Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
Vom Netzwerk:
Schirm
seiner Kappe. Das Gejohle schwoll an, erreichte seinen Höhepunkt und verlor
sich dann. Schwartz trottete zurück zum Bus. Asch zog Beinschoner und
Brustpanzer an und schleppte sich an seine Position hinter der Home Plate.
    Zwei Innings später
unterlief Henry der nächste Fehler. Er ähnelte dem ersten: Er schnappte sich
einen routinemäßigen Aufsetzer, holte zweimal aus und brachte dann Rick mit
einem tiefen, seitlichen Ball dazu, die Base zu verlassen. Er stieß die Faust
in den Handschuh und zog die Kappe so weit wie nur irgend möglich in die Stirn.
Was zum Henker war hier los? Stimmte mit seinem Arm etwas nicht? Nein, der
fühlte sich stark und gut an. Denk nicht so viel nach. Wirf einfach.
    Nach dem Spiel – die
Harpooners gewannen 8:1 – ging er zum
Bus, um mit Schwartz zu reden, wurde aber von einem breitschultrigen blonden
Typen im Oberhemd aufgehalten, auf dem das Logo der Cardinals prangte. Seine
Nasenlöcher glühten rundum in einem verschnupften Rosa. »Henry«, sagte er beim
Händeschütteln, »Dwight Rogner. Wir haben telefoniert. Gutes Spiel da draußen.«
    »Ich wünschte, ich
hätte etwas besser gespielt.«
    »Mach dir wegen der
Fehler keinen Kopf«, sagte Dwight. »Gott, du hast in zweieinhalb Jahren zwei
Fehler gemacht! Wenn wir das nur alle von uns behaupten könnten. Ich habe neun
Jahre lang in den Minors gespielt und in den Majors dann genau zwei Mal den
Schläger in der Hand gehabt. Und eines kann ich dir verraten: So ziemlich
jeder, mit dem ich zusammen in der Umkleide gesessen habe, ist entweder
Alkoholiker oder hatte ein christliches Erweckungserlebnis. Schnaps oder Gott.
Das ist es, was das Spiel mit dir macht. Spielen bedeutet Scheitern, und kommt
man damit nicht zurecht, wird man nicht lange spielen. Niemand ist unfehlbar.«
    Henry nickte. Dwight,
dessen feuchte Augen fröhlich im Sonnenlicht funkelten, gegen das tiefhängende
Wolken immer wieder Störmanöver fuhren, schüttelte ihm erneut die Hand. »Wir
sprechen uns bald«, sagte er. »In Ordnung?«
    »In Ordnung«, sagte
Henry.
    Ein paar weitere Scouts
– der Orioles, Phillies und Cubs – kamen vorbei, um Hallo zu sagen; danach
gesellte Henry sich zu seinen Mannschaftskameraden, die auf dem Rasen einen
lockeren Kreis gebildet hatten, nach dem Sieg entspannt und guter Dinge waren
und Truthahn-Sandwiches aßen. Rick O’Shea hob die Flasche mit dem
Trinkverschluss, aus der er seinen Sportdrink schlürfte. »Auf den Skrimmer«, sagte
er, »dessen Name neben dem des großen Aparicio geführt werden soll, solange wir
leben.«
    »Bravo!«
    »Henry vor!«
    »Zeig’s ihnen, Skrim.«
    Statt, wie sonst immer,
das Zentrum des Kreises zu bilden, lag Schwartz etwas seitlich und machte
Dehnübungen für seinen Rücken – er wollte entweder gar nicht gestört werden
oder nur von Henry. Henry, der nicht wusste, was zutraf, pirschte sich an ihn
heran wie ein Jäger.
    »Hey.«
    »Hey«, sagte Schwartz.
    »Tut mir leid, dass du
geflogen bist.«
    »Der Pisser hat mich
angerotzt.« Schwartz drehte die Knie auf die andere Körperseite. »Tut mir leid,
dass ich dir nicht früher von meinen Bewerbungen erzählt habe.«
    »Vielleicht haben sie
ja irgendeinen Fehler gemacht«, schlug Henry vor. »Vielleicht haben sie ja
deine Punktzahl im Eingangstest durcheinandergebracht oder so.«
    Schwartz schüttelte den
Kopf. »Der Einzige, der seine Punktzahl durcheinandergebracht hat, bin ich.«
    »Ich dachte, es wäre
gut gelaufen.«
    »Es ist okay gelaufen.«
    »Und die
außerschulischen Aktivitäten? Dass du Kapitän von zwei Teams bist. Alles, was
du für Westish getan hast. Alles, was du für mich getan hast.«
    Schwartz streckte die
Beine aus und massierte sich die Knieschneiben. »Ich glaube kaum, dass sie mir
das anrechnen.«
    Eine Zeitlang saßen sie
schweigend da, der Tag umgab sie kühl und blau.
    Schwartz wuchtete sich
aus dem Gras, seine Bänder protestierten knackend und knirschend. »Auf geht’s«,
sagte er. »Eine neue Serie anfangen.«
    Die Harpooners gewannen das zweite Spiel mit 15:6. Nur zwei Bälle landeten bei
Henry. Beide Male musste er beim Fangen nachfassen, und die Würfe kamen weich
und zögerlich. Statt wie Gewehrschüsse auf eine Zielscheibe wirkten die Bälle
wie Tauben, die aus einer Kiste in die Freiheit entlassen wurden. Er wusste
nicht, wohin sie fliegen würden, und sah ihnen voller Spannung zu, wie sie
irgendwie den Weg in das in der Ferne liegende Nest von Nicks Handschuh an der
First Base fanden.
    Am Abend, auf

Weitere Kostenlose Bücher