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Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
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Vater musste
ziemlich scharf darauf sein, zwischen Genevieves Beine zu kommen. Nicht dass
man ihm das hätte vorwerfen können. Wenige Frauen hatten mit vierzig noch
solche Beine.
    Sie stießen an. »Für
dich nur einen kleinen Schluck, mein Kleiner«, sagte Genevieve und beugte sich
vor, um ihrem Sohn die Zehen zu drücken. »Du hast ja diese ganzen Medikamente
genommen.« Sie wandte sich an Pella. »Ich habe Sie noch gar nicht gefragt, was
Sie in San Francisco machen.«
    »Machen? Ähm, na ja,
wissen Sie …«
    »Warten Sie, sagen Sie
nichts. Sie promovieren. In …« – Genevieve presste die Fingerspitzen an die
Schläfen und schloss die Augen – »… etwas Modernem. Etwas Künstlerischem. Etwas
wie … Architektur .« Sie öffnete die Augen. »Und?«
    Hatte David so sehr auf
sie abgefärbt? Pella hob einen Arm, um ein nervöses Jucken entlang der Fluke
ihrer Pottwal-Tätowierung zu stillen. »Nah dran«, sagte sie.
    »Ich wusste es! Wie
nah?«
    »Du bist taktlos,
Genevieve.« Owen gähnte, den Mund wegen der Schwellung nur zaghaft geöffnet,
und rieb sich den Bauch. »Nur Amerikaner müssen immer jeden ausfragen, was er
macht.«
    »Na ja, wir sind Amerikaner, mein Schatz.«
    Pella verteilte den
restlichen Champagner, wobei sie Owens Glas zum Dank für seine Intervention bis
zum Rand füllte. Er zwinkerte ihr zu, nahm einen langen bedächtigen Schluck und
schloss dann wieder flatternd die Lider. Er hatte wunderschöne Wimpern, wie
seine Mutter. Pella wunderte sich über die unbekümmerte Wohligkeit, die es ihm
erlaubte, einfach so zu entschlummern, mit einem Schlafanzug bekleidet und in
Anwesenheit des Präsidenten seiner Universität. Sie begann ihn zu bewundern.
    »Was der Mensch sät,
das wird er ernten«, sagte ihr Vater. »Genevieve, was machen Sie denn?«
    »Ich bin
Nachrichtensprecherin«, sagte Genevieve. »Bei den San-José-Abendnachrichten.«
    »Aha!«, sagte
Affenlight. »Eine Berühmtheit in unserer Mitte.«
    »Besonders glamourös
ist es nicht. Den ganzen Tag herumsitzen und ins Internet starren, dann eine
Ewigkeit in der Maske – darum habe ich mir die Haare so kurz geschnitten,
dadurch spare ich einen Schritt.«
    Genevieve hielt inne,
um Affenlight die Gelegenheit zu geben, ihr ein Kompliment zu ihrer Frisur zu
machen, der jedoch kaum Notiz davon nahm. Schlief Owen wirklich?, fragte er
sich. Oder tat er bloß so, um Affenlights Verhalten gegenüber Genevieve
überwachen zu können? Das sähe Owen ähnlich – den Raum durch Erstarrung unter
Kontrolle zu behalten.
    »Ihre Frisur ist ganz
reizend«, sagte er ein paar Augenblicke zu spät.
    Genevieve strahlte und
fuhr sich kess mit einer Hand über den Kopf. »Sagen Sie das mal meinem
Produzenten. Ich dachte schon, er feuert mich. Aber ich bin schwarz und
außerdem schon seit Ewigkeiten dort.«
    »Jawohl«, sagte
Affenlight.
    Owens gesundes Auge
klappte auf. »Was war das?«
    »Was denn?«
    »Draußen. Hört doch
mal.«
    Affenlight beugte sich
vor. »Ich höre nichts.«
    »Wahrscheinlich der
Wind«, sagte Genevieve, aber da war es erneut, ein Prasseln, das die
Fensterscheibe erzittern ließ, als hätte jemand eine Handvoll Kies
dagegengeworfen. Affenlight ging zum Fenster und schaute hinunter in den
dunklen Hof. Er konnte nicht erkennen, wer oder was dort unten war, also
drückte er das Ausstellfenster auf, um eine halbe Sekunde später rückwärts zu
taumeln und Champagner zu verschütten, als seine Hand zum Kiefer
hinaufschnellte. Ein runder Gegenstand, eher ein Felsbrocken als ein
Kieselstein, fiel auf den Boden des Arbeitszimmers. »Wer ist da?«, brüllte er.
    »Hallo, President
Affenlight. Ich bin’s, Mike Schwartz. Ich, äh, wollte die Wetterfahne treffen.«
    Affenlight rieb sich
den Kiefer. »Du hast sie verfehlt.«
    Der graue Umriss drei
Stockwerke tiefer – er stand dort, wohin am Morgen der Schatten der
Melville-Statue fallen würde – breitete die Arme weit aus zu einer
kruzifixförmigen Geste der Entschuldigung. »Ich glaube, ich bin etwas müde. Wir
hatten heute zwei Spiele.«
    »Beide gewonnen, hoffe
ich.«
    »Ja, Sir.«
    »Sehr schön. Ihr Jungs
macht uns dieses Jahr richtig stolz.« Während Affenlight vom Fenster
zurücktrat, befühlte er die kleine Beule, die sich bereits an seinem Kiefer zu
bilden begann. »Gute Nacht, Michael.«
    »Äh, President
Affenlight?«
    »Bitte?«
    »Ob ich wohl mit Pella
sprechen könnte?«
    Affenlight sah Pella
an, die mit einem Nicken ihr Einverständnis gab. Aha, dachte Affenlight. »Soll
ich

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