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Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
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dich
vermissen.«
    Owen lächelte. »Wer ist
wir?«
    Affenlight antwortete
nicht. Er war etwas größer als Owen, aber so, wie sie jetzt an der
Arbeitsplatte lehnten, waren sie exakt auf einer Augenhöhe.
    »Sie werden mich noch
eine Weile ertragen müssen«, sagte Owen. »Dr. Sobel hat mich gebeten,
während der Sommer-Uni den Theaterkurs zu übernehmen.«
    Drei Monate extra – das
war nicht die Ewigkeit, nach der sich Affenlight sehnte, aber es war besser als
nichts. Er nickte, ohne seine Erleichterung vollständig preiszugeben. »Die
Sommer sind herrlich hier.«
    »So sagt man.«
    »Angeln. Man kann
richtig gut angeln.«
    Owen lächelte. »Das
klingt barbarisch.«
    »Wir können irgendwann
einmal zusammen gehen«, wagte Affenlight sich vor. »An einem Sonntagmorgen.«
    Owen lächelte wieder.
»Solange wir keine Fische töten.« Seine bestrumpften Zehen berührten
Affenlights Slipper aus Korduanleder. »Oder Würmer.«
    Der Mond hinterließ
einen kleinen Lichtfleck auf dem abgewetzten Linoleum, das Affenlight immer
hatte austauschen wollen und das jetzt furchtbar peinlich wirkte. Was würde als
Nächstes geschehen? Owen beugte sich zu ihm, eine Braue in einem Ausdruck
liebevoller Ironie hochgezogen, der Blick verschleiert wie der eines blinden
Sehers. Er kam näher und näher, darauf bedacht, die wunde, geschwollene Seite
seines Gesichts abzuwenden. Der Mond verschwand hinter den Wolken, ein
uniformer Schatten überzog nun das Linoleum. Affenlights Herz raste und
krampfte. In seiner Hosentasche vibrierte wieder das Telefon. Zart landete der
Kuss auf der Seite seines Mundes.

28
    —
    Sonntagmorgen, in Westish die ruhigste Zeit der Woche.
Kein Frühstück im Speisesaal. Keine Morgenandacht in der Kapelle. Das VAC öffnete erst um elf und die Bibliothek erst um zwölf.
    Der Frühling näherte sich nun mit großen Schritten, und das
Zwitschern der Rotkehlchen und Spatzen schraubte sich hinauf bis zu den oberen
Rängen des Football-Stadions. Von weit oberhalb kam das nasale Kreischen der
Möwen. In Henrys Bewusstsein tauchte immer wieder ein Wort auf. Er spuckte es
auf die breiten Steinstufen, doch es kam zurück, heimtückisch, grell wie eine
Neonreklame. Wichser .
Er spuckte es aus, wieder kam es zurück. Oben angekommen, schlug er mit den
Knöcheln gegen das Schild, Nummer 17, lief dann seitlich die Kante der
steinernen Schale entlang bis zum nächsten Treppenaufgang und diesen, drei
Stufen auf einmal nehmend, wieder hinunter. Die Farbe der Torpfosten am Südende
war matt und abgeblättert. Die Pfosten brauchen Farbe, du Wichser.
    Er lief, so schnell er
konnte, die Weste festgezurrt, rannte nach oben und in kurzen, schnellen Sätzen
wieder hinunter, verausgabte sich völlig. Er dachte an heißlaufende Motoren, an
verschüttetes Öl, das auf den Blöcken verbrennt. Als ihm die Sicht verschwamm und
der Schweiß in den Augen brannte, begann er die salzige Flüssigkeit als
Sinnbild der eigenen Unzulänglichkeit, Unreinheit, Fehlerhaftigkeit zu nehmen –
schütte sie auf den Beton und sieh zu, wie sie verdunstet. Opfere
sie auf dem Altar, du Wichser.
    Er jagte einem Zustand
heiliger Leere nach, den er in seinen besten Trainingseinheiten erreichte. Er
wollte, dass sich sein Körper wie eine leere Trommel anfühlte. Wollte das kühle
Grau-Blau des Sees und das Grün-Braun-Grau des Campus in sich aufnehmen und seine
Lungen öffnen. Aber er war zu aufgewühlt, zu sauer. Er beendete den Durchgang,
seinen zweiten, und wechselte die Richtung. Stufe für Stufe schoss der Schmerz
ihm von den Sprunggelenken hinauf in die Schienbeine. Er zog das Tempo an.
    Er beendete den dritten
Durchgang mit einem eher halbherzigen Kriegsgeheul und machte kehrt, um zu
begutachten, was er geschafft hatte. Den Kopf hatte er nicht ganz frei
bekommen, zumindest aber hatte er seine Beine in zitternde, zuckende,
gedankenlose Dinge verwandelt. Über dem See stieg die Sonne hoch hinauf. Ein
paar kreisende Vögel jagten unsichtbarer Beute hinterher und landeten
unverrichteter Dinge auf dem Wasser, die Füße vorgestreckt. Tau lag schwer auf
den wenigen unversehrten Rasenflecken des Footballfelds, grüne Stellen inmitten
von zerfurchtem Schlamm. Dort am hinteren Torpfosten lehnte Schwartz und
schlürfte aus einem der beiden Pappbecher in seinen Händen Kaffee. Er trug eine WAD -Jogginghose, Flip-Flops und ein Arbeitshemd aus Flanell, dessen
hinteres Ende im Wind flatterte. Henry klaubte seine herumliegende Kleidung auf
und sprang über die niedrige

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