
harkten die Laufwege zwischen den Bases wie alte Siedler.
»Alles beim Alten in Opentoe«, bemerkte Rick O’Shea, kratzte sich
den beginnenden Bierbauch und blinzelte verschlafen. »Dieselben hässlichen
Mist-Trikots.«
Starblind nickte.
»Dieselben Vollidioten.« Opentoe College war auf irgendeiner evangelikalen
Mission unterwegs, zu der zwingend immerwährende Freundlichkeit und
hoffnungslos veraltete Trikots gehörten. Dafür hassten die Harpooners sie. Dass
ausgerechnet das einzige College innerhalb der UMSCAC , das noch weniger Geld für seine
Baseballabteilung ausgab als Westish, ihnen regelmäßig den Arsch versohlte,
machte sie unbeschreiblich wütend. Zudem ließen sich die Opentoe-Spieler
niemals auch nur im Geringsten zu Verbalattacken hinreißen. Gelang einem ein
Walk, sagte der First Baseman
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